Die Burgarena in Reinsberg
Wo früher Kinder spielten, entstehen heute neue Arbeitsplätze – Bürgermeister Reinhard Nosofsky vor den ehemaligen Kindergarten-Sanitäranlagen, die nun Teil eines modernen Bürostandorts sind, jedoch in den nächsten Monaten adäquat umgebaut werden.
© Cleanhill Studios - Gerald Prüller

Ortskernumbau

Reinsberg packt an - und blüht auf

Was macht ein Dorf aus? In Reinsberg lautet die Antwort: der Wille zur Zusammenarbeit. Die rund 1.000 Einwohner der kleinen Mostviertler Gemeinde haben es geschafft, durch jahrelanges ehrenamtliches Engagement, gelebte Bürgerbeteiligung und eine klare Zukunftsvision ihren Ortskern umfassend zu erneuern.

Anfang der 2010er-Jahre schien Reinsberg in eine Abwärtsspirale zu geraten. „Zwischen 2010 und 2012 hatten wir eine sehr schwere Zeit“, erinnert sich Altbürgermeister Franz Faschingleitner. „Unser Nahversorger hat das Geschäft eingestellt, ein Gasthaus hat zugesperrt, die Tischlerei als größter Arbeitgeber ebenfalls. Die Jungen sind weggezogen – auch politisch war die Stimmung schlecht.“

Doch genau in dieser Zeit fiel eine mutige Entscheidung: Die Gemeinde erwarb das Areal der stillgelegten Tischlerei und setzte mit dem Architekturbüro „nonconform“ einen Bürgerbeteiligungsprozess in Gang. „So hatten alle Reinsberger die Chance, mitzureden und ihre eigenen Ideen präsentieren zu können“, so Faschingleitner. Innerhalb von nur zwei Monaten stand ein erstes Konzept – und damit der Startschuss für ein Jahrzehnt voller Veränderungen …

Musik als Initialzündung

Den Ursprung des Veränderungsprozesses bildete die Kultur. Der Reinsberger Musikverein – eine zentrale Säule des Dorflebens – stand vor einem Problem: Das alte Musikheim war zu klein, sanierungsbedürftig und bot nicht mehr genug Raum für die stetig wachsende Zahl an Musikerinnen und Musikern. Die Idee eines neuen Musikheims war rasch geboren – doch es blieb nicht dabei. Der Musikverein selbst brachte sich nicht nur inhaltlich, sondern auch finanziell ein: Das Grundstück des alten Musikheims wurde an die Gemeinde verkauft – mit dem Recht, im neuen Zentrum eigene Räumlichkeiten dauerhaft zu nutzen.

Beim Bau zeigte sich die besondere Reinsberger Hands-on-Mentalität. „Wenn man ins Foyer des Musiums tritt und hinaufschaut, sieht man rund 40.000 Lärchenschindeln, die alle von Freiwilligen genagelt wurden“, erzählt Faschingleitner. Die 800 Quadratmeter Akustikelemente an den Wänden wurden statt 400 Euro Montage pro Quadratmeter für in etwa 20 Euro Verpflegung vom Reinsberger Chor gestrichen und montiert. Der prachtvolle Fischgrätboden im Veranstaltungssaal, bestehend aus 44.000 Einzelbrettern, wurde von Seniorinnen und Senioren verlegt.

Kultur auf der Burg – die Burgarena

Neben dem Musium ist es vor allem die Burgarena Reinsberg, die den Ruf des Dorfs als Kulturgemeinde prägt. Die imposante Burgruine wurde in den letzten Jahren revitalisiert und zu einem spektakulären Veranstaltungsort umgestaltet. Heute bietet sie die Bühne für Opern, Konzerte und Freilufttheater – mit überregionaler Strahlkraft.

Ein Sportzentrum im Ort

Ebenso kraftvoll wie im Kulturbereich wurde auch der Sport in Reinsberg neu gedacht. Bereits 2006 hatte der damalige Obmann des Tennisvereins – heute Bürgermeister Reinhard Nosofsky – die Initiative ergriffen und die lokalen Sportvereine zur „Sportunion Reinsberg“ zusammengeschlossen.

