Bundesvorstand des Gemeindebundes
Standing Ovations nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses: Johannes „Hannes“ Pressl ist der siebente Präsident des Österreichischen Gemeindebundes.
© Marschik

Gemeindebund

„Einbinden, aber nicht einmischen“

Der 53-jährige Niederösterreicher Johannes Pressl wurde am 26. Februar bei der Sitzung des Bundesvorstands mit überwältigender Mehrheit (94,4 Prozent) zum neuen Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes gewählt.

Wahlberechtigt waren insgesamt 54 anwesende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Österreich, die über die jeweiligen Landesverbände parteiübergreifend nominiert wurden. Die Wahl war aufgrund des Rückzugs von Vorgänger Alfred Riedl notwendig geworden. Johannes Pressl ist seit 19 Jahren Bürgermeister der Gemeinde Ardagger im Bezirk Amstetten und seit dem Jahr 2021 Präsident des Niederösterreichischen Gemeindebundes.

Dem Bundesvorstand präsentierte Johannes Pressl die wesentlichen Eckpunkte seines umfangreichen Arbeitsprogramms. In den Wochen und Monaten vor der Wahl war er in allen Bundesländern unterwegs und hat mit zahlreichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Vertretern der Landesverbände über die Zukunft des Gemeindebundes diskutiert. Ein Thema, das allen Gemeinden aktuell unter den Nägeln brennt, sind die Finanzen. „Fast jede Gemeinde hat Einbußen bei den Einnahmen und steigende Ausgaben, die alleine kaum mehr zu stemmen sind. Wir fordern daher die Bundesregierung zu Gesprächen über ein Hilfspaket für die Gemeinden in Höhe von einer Milliarde Euro auf“, betonte Pressl.

Präsidium des Gemeindebundes
Der Präsident und „sein“ Präsidium – eine Landespräsidentin, acht Landespräsidenten und der Generalsekretär

In der Zusammenarbeit mit den Landesverbänden und den Gemeinden gilt für den neuen Präsidenten ein Credo: „Einbinden, aber nicht einmischen. Der Österreichische Gemeindebund ist die Interessensvertretung für alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und rund 40.000 Gemeinderäte auf Bundesebene. Gemeinsam mit unseren Landesverbänden arbeiten wir tagtäglich an guten Rahmenbedingungen für die kommunale Arbeit.“

Vor allem das Prinzip des Subsidiarität und die Stärkung der Eigenverantwortung der Gemeinden ist ihm ein Anliegen. Dazu, so Pressl, brauche es aber auch die „Bereitschaft, an uns selbst zu arbeiten, Abläufe zu straffen und Einsparpotenzial zu erkennen“. Grundsätzlich sei ihm die Gemeindeautonomie heilig, und den immer wieder vorkommenden Versuchen, Gemeinden zu bevormunden oder Aufgaben an Gemeinden abzuwälzen, müsse begegnet werden.

Drei Learnings

Drei Punkte stehen im Vordergrund: In seiner Rede nach der Wahl nannte er drei Punkte, drei „Learnings“. Zum einen rief er das Gelöbnis in Erinnerung, das jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin vor Amtsantritt ablegt. Pikanterie am Rande: Laut der geltenden Formel müssen Bürgermeister auch „das Amtsgeheimnis wahren“. 

Für den zweiten Punkt  bediente sich Pressl eines Sinnbildes: Für die Arbeit in den Gemeinden brauche es wie bei einem Anker mit seinen zwei Spitzen, die einem Schiff Halt geben, neben den Menschen auch die Organisation. 

Und drittens – und für ihn ganz wichtig – das Thema öffentliche Meinung. Eine „öffentliche Meinung“ sei, wenn Menschen für wahr halten, wofür oft eine hinreichende Hinterlegung mit Fakten fehle, öffentliche Meinung sei ergo „nicht immer die Realität“.

