Nur Zusammenhalt sichert Demokratie
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Nur Zusammenhalt sichert Demokratie

Landauf landab suchen Freiwillige Feuerwehren verzweifelt nach Mitgliedern, um die Katastrophenhilfe in den Gemeinden aufrecht zu erhalten. In St. Johann in Pongau hat man sogar ein Video online gestellt, um potenzielle Jungfeuerwehrmänner und -frauen anzusprechen. Schnitt! Kurz vor sechs Uhr morgens: Vor einem Fitnessstudio warten schon Sportbegeisterte, um noch vor Arbeitsbeginn an ihrem Bodystyling zu arbeiten.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Es fällt auf, dass Tätigkeiten, die man alleine macht, boomen, während Aktivitäten, für die man andere Menschen braucht, auf immer weniger Begeisterung stoßen. An mangelnder Zeit kann es – siehe das Beispiel Fitnessstudio – nicht liegen. Es ist eher so, dass gesellschaftliches Engagement out zu sein scheint.

Der Trend kommt nicht von ungefähr. In einer Zeit, wo nur mehr Performance, Zahlen und messbare Kompetenzen zählen, ist es kein Wunder, dass jeder nur schaut, wo er bleibt. Für Tätigkeiten, die der Allgemeinheit dienen, geht das Interesse verloren. Die Folge ist, dass Instanzen, die früher die Gesellschaft zusammengehalten haben, zerbröseln. Nicht nur die Feuerwehren, auch Kirchen, Gewerkschaften und Parteien klagen über Mitgliederschwund. Sogar Sportvereine leiden, denn wer sich sportlich betätigen will, geht heute eben lieber in den Fitnesstempel, um dort alleine zu „pumpen“ als sich in einer Mannschaftssportart zu betätigen. Früher hatte man im Sportverein auch Kontakt zu Menschen, die vielleicht anders strukturiert waren als man selbst. Das erweitert den Horizont. Heute hat jede Bevölkerungsschicht ihre eigene Sportart: Die einen spielen Golf, die anderen gehen Kickboxen. Das ist sicher auch mit ein Grund, warum der Zusammenhalt in der Gesellschaft abnimmt.

Eine Entwicklung, die man nicht zuletzt beim Wahlverhalten – besonders bei der Bundespräsidentenwahl – beobachten konnte: Die Städte wählten linksliberal, das Land wählte rechtskonservativ. Das war im Wesentlichen zwar schon immer so, aber bei diesem Wahlgang standen die beiden Seiten einander mit völligem Unverständnis für die Position des jeweils anderen gegenüber.

Dass das für den Zusammenhalt nicht gut ist, ist naheliegend.

Im Sinne einer vorausschauenden Politik wäre es daher an der Zeit, sich über Wesen und Wert des gesellschaftlichen Zusammenhalts klar zu werden. Wenn darüber Einigkeit besteht, muss man Maßnahmen ergreifen, um der drohenden Erosion entgegenzusteuern.

Als ersten Schritt sollte man sich der Tatsache bewusst werden, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt notwendig ist, um das Funktionieren nicht nur unseres gesellschaftlichen Lebens, sondern auch unseres liberal-demokratischen Staatswesens sicherzustellen.

Denn ohne Zusammenhalt kann eine Gemeinschaft, kann Demokratie nicht funktionieren. Und dass unsere Demokratie funktioniert wollen wir – so ist zu hoffen – doch alle.