Bürgermeisterin Schmiedtbauer
Simone Schmiedtbauer: „Wenn ich mich mit etwas beschäftige, dann gebe ich über hundert Prozent.“

"Halbherzig mache ich gar nix"

Simone Schmiedtbauer ist Bürgermeisterin der Marktgemeine Hitzendorf im Grazer Umland. Die Mitbetreiberin eines Direktvermarkter-Hofs hat eine Gemeindezusammenlegung orchestriert und wünscht sich mehr Frauen in der Politik

Frau Bürgermeisterin, Sie haben ursprünglich Karriere im Bankwesen gemacht, sich dann aber für ein naturnahes Leben am Bauernhof samt Hundezucht entschieden. Warum?



Entschlossen klingt so geplant. Das war es aber nicht. Ich habe einen Landwirt geheiratet, der in dritter Generation einen Betrieb mit Schweinemast und Veredelung führt. Zudem hätte es nicht geschafft meine noch so kleinen Kinder irgendwo in eine Betreuung zu stecken, denn es steckt doch mehr Glucke in mir, als ich jemals zu vor gedacht habe. Durch den Berufswechsel was das jedoch wunderbar zu vereinen. Zuhause sowohl die Arbeit, sprich den Betrieb und die Landwirtschaft, als auch die Kinderbetreuung. Das war einfach perfekt. Ich bin im Nachhinein sehr froh diesen Schritt tatsächlich gewagt zu haben.



Die Hundezucht kam aus Eigeninteresse dazu, oder war die auch schon vorhanden?



Die war nicht vorhanden, sondern eine Leidenschaft die mit meinem Cornelius begonnen hat. Wenn man einmal ein Zuchttier hat, das erfolgreich ist, Leistung bringt und sich auch in Punkto Schönheit durchsetzen kann, dann hat man einen Jackpot geknackt. Den hatte und habe ich mit diesem Hund. Eine Leidenschaft, für die jetzt allerdings keine Zeit mehr bleibt. Das sind die Abstriche.



Die Produkte Ihres Betriebes erringen Auszeichnungen, die Hunde werden ausgezeichnet und auch Ihre politische Karriere ging flott voran. Sind sie eine Macherin?



Das würde ich mich nicht trauen von mir zu sagen. Aber zielstrebig bin ich schon. (lacht) Halbherzig mache ich gar nix. Wenn ich mich mit etwas beschäftige, dann gebe ich über hundert Prozent. Das erwarte ich mir manchmal leider auch von meinem Umfeld, wobei ich aber glaube, dass ich Menschen recht gut mobilisieren kann.



Sie waren Obfrau der Frauenbewegung. Sind Frauenthemen auch jetzt Teil ihres Handelns?



Schon. Ich brauche aber kein „Gegendere“ und auch Frauenquoten beäuge ich sehr vorsichtig, denn wenn eine Frau nur wegen des Frauseins eine Position erlangt, und dann nicht bringt was von ihr erwartet wird, schadet es den Frauen viel mehr, als es uns gut tut.



Prinzipiell gibt es allerdings viel zu wenig Frauen in der Politik oder in solchen Positionen. Nach wie vor gehört die Politik hauptsächlich den Männern. Ein ausgewogeneres Verhältnis wäre wünschenswert. Ich will Frauen Mut machen, sich zu trauen. Ich habe ganz viele tolle Frauen kennengelernt, von denen ich sage: Die wären's. Das sind wirklich toughe Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, sich die Politik aber nicht zutrauen.



Liegt es nur daran, dass sich Frauen zu wenig trauen? Oder müssen sie gegen Vorbehalte ankämpfen?



Ich habe in meinem gesamten Tätigkeitsfeld und Umfeld zu 98 Prozent mit Männern zu tun. Du musst immer ein paar Prozent besser sein und darfst nicht unsicher wirken. Man muss seinen Mann stehen! Diesen Spruch gibt's nicht umsonst. Frauen sollten es dennoch wagen. Es hat jeder und jede für irgendetwas ein Talent. Dieses gilt es nur zu finden und zu nutzen. Lernen kann man schließlich alles.



Welches Talent haben Sie für sich identifiziert?



Ich liebe und brauche den Kontakt zu den Menschen. Ich glaube, dass ich recht gut mit Menschen kann, und ihnen auch zuhören kann. Wenn man das nicht hat, hat man in der Politik nichts verloren. Zumindest sollte man nicht in der ersten Reihe stehen, denn natürlich ist jeder auf seine Weise wertvoll.



Setzten Sie Gestaltungsschwerpunkte in ihrem Amt?



Bei der Größenordnung unserer Gemeinde bin ich mit dem Tagesgeschäft schon gut ausgelastet. Aber natürlich setzt man Schwerpunkte. Mein Thema ist seit Beginn an Familie. Das ist die kleinste und wichtigste Keimzelle unserer Gesellschaft. Das vergessen wir oft, weil es so selbstverständlich klingt.



Sie haben auch die Gemeindezusammenlegung miterlebt?



Ja. Heute könnte ich schon fast darüber lachen. Das waren lebensverkürzende Zustände, hab zu meinem Mann gesagt. Eineinhalb Jahre, die mir und meinem Umfeld alles abverlangt haben. Nachdem mein Amtsvorgänger als einer der längstdienenden Bürgermeister vollkommen überraschend zurückgetreten ist, wurde ich am 1. Juni Bürgermeisterin und habe sechs Monate gehabt um mir aus drei Gemeinden ein Team für eine Gemeinderatswahl zu suchen. Ich musste die Fusion vorbereiten, bei der wir enorm verhärtete Verhältnisse mit einer Gemeinde hatten, und gleichzeitig war ich noch als Regierungskommissärin tätig. Einen Wahlkampf habe ich auch noch geleitet. Wobei ich Wahlbewegung sage, weil kämpfen mag ich nicht. Diese Zeit ging echt ans Limit, dennoch möchte ich die Erfahrung nicht missen.



Was raten sie Bürgermeistern, denen eine Gemeindezusammenlegung noch bevor steht? Gibt es etwas, womit man nicht rechnet, das sich letztendlich als die größte Hürde herausstellt?



Ich war dem ganzen Vorhaben immer positiv gegenüber eingestellt. Es hätte theoretisch auch noch größer ausfallen können, aber das hätten wir vermutlich in der Umsetzung nicht mehr geschafft. Es war auch insbesondere schwierig, weil wir keine Erfahrungswerte hatten. Zwei Schlüsse kann ich rückblickend jedenfalls ziehen. Erstens: Die Vorbereitung ist das Um und Auf. Und zweitens: Man muss mit den Funktionären und Bürgermeistern der anderen Gemeinden Gespräche führen, selbst wenn sie Stunden dauern, bis nach Mitternacht und weiter ins Unendliche gehen. Das muss alles ausgeredet werden!

„WORD RAP“



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