Top oder flop?

Um die aktuelle Finanzlage der Gemeinden besser einschätzen zu können, wurde vom KDZ, dem „Zentrum für Verwaltungsforschung“, die Bonität aller österreichischer Gemeinden bewertet. Einerseits wurden die Hintergründe beleuchtet und natürlich wurden dann auch die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen. Die Bonität einer Gemeinde ist die eine Seite – ob die Gemeinde deswegen gut wirtschaftet, ist damit noch nicht gesagt.

Allgemein wird unter der Bonität die Kreditwürdigkeit oder Zahlungsfähigkeit verstanden – also ob ein Schuldner in der Lage ist, seine zukünftigen Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgerecht zu erfüllen.



Für Gemeinden sind dabei viele Faktoren ausschlaggebend. Einerseits hängt die Bonität von den Einnahmen und anderseits von den Ausgaben ab. Für viele Gemeinden sind dabei die Ertragsanteile die wichtigste Einnahmenquelle. Diese werden nach der Anzahl der Einwohner verteilt, wobei durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel kleine Gemeinden für ihre Einwohner weniger erhalten als große.



Bevölkerungswachstum ist daher Voraussetzung für steigende Ertragsanteile. Feststellbar ist, dass Bevölkerungswachstum überwiegend in den Ballungsräumen zu beobachten ist. Ländlichen Räume sind eher von Abwanderung bedroht. Gunstlagen profitieren und die Ungunstlagen sind benachteiligt.



Neben den Ertragsanteilen sind die eigenen Abgaben die wichtigsten Einnahmen. Die Kommunalsteuer mit mehr als zwei Milliarden Euro Aufkommen und die Grundsteuer mit rund 600 Millionen Euro sind dabei die ertragreichsten.



Die Kommunalsteuer erhalten aber nur jene Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet Betriebe angesiedelt sind. Je mehr und je qualifizierter die Arbeitnehmer sind und desto höhere Löhne sie erhalten, desto höher ist die Kommunalsteuer.

Über Infrastrukturmaßnahmen entscheiden Bund und Länder



Nun ist wohl bekannt, dass sich Betriebe nur dort ansiedeln, wo die Infrastruktur passt. Hochrangiges Straßennetz, Bahn und die Telekominfrastruktur sind dabei die wichtigsten Faktoren. Dass diese in vielen ländlichen Gemeinden fehlen und damit auch wichtige Einnahmen ausbleiben, liegt auf der Hand. Dabei ist auch hier feststellbar, dass Gunstlagen profitieren und Ungunstlagen Nachteile erleiden.



Eine Änderung kann auch nicht durch die betroffenen Gemeinden selbst herbeigeführt werden, da die Infrastrukturmaßnamen von Bund und Ländern überlegt, umgesetzt und finanziert werden. Daher kommt derartigen Maßnahmen besondere Bedeutung für die Gemeinden zu.



Dass die Gemeinden auch selbst etwas dazu beitragen müssen, soll nicht verschwiegen werden, aber wenn die Voraussetzungen nicht entsprechen, ist es für einzelne Gemeinden schier unmöglich, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Gemeinden haben nur wenig Einfluss auf ihre Einnahmen



Die Einnahmenseite ist von Gemeinden daher nur sehr bedingt beeinflussbar. Dort, wo die infrastrukturellen Voraussetzungen stimmen, werden Maßnahmen greifen, dort, wo sie fehlen, hilft das stärkste Engagement nicht. Weder Förderungen noch billige Grundstücke werden Bürger oder Betriebe bewegen, sich in Randlagen oder Grenzlagen niederzulassen.

Zahlungsverpflichtungen sind in den Ländern unterschiedlich geregelt



Und wie schaut‘s mit der Ausgabenseite aus? Bevor die rechnerischen Ertragsanteile bei den Gemeinden ankommen, werden sie gekürzt. Bedarfszuweisungsmittel, Landesumlage und eine Reihe von Transfers (Krankenanstaltenumlage, Sozialhilfeumlage, Jugendwohlfahrtsumlage) belasten die Gemeinden entsprechend ihrer Finanzkraft. Die Anzahl und die Höhe der Umlagen sind länderweise unterschiedlich. Dies bedeutet, dass die Gemeinden in den einzelnen Ländern unterschiedliche Zahlungen an das Land leisten müssen.



