Stefan Zimper
„Die politischen Themen kannte ich schon. Aber der Verwaltungsapparat war schon et-was Neues.“ Stefan Zimper über seine Erfahrungen.
© Gemeinde Bad Fischau-Brunn

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Kein Sprung ins kalte Wasser

Bad Fischau-Brunn, ein Ort mit reichhaltiger Geschichte und geprägt von der Thermalquelle, hat mit Stefan Zimper einen jungen neuen Bürgermeister an der Spitze. In KOMMUNAL spricht er über seine Erfahrungen seit seinem Amtsantritt im November 2023, die Herausforderungen, vor denen die Gemeinde steht, und seine Vision für die Zukunft, von seiner Familientradition in der Kommunalpolitik bis zu den aktuellen Projekten und dem Umgang mit den knappen Finanzen.

Mitte November 2023 hat der damals 35-jährige Stefan Zimper das Amt des Bürgermeisters angetreten. Für ihn war es zwar kein Sprung ins kalte Wasser, die Übergabe war mit seinem Vorgänger diskutiert und geplant.

„Wir haben das über Monate besprochen, also nur wir zwei. Deswegen war es wohl für alle anderen überraschend, aber für mich nicht. Und nachdem ich vorher schon Vizebürgermeister war und schon vor zehn Jahren dem Gemeinderat angehört habe, kannte ich die Themen alle schon. Oder sagen wir, dass ich die politischen Themen gekannt habe. Der ganze ­Verwaltungsapparat einer Gemeinde und die Themen rund um Bauverfahren, Flächenwidmung, Ehrenamt, der laufende Betrieb, das war schon neu für mich.“ 

Der Wechsel knapp ein Jahr vor den Gemeinderatswahlen, die in Niederösterreich im Jänner 2025 stattfinden, heißt, dass er nach 14 Monaten seine erste Wahl zu schlagen haben wird. 

Familie mit viel kommunalpolitischer Erfahrung

Stefan Zimper kommt aus einer Familie, die in Niederösterreich bekannt ist. Der Großvater Walter Zimper war nicht nur fast 30 Jahre Bürgermeister einer Nachbargemeinde von Bad Fischau-Brunn, sondern sowohl im niederösterreichischen als auch im österreichischen Gemeindebund aktiv. Ob diese Bekanntheit hilfreich ist, wollen wir von Stefan Zimper wissen.

„Ich glaube schon, dass das hilft. Es ist ja nicht nur mein Name. Die Leute, die sich mit Kommunalpolitik beschäftigen in den Bezirken und bis nach St. Pölten, die erinnern sich. Es gehen Türen möglicherweise schneller auf, als das vielleicht sonst üblich ist. Und in der Bevölkerung ist es auch so, dass die sagen, da kommt einer mit seinen 36 und sagt: ,Ich bin jetzt die neue Nummer eins.‘ Die fragen schon: Was hat der für einen Bezug zur Gemeinde? Und warum ist er jetzt hier und will er vielleicht ins Land und in die Bundespolitik oder sonst wohin? Und, und, und. Da hilft mir mein Background und vielleicht ein bisschen mehr Einfühlungsvermögen für bestimmte Zusammenhänge.“

Dass er aus einer Familie mit viel Erfahrung in der Kommunalpolitik kommt, erklärt auch sein Bestreben, ein „besseres politisches Klima“ schaffen zu wollen. So hat es in der Gemeinde eine Abspaltung bei der ÖVP gegeben und es ist eine Bürgerliste entstanden, die stark in der Opposition tätig war. Zimper meint, dass das „stark auf die Person des Altbürgermeisters zugeschnitten (war)“.

Wenn das Konfrontationspotenzial das Arbeiten immer unmöglicher gemacht hat, bei Gemeinderatssitzungen mehr einen „Austausch von Freundlichkeiten“ vorhanden war und sich „Nettigkeiten über Kampfblätter mitgeteilt werden“, dann findet man immer weniger Leute, die sich engagieren wollen. Es stellt sich einfach eine massive Verunsicherung ein, wenn mitgeteilt werden. Zimper: „Bei aller Kritik, die ja auch in Ordnung ist und die zum politischen Prozess dazugehört, stellt sich die Frage: Wie trägt man einen Konflikt aus? Und die Wahrheit ist, dass nach fünfzehn Jahren im Amt irgendwann für jeden, für jede der Punkt kommt, wo man es gut sein lassen kann.“ 

Für Zimper ist der Schlüssel auch für den politischen Nachwuchs ein aktives, funktionierendes  Vereinsleben. „Bei 3.500 Einwohnern haben wir 35 aktive Vereine, vom Imkerverein über den Darts-Verein bis zu Fußballvereinen. Diese Leute nehmen anders am Gesellschaftsleben teil, die befassen sich anders mit den Themen – und kommen dann über diese Themen irgendwann zum Gemeinderat.“ 

Neue Bürgermeister-Generation in der Region

Und Bad Fischau-Brunn hat ein gutes Umfeld, es ist eine neue Generation am Werken, wie Zimper meint. Der Krumbacher Bürgermeister Christian Stacherl ist Mitte 30, ebenso wie Michael Nistl aus Katzelsdorf, und in Bad Erlach ist mit der rund 40-jährigen Bärbel Stockinger auch eine Neue am Ruder.

