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Urheberrechtsverletzungen im Internet

Es passiert schneller, als gedacht: Unverhofft sehen sich Gemeinden immer wieder mit anwaltlichen Abmahnschreiben konfrontiert, sie hätten durch Inhalte der Gemeinde-Homepage in unzulässiger Weise in Urheberrechte von Autoren, Künstlern, Fotografen und sonstiger Rechteinhaber eingegriffen. Diese Abmahnschreiben enthalten die Aufforderung, - oft erhebliche - Schadenersatzbeträge und Anwaltskosten zu bezahlen sowie umfangreiche Unterlassungserklärungen abzugeben. Dies alles binnen kurzer Fristsetzung, widrigenfalls Klage eingebracht wird.

nur um ein unscheinbares, unbedeutendes Bild(chen), um einen kurzen „Allerwelts-Text“, die zwar in der Homepage der Gemeinde verwendet wurden, aber doch keine so hohe eigenständige geistige Leistung darstellen können, dass bei deren Verwendung Rechte verletzt werden können.



Nachstehende Beispiele aus der Anwaltspraxis zeigen das Gegenteil. Die Beispiele sind insofern ähnlich, als jeweils ein aktueller Beitrag für die Homepage geschrieben wurde und dafür nach einem „passenden“ Foto oder Text zur Auflockerung im Internet gesucht wurde:

Gemeinde A



Zur Illustration eines Homepage-Beitrags über die Möglichkeit, Forstpflanzen zu erwerben, wurde das Bild eines Baum-Setzlings veröffentlicht. Dies offenbar ohne zuvor die Verwertungsrechte an diesem Foto zu klären; es erfolgte zudem keine Angabe des Fotografen. Mit Abmahnschreiben einer renommierten österreichischen Anwaltskanzlei begehrte ein international, auch in Österreich, tätiges Bildarchiv die Unterlassung Beseitigung der Veröffentlichung, Rechnungslegung und Schadenersatz, Urteilsveröffentlichung sowie Zahlung von Kosten, insgesamt 1.800 Euro.

Gemeinde B



Die Gemeinde informierte seinerzeit aktuell über die Hunde-Chip-Regelungen. Über die bekannteste Suchmaschine fand sich ein Bild eines Hunde-Babys zur Ergänzung des Textes. Der Beitrag wurde nach rund drei Wochen samt Bild offline gestellt. Jahre später sah sich die Gemeinde mit einem Abmahn- und Aufforderungsschreiben einer deutschen Bildrechte Agentur konfrontiert. Insgesamt wurden rund 1.360 Euro an nachträglichen Lizenzgebühren, inklusive Nebenkosten, in Rechnung gestellt.

Gemeinde C



Über die Homepage der Gemeinde hatten Bürgermeister, Vize-Bürgermeister, Gemeinderäte und Gemeindebedienstete den Bürgern und Lesern der Homepage Osterwünsche entboten. Illustriert wurden diese mit dem Foto eines Osternestes. Die Verwertungsrechte wurden offenbar zuvor nicht geklärt, es wurde auch keine Nennung des Fotografen beim Bild beigefügt. Mit umfangreichem Abmahnschreiben eines deutschen Anwaltes wurde eine Unterlassungserklärung verlangt (in welcher die Klausel enthalten war, dass bei Verstoß gegen die Unterlassung eine Vertragsstrafe von mindestens 5.001 Euro als vereinbart gilt), sowie die Bezahlung eines pauschalierten Schadenersatzes zuzüglich Anwaltskosten von gesamt rund 1.150 Euro als Vergleichsvorschlag geboten, darüber hinausgehende Ansprüche, so ein gerichtliches Vorgehen erforderlich wäre, wurden vorbehalten.

Gemeinde D



Zu einem Artikel über Informationen zu sozialen Dienstleistungen wurde ein Foto zweier sich haltender Hände veröffentlicht. Die Verwertungsrechte wurden offenbar zuvor nicht geklärt, es war auch keine Urheberbezeichnung beim Bild beigefügt. Auch hier erging ein Abmahnschreiben eines deutschen Anwaltes mit Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung samt Vertragsstrafe, sowie zur Zahlung von gesamt rund 1.350 Euro als außergerichtliche Vergleichssumme. Dies bei Vorbehalt weiterer Forderungen im Falle einer erforderlichen Klage oder weiterer Korrespondenz.

