Staatssekretär Sepp Schellhorn mit Moderatorin Martin Klementin.
Staatssekretär Sepp Schellhorn mit Moderatorin Martin Klementin.
© Jürg Christandl

Platzlgespräch am Gemeindetag

„Weniger Bürokratie, mehr digitale Souveränität“

Staatssekretär Sepp Schellhorn forderte beim Gemeindetag mutige Reformen: Von Verwaltungsverbünden über digitale Zwillinge bis hin zu europäischer Datensouveränität – für ihn sind Gemeinden das Rückgrat, das Österreichs Zukunft sichern muss.

Staatssekretär Sepp Schellhorn (Außenministerium, zuständig für Deregulierung) kam direkt von einer Fachtagung zum Thema Nachhaltigkeit ins Platzlgespräch. Von Beginn an stellte er klar: Gemeinden sind das Fundament der Demokratie – und sie stehen aktuell massiv unter Druck. „Wir alle stehen mit dem Rücken zur Wand“, so Schellhorn, „Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen. Reformen sind unumgänglich.“

Europa fängt in der Gemeinde an

Schellhorn betonte die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene. Gerade im Austausch mit Nachbarländern wie Slowenien und Italien ortete er ungenutztes Potenzial. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas sei eine Schicksalsfrage, die auch Gemeinden unmittelbar betreffe – etwa, wenn Arbeitsplätze verloren gehen.

Verwaltungsreform und Entlastung der Gemeinden

Ein zentrales Thema war die Verwaltungsvereinfachung. Statt Gemeindefusionen plädierte Schellhorn für Verwaltungsverbünde und gemeinsame IT-Lösungen. Ziel: ein einheitliches, transparentes System, das Gemeinden entlastet und Bürgernähe stärkt. Besonders bei Förderungen oder Vereinsangelegenheiten könne so Druck von Bürgermeistern genommen werden.

Informationsfreiheitsgesetz und Datenmanagement

Zum neuen Informationsfreiheitsgesetz räumte Schellhorn ein, dass die Umstellung anfangs zusätzlichen Aufwand bringe. Langfristig werde es jedoch zu mehr Transparenz führen. 

Mehrere Bürgermeister forderten, dass Daten künftig nicht nur gesammelt, sondern auch sinnvoll genutzt werden können – etwa in Form eines „digitalen Zwillings“ jeder Gemeinde. Schellhorn bestätigte: Die Regierung arbeite an einem Gesamtplan, um Datenschnittstellen zu harmonisieren und Bürokratie abzubauen.

Digitalisierung, KI und Datensouveränität

Das Thema digitale Souveränität wurde intensiv diskutiert. Schellhorn warnte, Europa habe sich zu lange von amerikanischen Cloud-Anbietern abhängig gemacht. Künftig brauche es mehr europäische Lösungen und KI-Unterstützung, um dem massiven Personalmangel in der Verwaltung entgegenzuwirken. Er sprach offen von einem „Cyberkrieg“, der längst Realität sei, und forderte mehr Tempo in der Umsetzung.

Analoge Brücken für ältere Menschen

Ein Bürgermeister erinnerte daran, dass ältere Menschen mit Digitalisierung oft überfordert seien. Schellhorn zeigte Verständnis und Zustimmung: Der Wandel brauche Zeit, Gemeinden würden noch lange Anlaufstellen für analoge Services bleiben müssen.

Bildung, Gesundheit und große Reformen

Auf die Frage nach Kompetenzzersplitterung im Bildungsbereich erklärte Schellhorn, dass innerhalb der Reformpartnerschaft über eine mögliche Zentralisierung in Bildung oder Gesundheit nachgedacht werde. Hier brauche es Konsens, um Kosten zu sparen und gleichzeitig die Qualität zu sichern.

Kooperationen und Umsatzsteuer

Zum Abschluss forderten die anwesenden Gemeindevertreter mehrheitlich eine Lösung für die Umsatzsteuer bei interkommunaler Zusammenarbeit. Schellhorn bestätigte, dass dieses Thema bereits im Finanzministerium verhandelt werde: Kooperationen dürften nicht länger durch steuerliche Nachteile behindert werden.

Schellhorn zeigte sich als Reformpolitiker mit unternehmerischem Blick: Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung, stärkere Kooperationen. Gemeinden seien dabei nicht Bremser, sondern Motor der Veränderung – sie bräuchten jedoch klare Werkzeuge und faire Rahmenbedingungen.

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