Das führt zur Frage nach den Plänen des neuen Chefs: Wohin soll sich die Gemeinde entwickeln? Bad Fischau liegt verkehrsgünstig in der Nähe der A2-Autobahnabfahrt Wöllersdorf und Wiener Neustadt, eine Bahnanbindung und damit ein wachsendes Gewerbegebiet ist auch da. Die Frage für den neuen Bürgermeister ist, in welche Richtung sich der Ort entwickeln soll. Richtung Kurort, Thermalort oder mehr in Richtung Wirtschaftsstandort? Gibt es einen Plan oder eine Vision für Bad Fischau-Brunn? 

Seine Vision sei Konsens, antwortet Zimper. Bad Fischau-Brunn gehört wie die ­Gemeinden südlich von Wien nicht zum direkten, aber jedenfalls zum erweiterten Speckgürtel von Wien einerseits und Wiener Neustadt andererseits. Man merkt das an der Lebensqualität im Ort. So gibt es einen Privatkindergarten, eine Privatschule, eine Montessori-Schule, ein Haus der Gesundheit mit mehreren Spezialisten, sogar ein Yogastudio mit vielen Beratungsangeboten ist vorhanden. „Die Kehrseite ist“, so Zimper, „dass die Grundstückspreise ins Uferlose gehen. Momentan liegt der Quadratmeter irgendwo bei 350, 400 Euro. Das ist verrückt. Vor zehn Jahren war er gerade mal bei 100 Euro. Und man merkt trotzdem den Zuzug.“

Das Ortsgefüge von früher, wo jeder jeden kannte, ist dabei, verloren zu gehen. 2009 – aus dem Jahr stammt das Gemeindeentwicklungskonzept – wurde beschlossen, auf die Bremse zu steigen. „Wir wollen nicht den Fortschritt bremsen, aber wir wollen da, wo es sie noch gibt, die örtlichen und dörflichen Strukturen beibehalten, höchstens sanft weiterentwickeln. Es gibt bei uns schon seit Jahren keinen großvolumigen Wohnbau mehr.“

Hauptplatz Bad Fischau-Brunn
Hauptplatz und Gemeindeamt – das Zentrum einer aktiven und funktionierenden Gemeinde, wo das Vereinsleben besonders umtriebig ist.

Man sei aber nicht nur bei den Wohnungen auf der Bremse, auch bei den Betriebsansiedelungen sollen nur dann neue kommen, wenn die Qualität stimmt. Was nach Luxusproblem klingt, hat einen handfesten Hintergrund: Die Gemeinde muss ja für jede Betriebsansiedelung die Investitionen vorweg tätigen: Straßen bauen, Anschlüsse herstellen und so weiter. „Wir investieren hier schon rund 400.000 Euro“, erklärt Zimper das Konzept. Das bringe künftig Geld, aber am Anfang stehe halt die Investition. 

Ein beachtliches Aufgabenpaket trifft auf eine schwierige aktuelle Finanzlage: Geld ist zurzeit knapp. Insgesamt geht es Bad Fischau-Brunn wie allen anderen Gemeinden auch. Zimper betont aber besonders, „dass die Schere aufgeht. Wir haben zwar relativ gute kommunale Steuereinnahmen. Aber die steigen jedes Jahr nur um etwa drei bis vier Prozent. Die Ertragsanteile steigen auch um zwei, drei Prozent. Aber die Umlagen für Pflege, für Wohlfahrt und was sonst noch steigen zwischen 8 und 13 Prozent – und das trifft uns natürlich auch.“ 

Dazu habe die Gemeinde rund 250.000 Euro mehr an Zinsbelastungen zu stemmen, noch mal dazu die Stromkosten. Wie das zu schaffen ist? „Wir schaffen das noch, weil wir noch einen Investitionsspielraum haben. Und es sind viele alte Projekte jetzt reif. Das Projekt Feuerwehrhaus zieht sich schon über acht Jahre, der Bau wird im Sommer fertig. Das ist ein Riesenprojekt mit so viel Vorlauf, das man kurzfristig auch nicht stoppen kann.“

Rückstau bei Infrastruktur-Investitionen

Was ihn auch beschäftigt, ist, dass in den letzten Jahren zu wenig in die Infrastruktur investiert wurde. Auch hier hat sich ein Rückstau angesammelt: Straßensanierungen, Kanalerneuerungen, Wasserversorgung, Friedhofsangelegenheiten – „alles Dinge, die in jeder Gemeinde irgendwann gemacht werden müssen“. 

