Walter Leiss
Walter Leiss: „Dass die Gemeindemilliarde 2023 für manche noch immer nicht genug ist, war natürlich zu erwarten. Dementsprechend lauthals werden die Pakete als „Trop-fen auf dem heißen Stein“ bezeichnet und mehr Mittel verlangt.“
© Philipp Monihart

Konsolidierung ist angesagt

Die Aufgaben der Gemeinden sind vielfältig. Von der Wiege bis zur Bahre. Von der Elementarpädagogik in die Bildung als Schulerhalter, die Erfüllung der Aufgaben der Daseinsvorsorge bis zur Gestaltung des Lebensraumes in der Gemeinde. Aufgaben im Sozial- und Pflegebereich genauso wie in der Gesundheit. Die Erfüllung der Aufgaben und die Erbringung diverser Leistungen kostet eine Menge Geld. Oft sind die Gemeinden gar nicht zuständig, kommen jedoch unter Druck, wenn sie keine Zuzahlungen leisten. Dies beginnt bei der ärztlichen Ordination, geht über die Community Nurses bis zur Zuzahlung bei Park&Ride Anlagen und Bahnhofsgebäuden. Ständig kommen neue Aufgaben dazu, die viel Geld kosten. Investitionen in vielen Bereichen sind dringlich und fordern viele Gemeinden.

Woher bekommen die Gemeinden ihr Geld? Haupteinnahmequelle sind die Ertragsanteile, das heißt, der Anteil der Gemeinden an den vom Bund eingehobenen Steuern. Daneben die gemeindeeigenen Abgaben, als Wichtigste die Kommunalsteuer und die Grundsteuer. Zu erwähnen ist, dass die Kommunalsteuer nur diejenigen Gemeinden erhalten, die entsprechende Standorte von Betrieben mit Dienstnehmern sind.

Neben den Steuern werden Gebühren für die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung und für die Entsorgung von Abfall eingehoben.  Die Einnahmen aus den Gebühren dürfen jedoch nur kostendeckend festgesetzt werden und sind zweckgebunden. Manche Gemeinden verfügen auch über wirtschaftliche Betriebe, aus denen sie Einnahmen lukrieren können.

Weitere finanzielle Einnahmen resultieren aus diversen Bundes- und Landesgesetzen bzw. den sogenannten 15a-Vereinbarungen. Diese Mittel sind zumeist zweckgebunden, wie z.B. für die Elementarpädagogik, den Bildungsbereich oder den Glasfaserausbau. Der „Nachteil“ dieser zusätzlichen Mittel ist der, dass sie als sogenannte Anschubfinanzierungen konzipiert sind. Das heißt, diese Mittel werden zeitlich befristet für bestimmte Aufgaben zur Verfügung gestellt, die zu einem späteren Zeitpunkt entstehenden Kosten müssen von den Gemeinden aus den laufenden Einnahmen finanziert werden.

Ertragsanteile hängen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab

Die Entwicklung der Ertragsanteile, aber auch der Ertrag der Kommunalsteuer, hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung bringt steigende Steuereinnahmen. Krisen in der Wirtschaft bewirken geringere Steuereinnahmen und damit geringere Ertragsanteile.

Mit ihrem Anteil von 11,83 Prozent an den Steuereinnahmen, steigen oder sinken die Ertragsanteile der Gemeinden je nach wirtschaftlicher Entwicklung. In den vergangenen Jahrzehnten war ein stetiges Steigen der Ertragsanteile feststellbar. Krisenbedingte Verluste, wie z.B. in der Finanzkrise 2008, konnten erst über längere Zeiträume ausgeglichen werden. Dies stellte speziell die Gemeindeebene vor besondere Herausforderungen.

Folgen der Pandemie wurden rasch überwunden

Die durch die Pandemie verursachte Wirtschafts- und Finanzkrise hatte im Jahr 2020 zu sinkenden Steuereinnahmen und damit auch zu einem Sinken der Ertragsanteile auf Gemeindeebene geführt. Bemerkenswert ist, dass trotz damals gegenteiliger Prognosen diese Krise sehr rasch überwunden werden konnte und bereits im Jahr 2021 ein Steigen der Einnahmen für die Gemeinden um 11,5 Prozent feststellbar war.

Zurückzuführen ist diese rasche Erholung unter anderem dadurch, dass es gelungen ist, mit dem Bund mehrere Unterstützungspakete zu verhandeln. Bereits im Jahr 2020 haben die Gemeinden eine Milliarde Euro für Investitionen im kommunalen Bereich erhalten. 50 Prozent Zuschuss für Investitionen mit einem sehr weiten Anwendungsbereich. Unkompliziert und rasch abgewickelt durch die Bundeshaushaltsagentur.