Als Antwort auf diese Situation meinte Pressl, dass „wir reden müssen“, und zwar untereinander und vor allem auch nach außen. Pressl: „Wir müssen die Geschichten, die die Gemeindearbeit erklären, neu erzählen“. Das bedeute auch schnellere Kommunikation.

Werkzeuge gegen Bodenverbrauch und Leerstand gefordert

Auch in Sachen Bodenverbrauch nannte Pressl ein klares Ziel: „Wir wollen und wir müssen Boden sparen, aber mit kommunalem Hausverstand. Hören wir bitte endlich auf, uns laufend an der 2,5-Hektar-Grenze medial abzuarbeiten. Investieren wir die Energie, die wir da vergeuden, vielmehr in Instrumente und Werkzeuge, um Leerstand und brachliegende gewidmete Grundstücke zu mobilisieren und Ortskerne zu verdichten. Oder denken wir zum Beispiel über höhere finanzielle Anreize für den Umbau von Einfamilienhäusern und den Einbau einer zweiten Wohneinheit nach. Das verbraucht keinen neuen Boden, fördert das soziale Miteinander von Generationen und kurbelt die Wirtschaft mindestens so an wie eine Neubau-Einfamilienhausförderung. Und seien wir uns bitte ehrlich: Die Gemeinden sind von der Bevölkerung gefordert, auch weiterhin Platz für Kindergärten, Wohnraum, Infrastrukturen, erneuerbare Energie und für unsere Betriebe bereitzustellen.“

Transparenzoffensive soll Bürger in die Gemeinden einbinden

Hannes Pressl
Johannes Pressl gilt als äußert technikaffin.

Das Informationsfreiheitsgesetz wurde kürzlich beschlossen. Am 1. September 2025 tritt das Gesetz in Kraft und bis dahin wird es seitens des Gemeindebundes umfangreiche Schulungsangebote und Webinare für die Gemeinden geben.

„Mit einer Transparenzoffensive sollen auch die Bürgerinnen und Bürger noch stärker ins Gemeindegeschehen eingebunden werden. Mit den NGOs wollen wir die ­offenen Fragen in Bezug auf proaktive Veröffentli­chungspflichten und Datenschutzbedenken diskutieren“, so Pressl.

Weitere Themenschwerpunkte für den neuen Präsidenten sind der Ausbau der Kinderbetreuung, die Themen örtliche Gesundheits- und Landarztversorgung, Pflege und Altern im eigenen Ort, Energiewende und Klimaschutz, Digitalisierung in den Gemeinden, die Vernetzung mit europäischen Partnern und die Stärkung des Bürgermeisteramtes.

Aus Sicht der Gemeinden sei auch ein neuer österreichischer Stabilitätspakt notwendig, der durch die kommenden Reformen der EU-Fiskalregeln notwendig werden wird.

Pressl nutzte auch die Gelegenheit, um seinem Vorgänger Alfred Riedl für die Arbeit für die österreichischen Gemeinden zu danken. „Von 2017 bis Juli 2023 war Riedl Präsident des Gemeindebundes und hat in dieser Zeit die Position der österreichischen Gemeinden gestärkt und viele Verhandlungserfolge erzielen können, wenn wir etwa an die kommunalen Hilfspakete denken“, erklärte Pressl.

Resolution an Bundesregierung

Im Rahmen der Bundesvorstandssitzung des Österreichischen Gemeindebundes wurde nach der Wahl des neuen Präsidenten einstimmig eine Resolution an die Bundesregierung beschlossen. Darin fordern die Vertreterinnen und Vertreter von 2.082 Gemeinden Gespräche über ein Gemeindepaket in Höhe von einer Milliarde Euro. 

Konkret brauchen die Kommunen für die Jahre 2024 und 2025 frisches Geld zur Stärkung der Liquidität. Das heißt, um den laufenden Betrieb überhaupt führen zu können - siehe auch den Wortlaut der Resolution auf der Seite rechts.