Neue Ideen gegen Trockenheit braucht das Land
Vor 182 Jahren begann in Hamburg der Bau der Kanalisation. Damit ist sie die älteste auf dem europäischen Kontinent. Auch heute noch funktioniert sie weitgehend reibungslos, für die zunehmenden Starkregenfälle ist sie jedoch nicht ausgelegt. Bei heftigen Niederschlägen laufen die Kanäle in kürzester Zeit voll. Überflutete Straßen sind die Folge. Da in der Stadt viele Flächen betoniert sind, kann das Wasser auch nicht im Boden versickern.
Andererseits können auch Hitze und Dürre für die Stadt gefährlich werden. Der Hydrologe Andreas Kuchenbäcker will Hamburg daher wetter- und wasserfest machen. „Wir können uns nur schützen, wenn wir wissen, wie groß die Belastungen sind, die auf uns zukommen. Daher haben wir 30 Wetterstationen aufgebaut, die aus dem ganzen Stadtgebiet Daten schicken.“ So kann man in Echtzeit verfolgen, wie viel Niederschlag an einem Ort fällt. Die Daten werden zur Erstellung von Modellen genutzt, mit denen man die Folgen von Extremwetterereignissen errechnen kann.
Die Wetterdaten werden auch für die Stadtplanung genutzt. Ein neues Modell macht es möglich, für jede Hamburger Adresse die Gefahr einer Überschwemmung vorherzusagen. Mittels Simulationen kann dann errechnet werden, welche baulichen Änderungen nötig sind, um Wasser in andere Gegenden, wie etwa einen Park, umzuleiten.
Die Planungen sind Teile eines Pakets, das Hamburg zur Schwammstadt machen soll. Das Wasser bleibt in der Stadt und kann in Hitzephasen genutzt werden, um Pflanzen zu bewässern oder für kühlere Temperaturen sorgen.
„Die Entwicklung zur Schwammstadt hat zwei Vorteile: Einerseits reduzieren wir die Belastung bei Starkregen, andererseits reduzieren wir die Belastung bei langen Trockenphasen“, erklärt Andreas Kuchenbäcker.
Einige Schulen wie das Albrecht-Thaer-Gymnasium wurden bereits so umgestaltet, dass Dachflächen in Rückhaldemulden entwässern. Das trägt zur Neubildung von Grundwasser bei und durch die Verdunstung, die in den Mulden stattfindet, wird die Luft gekühlt. Auch entsiegelte Flächen auf Schulhöfen tragen dazu bei, dass Wasser versickern kann. Innovativ war man auch auf den Sportplätzen der Schule: Asphaltierte Flächen wurden entfernt und gegen wasserdurchlässige Beläge ausgetauscht.
Spülwasser recyceln
In Hamburg versorgen 17 Wasserwerke die Stadt mit Grundwasser. In sommerlichen Hitzephasen explodiert der Wasserverbrauch. Die Ingenieurin Dorothea Mergel will die Stadt für Trockenzeiten wappnen.
Im Wasserwerk Neugraben wird Grundwasser zu Trinkwasser aufbereitet. Zum Reinigen der Anlage braucht man allerdings ebenfalls sauberes Trinkwasser, das dann aber nicht mehr für die Versorgung der Bevölkerung genutzt werden kann. Denn Grundwasser enthält Eisen und Mangan. Um diese zu entfernen, sickert das Wasser durch mit Sand und Kies gefüllte Filterbecken. Die Filter müssen zur Säuberung regelmäßig mit Trinkwasser durchgespült werden. Damit wird das saubere Trinkwasser zu schmutzigem Abwasser.
Dorothea Mergel hat einen Plan, um dieses Wasser zu retten. Bisher wird das Spülwasser nur grob gereinigt und in einen Bach abgeleitet, der letztlich ins Meer fließt. Erst wenn es verdunstet und zurück auf die Erde regnet, kann es wieder zum Trinken verwendet werden.
Ein besonderer Keramikfilter soll nun die Eisen- und Manganflocken aus dem schmutzigen Spülwasser zurückhalten. Laboranalysen zeigen, dass kaum noch etwas von den Metallen im Wasser vorhanden ist. Wenn weitere Tests erfolgreich verlaufen, soll die neue Technologie deutschlandweit eingesetzt werden. Alleine in Hamburg könnten damit über vier Millionen Liter pro Tag eingespart werden.
Schmutziges von weniger schmutzigem Wasser trennen
Die Hansestadt hat auch in anderen Bereichen die Nase vorne, wenn es ums Wassersparen geht. Im deutschlandweiten Durchschnitt verbraucht eine Person etwa 130 Liter Wasser pro Tag. Im Hamburger Wohngebiet Jenfelder Au soll es zukünftig rund ein Drittel weniger sein.
