„Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“ Simon Tschann beim Prozess.
OGH hebt Urteil gegen Bludenzer Bürgermeister auf
Der Oberste Gerichtshof hat das Urteil gegen Simon Tschann aufgehoben. Der Bürgermeister von Bludenz war wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden. Das Verfahren beginnt nun von vorn.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied am Dienstag in Wien: Das Urteil gegen den Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann (ÖVP) wird aufgehoben. Das Verfahren geht zurück an das Landesgericht Feldkirch. Die Vorwürfe seien nicht ausreichend begründet worden, hieß es bei der Urteilsverkündung.
Vom Vorwurf der falschen Beurkundung wurde Tschann freigesprochen. Der Bürgermeister zeigte sich „sehr erleichtert".
Das ursprüngliche Urteil
Im Dezember 2024 hatte das Landesgericht Feldkirch Simon Tschann schuldig gesprochen. Das Urteil lautete: elf Monate Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von 51.000 Euro. Von dieser Strafe ist nun nichts mehr übrig.
Die Vorwürfe im Detail
Es geht um ein Bauprojekt in der Fohrenburgstraße in Bludenz aus dem Jahr 2021. Tschann soll als Baubehörde eine Bauabstandsnachsicht und eine Baubewilligung für eine Wohnanlage erteilt haben. Dabei seien nicht alle Voraussetzungen erfüllt gewesen.
Konkret wurde dem Bürgermeister vorgeworfen:
- Er erteilte die Baugenehmigung, obwohl eine negative Stellungnahme des Amtssachverständigen vorlag. Diese Stellungnahme verschwand aus dem Akt.
- Die Baudichte war überdurchschnittlich hoch ausgefallen.
- Er unterzeichnete ein Schreiben mit Falschinformationen an den Volksanwalt und die Bezirkshauptmannschaft.
Das Landesgericht in Feldkirch kam zu dem Schluss: Tschann habe gewusst, dass nicht alle Voraussetzungen erfüllt waren.
Die Verteidigung des Bürgermeisters
Tschann beteuerte stets seine Unschuld. Er habe weder den Baubescheid noch die Stellungnahme gelesen. Er habe sich auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen müssen. Als Bürgermeister habe er keine Zeit, alle Baubescheide einzeln zu prüfen.
Vor dem OGH erklärte Tschann: „Ich habe den Bescheid nicht gelesen, geschweige denn konnte ich ihn prüfen. Ich habe die Mitarbeiter, auf die muss ich mich verlassen, sonst funktioniert der Job des Bürgermeisters nicht."
Die Begründung des OGH
Die Generalprokuratur hatte im September empfohlen, der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung stattzugeben. Sie stellte fest: Das Landesgericht hatte nicht klar festgestellt, welche konkrete Befugnis Simon Tschann missbraucht haben soll.
Bei der Verhandlung am Dienstag waren sich beide Seiten einig. Der Bürgermeister habe in seinem Ermessensspielraum als Amtsinhaber gehandelt.
Zum Vorwurf der falschen Beurkundung: Die Generalprokuratur sieht in dem Schreiben an Volksanwalt und Bezirkshauptmannschaft kein offizielles Dokument zur Information nach außen. Daher sei der Tatbestand der falschen Beurkundung nicht gegeben. Hier gab es einen vollständigen Freispruch.
Wie es weitergeht
Die Frage nach dem Amtsmissbrauch geht zurück zum Landesgericht Feldkirch. Tschann kann dort seine Argumente erneut vorbringen. Ein vollständiger Freispruch, wie der Bürgermeister ihn sich gewünscht hätte, ist es nicht.
Tschann verbucht die Entscheidung dennoch als Erfolg. Der Freispruch beim Vorwurf der falschen Beurkundung freue ihn besonders, sagte er.
Bei der Bürgermeisterwahl im März 2025 schadete das Verfahren Tschann nicht. Er wurde im ersten Wahlgang im Amt bestätigt.