Wasser ist in Bad Fischau ein großes Thema. Die Thermalquelle wird seit der Römerzeit genutzt, das Thermalbad ist seit der k.u.k. Zeit bekannt. Aber Erfahrungswerte sagen, dass Freibäder extreme Kostenfresser oder Kostenverursacher für Gemeinden sind und dabei nicht einmal wirklich „Aufgabe der Gemeinde“. Wie ist das in Bad Fischau?

Zimper: „Wasser ist bei uns generell ein wahnsinnig sensibles Thema. Für die Fischauer ist das identitätsstiftend. Als vor ein paar Jahren im Winter das Wasser nicht geflossen ist, hat man gemerkt, dass die Stimmung im Ort wahnsinnig betrübt war. Die Leute waren aufgewühlt, weil der Teich noch nie ausgetrocknet war, weil es überhaupt noch nie so trocken war. Und als das Wasser dann letztes Jahr im Mai eigentlich total unerwartet wieder gekommen ist, hat sich die Stimmung im Ort total gedreht.“

Thermalbad Bad Fischau
Im Fischauer Thermalbad, wo schon die adeligen Damen und Herren sowie das aufstrebende Bürgertum der Belle Époque die angesagte Sommerfrische genossen haben, lässt sich bis heute die einzigartige Mischung aus stimmungsvollem k.u.k.-Flair und coolem Badevergnügen bei 19 Grad Celsius im kristallklaren Quellwasser genießen.

Dabei ist Bad Fischau-Brunn mit Wasser im Grunde super versorgt. Es gibt Brunnen – die Gemeinde liegt an der Mitterndorfer Senke, einem der größten Grundwasserströme in Mitteleuropa – und durch das Gemeindegebiet führt die Wiener Hochquellwasserleitung, die notfalls daraus versorgen könnte. „Wir haben wirklich Wasser genug.“

Das Freibad ist aber, so Zimper weiter, ein politisch sensibles Thema. Man muss das Wasser nicht mal heizen, weil es konstant 18 bis 19 Grad hat, dennoch macht die Gemeinde damit im Schnitt 100.000 Euro minus im Jahr. „Natürlich ist es ein Kostenfaktor. Auf der anderen Seite muss man sehen, was wir damit an lokaler Wertschöpfung schaffen. Eine sehr hohe Gastronomiequote für einen Ort mit 3.500 Hauptwohnsitzen. Bei uns sperren in Zeiten  des Wirtshaussterbens sogar Wirte wieder auf, außerdem ein Fleischhacker und so weiter. Deswegen sehen wir das als  Investment in die Gemeinde“, beruhigt der Bürgermeister.  

Blackoutvorsorge und Energiegemeinschaft

Was sind die Zukunftspläne bis zur Wahl 2025? Was steht heuer noch an in Bad Fischau-Brunn?

„Momentan beschäftigen wir uns gerade intensiv mit dem Thema Blackout und Energielenkung. Da haben wir einen  Bundesheeroffizier gewonnen, der das für die Militärakademie [die ,Theresianische‘ in Wiener Neustadt, Anm.] gemacht hat. Der hilft uns, weil es da sehr wichtig ist, die richtige Balance zwischen übervorsichtig und zu viel investiert. Wo ist die richtige Mitte? 

Dann investieren wir gerade 300.000 Euro, um auf allen Gemeindedächern Photovoltaik zu installieren. Wir haben auch eine Energiegemeinschaft, wo wir zu den ersten in Niederösterreich zählen, mit 100 Zählpunkten, wo Energie getauscht wird. Eigentlich ist das eine Riesengeschichte. 

Was auch ein Thema sein wird:  Nachdem die Feuerwehr aus dem Ortszentrum von Brunn wegzieht [die Gemeinden Bad Fischau und Brunn wurden in den 60er-Jahren bei der Gemeindestrukturreform zusammengelegt, Anm.], muss man dort diesen Platz neu gestalten. Das Thema ist für die Bevölkerung in Brunn extrem wichtig.“ Auch hier hilft Fortuna dem Jungbürgermeister: „Wir haben das Riesenglück, dass wir wirkliche Fachleute, Architekten, Raumplaner usw. im Ort haben, die sich erstens gut auskennen, zweitens einen Bezug zum Ort haben und drittens die Materie gut kennen. Das ist für uns perfekt. 

Tatsache ist, dass solche Projekte immer mit einem Riesenaufwand drumherum verbunden sind, ohne den nichts mehr geht. Du musst nachweisen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben, und vieles mehr. Und am Ende muss man das auch bauen.“   

Zur Person

Stefan Zimper

Alter: 36
Gemeinde: Bad Fischau-Brunn 
Einwohnerzahl: 3.560 (1. 1. 2023)
Bürgermeister seit: 17. November 2023
Partei: ÖVP