
Die provisorische Kärntner Landesregierung vom 25. Juli 1945 – stehend: Josef Tschofenig (KPÖ), Hans Ferlitsch (ÖVP), Franz Sagaischek (ÖVP), Wolfram Enzfelder (SPÖ), Landesamtsdirektor Karl Newole, sitzend: Ferdinand Wedenig (SPÖ), LH-Stv. Hans Amschl (ÖVP), LH Hans Piesch (SPÖ) und LR Hans Herke (SPÖ). Auf dem Foto fehlt LR Josef Tischler, der zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht vor Ort war.
© Kärntner Landesbildstelle / KOMMUNAL Archiv
Sommer 1945: Österreichs zaghafte Rückkehr zur Selbstverwaltung
Im Sommer 1945 stand Österreich an einem historischen Wendepunkt: Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes begann in einem verwüsteten Land die Phase des Wiederaufbaus. Die Monate Juni und Juli dieses Jahres waren geprägt von den ersten politischen Weichenstellungen, der Errichtung von Strukturen unter den Besatzungsmächten und dramatischen Versorgungsengpässen, die den Alltag bestimmten.
Ein zentrales Ereignis war das erste Kontrollabkommen über Österreich, das am 4. Juli 1945 in London unterzeichnet wurde. Es etablierte den Alliierten Rat als oberstes Entscheidungsorgan, besetzt mit den Oberbefehlshabern der vier Besatzungsmächte. Alle Gesetzesbeschlüsse mussten dessen Zustimmung erhalten – ein Zustand, der die politische Eigenständigkeit stark einschränkte.
Noch vor diesem Abkommen formierten sich provisorische Landesregierungen, teilweise durch die Besatzungsmächte eingesetzt, teilweise aus Eigeninitiative, wie etwa in Kärnten am 7. Mai. Zugleich wurde am 9. Juli 1945 die endgültige Aufteilung der Besatzungszonen beschlossen.
Kommunale Selbsthilfe inmitten der Not
Während auf nationaler Ebene die politische Ordnung tastend aufgebaut wurde, standen die Gemeinden im Zentrum der praktischen Wiederherstellung des öffentlichen Lebens. Die Besatzungsmächte ernannten Bürgermeister, viele von ihnen ehemalige Amtsinhaber, die zwischen 1934 und 1938 verdrängt worden waren. In Einzelfällen wurden sie aber auch aus der örtlichen Bevölkerung bestimmt – manchmal mit wenig demokratischer Legitimation.
Im Osten des Landes, der sowjetischen Zone, herrschte Chaos. In vielen Orten kam es noch bis zum Mai zu erbitterten Kämpfen. Die zweite Welle der Roten Armee brachte massive Übergriffe, Plünderungen und Gewalt. Die sowjetischen Kommandanten bestimmten die Verwaltung vor Ort – teils streng und korrekt, teils willkürlich.
In den westlichen Besatzungszonen verlief der Aufbau kommunaler Strukturen mit mehr Spielraum. Beispielhaft zeigte sich dies in Strobl, wo es bereits im Juni 1945 zu einer demokratischen Gemeinderatswahl kam – die erste nach dem Krieg in ganz Österreich. Zwar wurde nicht, wie oft erzählt, der Schauspieler Theo Lingen zum Bürgermeister gewählt, aber er engagierte sich maßgeblich für die Durchführung dieser Wahl.
Der Sommer 1945 war jedoch nicht nur politisch turbulent – er war vor allem ein Kampf ums Überleben.
Der Wiederaufbau Österreichs begann aber nicht in den Ministerien, sondern in den Gemeinden. Mit Mut, Pragmatismus und Improvisation bildeten sie ab Juni 1945 das Rückgrat eines neuen Staates. Als die provisorische Landesregierung der Steiermark im September 1945 Bilanz zog, stellte sie fest: „Die Gemeinden haben sich als Fundament des Staates erwiesen.“
Quelle // Herbert Waldhauser, „Österreich im Kriege wieder auferstanden“, in KOMMUNAL 10/2005.