Dazu wird das Abwasser in den Häusern getrennt erfasst: Während das Toilettenabwasser, auch „Schwarzwasser“ genannt, zur Energiegewinnung genutzt wird, fließt das „Grauwasser“ aus Duschen, Waschbecken und Waschmaschinen durch eine separate Leitung ab. Grauwasser ist weniger schmutzig als Schwarzwasser und wenn es mittels einer Filteranlage gereinigt wird, kann es zum Gießen und für Toiletten verwendet werden.
Wassersparen beim Bierbrauen
Fast überall auf der Welt ist die Landwirtschaft der größte Wasserverbraucher. In Europa ist es aber die Industrie.
In der Carlsberg-Brauerei im dänischen Fredericia werden Millionen Dosen und Flaschen Bier abgefüllt. Andreas Kirketerp leitet dort ein Projekt, das den immensen Wasserverbrauch reduzieren soll. Das Wasser wird in der Brauerei zum Reinigen und zum Pasteurisieren genutzt. „Wir verwenden täglich zweitausend Kubikmeter Brauchwasser. In anderen Brauereien wäre das Abwasser, das in einer Kläranlage gereinigt werden muss. Wir sammeln es und bereiten es wieder auf“, erläutert Kirketerp.
Statt das Wasser in die Kanalisation zu entsorgen, wird es in einer Anlage recycelt. Im Jahr werden so 500.000 Kubikmeter Wasser aufbereitet und nicht der städtischen Versorgung entnommen. In nur zwei Jahren wurde eine Milliarde Liter Wasser gespart. „Ich möchte, dass auch meine Kinder noch aus dem Wasserhahn trinken können“, erklärt Andreas Kirketerp seine Motivation.
Das schmutzige Wasser erhält aber noch einen weiteren Nutzen: Es wird in der Biogasanlage der Brauerei eingesetzt. Damit können zehn bis fünfzehn Prozent des Wärmebedarfs der Fabrik abgedeckt werden.
Die neue Kläranlage ist ein Pilotprojekt und brachte der Brauerei in Fredericia eine Auszeichnung als wassereffizienteste Brauerei ein. Carlsberg betreibt weltweit mehr als 80 Brauereien, 16 davon in besonders heißen und trockenen Ländern wie Indien. Dort ist Wassersparen noch dringlicher als in Europa. Mit der neuen Reinigungsmethode können gerade an diesen Orten enorme Mengen des kostbaren Nasses eingespart werden.
Unterirdische Gießkanne
Dort, wo man Gluthitze eigentlich gewohnt ist, verschärft der Klimawandel die Dürre noch weiter. In Tunesien sind die Stauseen, die für die Wasserversorgung gebaut wurden, fast leer. In der Millionenstadt Tunis muss das Wasser daher bereits rationiert werden.
80 Prozent des Wassers werden in Tunesien für die Landwirtschaft genutzt. Durch die Wasserknappheit sind jetzt ganze Plantagen in Gefahr. Früher fingen Staumauern aus Stein den Niederschlag auf, der dann im Boden versickerte. So blieb der Boden feucht genug für Pflanzen. Jetzt funktioniert das System aber nicht mehr, weil es nur mehr alle sieben oder acht Jahre regnet. Ohne Bewässerung wächst kaum noch etwas und das Wasser verdunstet schnell.
Der Agrarwissenschaftler Bellachheb Chahbani hat das alte System weiterentwickelt, damit man weniger Wasser benötigt: Jeweils vier mit Siliziumkies gefüllte Diffusoren werden rund um Olivenbäume im Boden vergraben. Die Diffusoren sind an eine Wasserleitung angeschlossen. „Wir bewässern die Wurzeln in 50 Zentimeter Tiefe. So verdunstet kein einziger Tropfen“, erklärt Bellachheb Chahbani. Mit dieser „unterirdischen Gießkanne“ können 70 Prozent Wasser eingespart werden.
Der unterirdische Versenkungsdiffusor ist zweifellos die effizienteste Bewässerungstechnik, um Wasser zu den Wurzeln zu bringen. Dieses unterirdische Bewässerungsgerät wurde speziell für Bäume, Sträucher und Gemüsepflanzen entwickelt. Es spart Wasser und gewährleistet eine ganzjährige Bewässerung der Pflanzen, insbesondere während Dürreperioden, indem es Wasser direkt an die Wurzeln liefert.
Durch diese Methode können bis zu acht Liter pro Stunde geliefert werden und der Diffusor kann 30 bis 60 Zentimeter unter der Bodenoberfläche platziert werden. So wird Wasser direkt an die Wurzeln abgegeben, was Wassereinsparungen, Energieeffizienz und die Reduzierung von Verschwendung und Bodenversalzung ermöglicht.
In einem nächsten Schritt soll das System für die Bewässerung von Getreide genutzt werden.
Die ARTE-Dokumentation finden sie hier.