Die Herausforderungen waren vielfältig: Der Verein verfügte nur über ein unbeheiztes Clubhaus, die Fußballer hatten zwar ein Spielfeld, aber keinerlei Sanitäranlagen. Die Stocksportler trainierten auf zwei durch einen Bach getrennten Bahnen – eine davon sollte einem Neubau weichen. Zwischen 2013 und 2015 entstand schließlich – unter großem Einsatz der Beteiligten – ein neues, zentral gelegenes Sportzentrum. „Das Sportzentrum ist heute ein Ort, wo Menschen zusammenkommen – nicht nur zum Trainieren, sondern auch zum Feiern und Planen“, so Bürgermeister Nosofsky.

„Unser G’schäft“ – Treffpunkt Nahversorger

Ein weiteres Herzstück des neuen Ortskerns ist der Nahversorger, der in einem eigens dafür errichteten Gebäude untergebracht ist. Nachdem der letzte Greißler im Ort zugesperrt hatte, gründeten engagierte Gemeinderäte einen Verein, um die Grundversorgung aufrechtzuerhalten und den Nahversorger auf Vereinsbasis zu betreiben. 
„Heute treffen sich dort alle – die Senioren zum Tratschen, die Kinder holen sich ihre Jause für den Kindergarten“, erzählt Nosofsky.

Leben für alle Generationen

Parallel dazu entstanden im ehemaligen Tischlereigelände 24 neue Wohneinheiten – darunter auch neun für begleitetes Wohnen. Für viele ältere Reinsberger bedeutet das, im vertrauten Umfeld bleiben zu können.

Reinhard Nosofsky
Wo früher Kinder spielten, entstehen heute neue Arbeitsplätze – Bürgermeister Reinhard Nosofsky vor den ehemaligen Kindergarten-Sanitäranlagen, die nun Teil eines modernen Bürostandorts sind, jedoch in den nächsten Monaten adäquat umgebaut werden.

Auch in Sachen Kinderbetreuung setzte man auf Zukunft: Der alte Kindergarten im Gemeindeamt war zu klein, nicht barrierefrei und pädagogisch überholt. Statt teurer Umbauten wurde ein moderner Neubau errichtet. Heute bietet der neue Kindergarten moderne Bildungsräume, gefördert zu 100 % durch EU-Mittel – „Glück des Tüchtigen“, wie Faschingleitner es nennt.

Die Jugend kam nicht zu kurz. Auf ihren Wunsch hin wurde im alten Gemeindesaal ein Jugendtreff eingerichtet – mit Unterstützung vieler Freiwilliger. „Das ist jetzt ihr Raum“, sagt Nosofsky. „Ein Ort zum Chillen, aber auch, um Ideen zu entwickeln – vielleicht für das nächste große Projekt.“

Kirche, Kultur, Identität

Kirche in Reinsberg
Die renovierte Pfarrkirche von Reinsberg.

Und schließlich: Die Kirche, das historische Zentrum von Reinsberg, wurde innen wie außen renoviert. Gleichzeitig wurde auch die Burgruine, lange im Dornröschenschlaf, revitalisiert – heute ist sie eine beliebte Veranstaltungsstätte für Konzerte, Lesungen und Theater. „Der Ort hat seine Identität neu gefunden, ohne das Alte zu verlieren“, sagt Altbürgermeister Faschingleitner.

Stolz auf das Erreichte 

Reinsberg hat sich durch das Engagement seiner Bevölkerung neu erfunden – Stück für Stück, Jahr für Jahr. Und das mit Projektkosten, die sich durch viele helfende Hände von anberaumten 13 Millionen Euro letztlich mehr als halbiert haben. 

„Ich wünsche mir, dass wir diese besondere Symbiose zwischen Gemeinde, Verwaltung, Politik und Bevölkerung erhalten können“, sagt Bürgermeister Nosofsky. Nach den vielen, harten Jahren zieht er eine klare Bilanz: „Es wurde nahezu alles umgesetzt, was wir uns im Bürgerbeteiligungsprozess vorgenommen hatten. Aber nahezu nichts, was ursprünglich so geplant wurde. Es ist ganz wichtig, in diesen vielen Prozessen auch weitestgehend beweglich zu agieren.“ 

Der Beitrag erschien in der NÖ Gemeinde 7/2025.