Gemeinde E



berichtet wurde über aktuelle Rechtsprechung zur Haftung im Kindergarten, illustriert wurde der Artikel mit dem Bild eines Mädchens, das auf einem Baumstamm balanciert. Mit Abmahnschreiben einer (anderen) renommierten österreichischen Anwaltskanzlei wurden die Unterlassung der Verwendung des Lichtbildes gefordert, sowie - als außergerichtlicher Vergleichsvorschlag - die Bezahlung von knapp 1.000 Euro verlangt.

Fall F



Zur Auflockerung von Osterwünschen wurde ein Gedicht veröffentlicht, welches im Internet gefunden und in die Homepage „kopiert“ wurde, dies ohne den Autor zu nennen bzw. die Verwertungsrechte zuvor abzuklären.



An dieser Stelle kann und soll keine Diskussion darüber entfacht werden, inwieweit geltende Urheberrechtsbestimmungen im Zeitalter des Internets noch zeitgemäß sind oder verstärkte Berechtigung erlangt haben. Fakt ist: schon seit den ersten höchstgerichtlichen Entscheidungen in Österreich vor mehr als 15 Jahren ist geklärt, dass das Internet keinen rechtsfreien Raum darstellt, im Gegenteil, es besteht mittlerweile eine Fülle an differenzierter Judikatur zu Fragestellungen des Internetrechts- und dessen Entwicklungen. Auch auf europäischer Ebene sind Normen hinzugetreten, die die Verfolgung behaupteter Rechteverletzungen innerhalb der Europäischen Union regeln.



Generell gilt, dass jeder Einzelfall individuell zu beurteilen ist. So konnte in den oben genannten Fällen durch Prüfung, Recherche und anwaltliche Abwehrschreiben eine oftmals deutliche Reduktion der Ansprüche erreicht werden, manchmal sogar, dass nach anwaltlicher Intervention auf Seiten der Gemeinde die Angelegenheit von der Gegenseite nicht mehr weiterverfolgt wurde.



Daraus Sicherheiten oder gar Freibriefe abzuleiten, wäre jedoch fatal: es bestehen zahlreiche Rechte für Urheber bzw. Rechteinhaber an geschützten Werken.



Bei den oben genannten Fällen handelt es sich insbesondere um das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das Recht auf Inanspruchnahme der Urheberschaft, das Recht auf Namensnennung/Urheberbezeichnung/Herstellerbezeichnung. Bei Verletzung dieser Rechte kann eine Fülle an Ansprüchen und somit Verfahren, Unannehmlichkeiten und vor allem Kosten entstehen.



Dabei handelt es sich zum einen um zivilrechtliche Ansprüche (zB auf Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung sowie Zahlung des – doppelten - Schadenersatzbetrages und Herausgabe des Gewinnes samt Gerichtsgebühren und Anwaltskosten), zum anderen sind bestimmte Eingriffe sogar mit gerichtlicher Strafdrohung bewehrt. Dazu kommt, dass das Risiko von Immaterialgüter- und Urheberrechtsverletzungen durch Rechtsschutzversicherungen in der Regel nicht versichert ist.



Es empfiehlt sich sohin jedenfalls mit einem hohen Bewusstsein für fremde (Urheber-)Rechte bei der Erstellung redaktioneller Beiträge für Internet-Auftritte vorzugehen. Fremde Inhalte (wie zB Fotos, Texte, Skizzen) sollten, um Rechtsstreitigkeiten auszuschließen, schlicht nicht verwendet werden, oder allenfalls erst, nachdem die damit verbundenen Rechte mit den Urhebern bzw. den sie vertretenen Rechteinhaber zuverlässig und nachvollziehbar geklärt wurden. Dies mag mitunter aufwändig sein und Lizenzgebühren bedeuten, aber nur so sind (allfällige) Abmahnungen und Rechteverletzungen zu vermeiden. Im Zweifel dürfen auf gar keinen Fall fremde Inhalte verwendet werden. Sollten Gemeinden von Abmahnschreiben betroffen sein, ist jedenfalls zu empfehlen, diese von einer Anwältin/einem Anwalt prüfen zu lassen, bevor der Aufforderung Folge geleistet wird, weil die Praxis zeigt, dass im Einzelfall durchaus gute Gründe bestehen können, die Forderung nicht oder nicht im geforderten Ausmaß zu erfüllen.