Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955
Die berühmte Balkonszene im Belvedere muss nicht wirklich erklärt werden. Der krönende Abschluss, des Prozesses, das Feuerwerk am 22. Oktober am Heldenplatz, ist dagegen in Vergessenheit geraten.
© Karl von Voglsang Institut

Sommer 1955: Staatsvertrag und Sternenglanz über Wien

Der 15. Mai 1955 war ein Tag wie kein anderer: Nach zehn Jahren der Fremdherrschaft verkündete Außenminister Leopold Figl vom Balkon des Oberen Belvedere die Freiheit Österreichs. Mit dem feierlichen Abschluss des österreichischen Staatsvertrags zwischen der Zweiten Republik und den vier Besatzungsmächten – Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich – war der Weg frei in die Souveränität.

Nach der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags am 15. Mai 1955 im Schloss Belvedere durch die vier Alliierten und Österreich begann der Ratifizierungsprozess. Am 7. Juni 1955 stimmte der österreichische Nationalrat dem Staatsvertrag zu und verabschiedete gleichzeitig eine Entschließung über die immerwährende Neutralität Österreichs.

Während in allen Gemeinden des Landes die Kirchenglocken läuteten, war die Freude besonders groß in jenen Regionen, die den Druck der Besatzung am intensivsten erlebt hatten – insbesondere in der sowjetischen Zone mit Niederösterreich, dem Burgenland und dem Mühlviertel. Denn dort standen noch über 50.000 sowjetische Soldaten und es gab aktive Kommandanturen mit weitreichender Kontrolle über den Alltag – von Vereinsgründungen bis zur Propaganda auf Wandzeitungen. Mit der Ratifikation durch Frankreich am 27. Mai 1955 begann die vertraglich festgelegte 90-Tage-Frist für den Abzug der Besatzungstruppen. 

Der Staatsvertrag trat dann am 27. Juli 1955 in Kraft und beendete die zehnjährige Besatzungszeit. Österreich wurde wieder ein souveräner und unabhängiger Staat.

Für die Kommunalpolitik bedeutete der Abzug eine organisatorische Mammutaufgabe: Villen, Hotels und öffentliche Gebäude mussten von Gemeinden übernommen, überprüft und neu genutzt werden.

Abschluss mit Feuerwerk

Der krönende Abschluss dieses Neubeginns wurde schließlich am 22. Oktober 1955 gefeiert – vier Tage vor unserem heutigen Nationalfeiertag, der sich aus dieser historischen Phase ableitet. Der Schauplatz: der Wiener Heldenplatz, Austragungsort eines der eindrucksvollsten Feuerwerke der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Verantwortlich für die pyrotechnische Inszenierung war der Sollenauer Ing. Alfred Pokorny, dessen Bericht aus jener Zeit ein faszinierendes Bild zwischen Improvisation, Beharrlichkeit und patriotischem Idealismus zeichnet.

Quelle: Herbert Waldhauser, „Ein Tag wie kein anderer“, in KOMMUNAL 10/2005, Seiten 48 ff. 

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