Mit einem zweiten Gemeindepaket kamen weitere 100 Millionen Euro für strukturschwache Gemeinden dazu und wurden die Ertragsanteile zusätzlich um 400 Millionen Euro erhöht. Nicht zu vergessen, wurden auch Pakete der Länder – im unterschiedlichen Ausmaß – zur Unterstützung der Liquidität und Investitionsfähigkeit der Gemeinden ermöglicht. Diese kommunalen Unterstützungspakete in Form von Unterstützung für Investitionen, sowie der Ansprung der Konjunktur Mitte 2021 haben daher zu dieser durchaus positiven Entwicklung beigetragen.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass bereits damals von mancher Seite Kritik an diesen Förderpaketen geübt wurde. Die Hilfen würden nicht ausreichen, die Gemeinden könnten ihren 50prozentigen Eigenanteil bei den Investitionen nicht aufbringen und es bräuchte weitere finanzieller Unterstützung. Der Rückblick zeigt, dass bereits 941,8 Millionen Euro an 2.027 Gemeinden ausbezahlt wurden und im Schnitt 94,2 Prozent des Rahmens von den Gemeinden ausgenützt wurde. Sollten tatsächlich Mittel überbleiben, so fallen die Mittel nicht an den Bund zurück, sondern werden dem Strukturfond zugeführt.

Ungünstige Prognosen

So rasch die Erholung eingetreten ist, so schnell scheint sie auch wieder entschwunden zu sein. Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur für die ukrainischen Bürger und Bürgerinnen viel Leid gebracht, sondern für die Europäer und Europäerinnen steigende Energiekosten, damit verbundene hohe Inflationsraten, ein Steigen der Zinsen und eine Abschwächung der Konjunktur.

Wird auf der Gemeindeebene noch für das Haushaltsjahr 2021 ein Überschuss erblickt, wird sich das 2022 nur mehr knapp ausgehen. Für das Jahr 2023 sind die Prognosen jedoch nicht mehr so günstig

Mir ist klar, dass sich über steigende Einnahmen niemand beschwert oder den fixen Anteil in Frage stellt, bei sinkenden Einnahmen dieser jedoch in Frage gestellt wird. Mit Verlusten ist halt schwerer umzugehen als mit Gewinnen.

Weitere Unterstützungsmaßnahmen für Gemeinden

Um die Gemeinden in diesem schwieriger werdenden Umfeld zu unterstützen, ist es gelungen, mit dem Bund ein weiteres kommunales Unterstützungspaket zu verhandeln. Für das Jahr 2023 und 2024 stehen dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung. Nach dem Modell des kommunalen Investitionsgesetzes sollen damit Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien wie z. B. Errichtung von Photovoltaik-Anlagen oder umweltfreundliche Heizsysteme installiert werden.

Für die andere Hälfte sind Investitionen in infrastrukturellen Bereichen nach dem Muster der bisherigen Gesetze vorgesehen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die 75 Millionen Euro, die die Gemeinden für die kommunale Impfkampagne erhalten haben, bei den Gemeinden verbleiben und nicht rückgezahlt werden müssen, auch wenn sie nicht für entsprechende Impfkampagne Maßnahmen verwendet wurden. Gemeinden die Aufwendungen hatten werden gesondert ersetzt. Damit verbleiben diese 75 Millionen Euro bei den Gemeinden und unterstützen sie in der Bewältigung ihrer Aufgaben.

Das dies für manche noch immer nicht genug ist, war natürlich zu erwarten. Dementsprechend lauthals werden die Pakete als „Tropfen auf dem heißen Stein“ bezeichnet und mehr Mittel verlangt.

Geld muss auch einmal zurückgezahlt werden

Wir wissen alle nicht, wie sich die Situation weiterentwickeln wird. Steigende Personalkosten, die Inflation, steigende Baukosten und die Kosten für Energie werden die Haushalte belasten. Es wird daher notwendig sein, sich auch zu überlegen, in welchen Bereichen man Leistungen zurücknehmen kann und muss und in welchen Bereichen man zukünftig investiert. Konsolidierung ist das Zauberwort. Das dies nicht immer einfach ist, liegt auf der Hand. Aber ohne Veränderungen wird es auf Dauer nicht gehen. Nur immer mehr Geld zu verlangen, erscheint nicht der richtige Weg. Man darf nämlich nicht vergessen, dass dieses Geld irgendwann zurückgezahlt werden muss.