Haubenberger - Jurist beim Gemeindebund
Bernhard Haubenberger: "Sollten nicht rasch Änderungen erfolgen, werden jene Zweifel laut, die an sich auch schon von Beginn an geäußert wurden: Die Eisenbahnkreuzungsverordnung schafft nicht Sicherheit, sie provoziert Gefahrenstellen."

Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“

250 Millionen Euro – das war die Schätzung der Kostenfolgen, die durch die Eisenbahnkreuzungsverordnung ausgelöst werden. Dass das BMVIT mit dieser Schätzung völlig daneben lag, war von Beginn an klar. Auch von Beginn an wurde eine Erstreckung der in der Verordnung festgelegten Fristen für die Überprüfung und Sicherung aller Kreuzungen eingemahnt. Rund 5000 Eisenbahnkreuzungen gibt es österreichweit. All diese müssen bis 2024 auf Grundlage der Verordnung überprüft werden und bis 2029 den Vorgaben der neuen Verordnung entsprechen. Demgemäß müssen nahezu alle bislang nicht technisch gesicherte Kreuzungen technisch gesichert (Lichtzeichen mit oder ohne Schranken) und eine Vielzahl bereits technisch gesicherter Kreuzungen angepasst oder aufgrund des Alters sogleich erneuert werden.

Behörden wie Eisenbahnunternehmen kommen ins Schwitzen, im Wissen darum, dass dieser Zeitplan kaum sinnvoll einzuhalten ist. Sinnvoll bedeutet, dass die Kreuzungen auch daraufhin überprüft werden sollten, ob sie nicht aufgelassen werden könnten. Im Ergebnis führen die engen Fristen nicht selten dazu, dass Kreuzungen technisch gesichert werden, obwohl sie an sich aufgelassen werden könnten.

Die sicherste Kreuzung ist jene, die es nicht mehr gibt

Ungeachtet dessen, wird nach jedem Unfallgeschehen – die letzten schweren Unfälle ereigneten sich im Übrigen auf technisch gesicherten Kreuzungen – von jenen eine raschere Sicherung aller Eisenbahnkreuzungen gefordert, die das Prinzip von Ursache und Wirkung noch nicht verstanden haben. Wer der Logik folgt, sollte erkennen, dass die sicherste Kreuzung jene ist, die es nicht mehr gibt.

Damit nicht „gesichert“ wird, was aufgelassen werden kann, müssen die Fristen gestreckt und zudem streckenweise Überprüfungen dahingehend stattfinden, ob und welche Kreuzungen aufgelassen werden können.

Dass durch die Verordnung obendrein Abermillionen Euro im wahrsten Sinne des Wortes versenkt werden, sollte auch nicht unerwähnt bleiben. Warum die Gemeinden zum Handkuss kommen, ist unverständlich und inakzeptabel zugleich: Gemeinden haben im Sicherungsverfahren keine Parteistellung, bei der Projektierung keine Mitsprache, bei der Ausschreibung keine Einsicht, bei den Kosten keine Kontrolle und bei der Finanzierung keine Ressourcen.

Die Eisenbahnkreuzungsverordnung provoziert Gefahrenstellen

Sollten nicht rasch Änderungen erfolgen, werden jene Zweifel laut, die an sich auch schon von Beginn an geäußert wurden: Die Eisenbahnkreuzungsverordnung schafft nicht Sicherheit, sie provoziert Gefahrenstellen. Denn Unvernunft und Unachtsamkeit machen weder vor Lichtzeichen noch vor Schrankenanlagen Halt. Das haben die letzten Unfallereignisse deutlich gezeigt. Durch einen regelrechten Wildwuchs technischer Sicherungen, aufgrund derer die Geschwindigkeit der Züge deutlich angehoben werden kann, gehen Unfälle nur selten glimpflich aus – denn wenn es kracht, dann kracht es ordentlich.