Haben die Gemeinden in einem Land hohe Umlagen zu leisten, schmälert das die Einnahmen. Bei geringen Umlagen verbleibt den Gemeinden mehr. Dieser Umstand hat zur Folge, dass, wie in der Untersuchung das KDZ bemerkt, viele (nämlich 16 Prozent) der burgenländischen Gemeinden im obersten Zehntel des Rankings zu finden sind. Ein Umstand, den die einzelne Gemeinde aber nicht beeinflussen kann.



Darüberhinaus sind die gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen der Gemeinden in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In Oberösterreich sind die Gemeinden die Träger der Sozialhilfeeinrichtungen, die Musikschulen werden vom Land geführt, in Niederösterreich ist dies genau umgekehrt. Unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlichen Zahlungsverpflichtungen.



Hohe Zahlungsverpflichtungen schmälern auch die verbleibenden Finanzen – und das führt wieder zu einer niedrigeren Bonität.

Standortvorteile werden verschwiegen



Allein die Ausgangslage ist für die Gemeinden Österreichs daher schon sehr unterschiedlich. Was können/müssen die Gemeinden dann mit den verbleibenden Finanzen machen? Hier gilt: das Notwendigste zuerst. Quasi Pflichtausgaben bevor man an weitere Investitionen denken kann. Zuerst die Pflicht und dann die Kür. Dass man sich darüber schon im Finanzausgleich nicht einigen konnte, liegt auf der Hand.



Das immer wiederkehrende Argument der zentralörtlichen Aufgaben, die nicht abgegolten werden, wird als Begründung für hohe Ausgaben und damit weniger gute Bonität herangezogen. Die Standortvorteile werden dabei gewissentlich verschwiegen.



Und das Argument, dass die Städte hohe Transfers leisten müssen (weil sie ja über eine hohe Finanzkraft verfügen), ohne die Möglichkeit der Mitgestaltung zu haben, trifft genauso für die Umlandgemeinden gegenüber Zentren zu. Auch die Umlandgemeinden werden nicht eingebunden oder befragt, welche Aufgaben die Zentren für sie erfüllen sollen. Damit allein kann somit nicht erklärt werden, warum die Städte eher im unteren Drittel des Rankings zu finden sind.

Ranking sagt nichts darüber aus, wie eine Gemeinde wirtschaftet



Welche Aussagekraft ein Bonitätsranking der Gemeinden über Bundesländergrenzen hinaus hat, ist daher zu hinterfragen. Denn natürlich wird sofort ein Vergleich zwischen den Gemeinden angestellt. Das Ranking erweckt auch den Anschein, dass manche Gemeinden gut wirtschaften und andere scheinbar schlechter.



Bei den unterschiedlichen Ausgangslagen – die Gemeinde Reichersberg mit Rang 1 hat in etwa viermal so hohe Einnahmen aus der Kommunalsteuer wie andere Gemeinden. Bei einem innovativen Betrieb wie der FACC mit mehr als 1000 Beschäftigten ist das durchaus erklärbar. Was würde passieren wenn der Betrieb schließt oder Arbeitnehmer abbaut?



In Orth an der Donau wurde angekündigt, 650 Mitarbeiter des britischen Pharmakonzerns Shire abzubauen. Welche Auswirkung diese auf das Kommunalsteueraufkommen hat, kann man sich vorstellen. Wieviel Plätze im Ranking wird Orth nächstes Jahr verlieren? Dass dies auf die Bonität Auswirkungen hat ist schon klar, aber hat Orth deswegen schlecht gewirtschaftet?



Die Darstellung der Bonität für Gemeinden mag seine Berechtigung haben. Die dahinterliegenden Berechnungen müssen aber genau analysiert werden. Ein Ranking daraus zu machen ist aber durchaus zu hinterfragen.