Die Wirren im aufgabenorientierten Finanzausgleich

Die aufgabenorientierte Finanzierung ist eine langjährige Forderung verschiedener Finanzausgleichspartner, aber auch externer Institutionen. Auch der Österreichische Gemeindebund hat die Forderung nach einem aufgaben- orientierten Finanzausgleich unterstützt, allerdings immer verknüpft mit einer ebenfalls notwenigen Aufgabenreform.

Die aufgabenorientierte Finanzierung bedeutet, dass die Ertragsanteile nicht nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel, abgestellt auf Hauptwohnsitzer und Gewichtungsfaktoren (ABS), sondern nach anderen Kriterien erfolgen soll. Wer bestimmte Aufgaben erledigt soll die dafür erforderlichen Mittel erhalten, und wer mehr erbringt, soll auch mehr Geld erhalten.



Weshalb die Forderung nach einer aufgabenorientierten Finanzierung von unterschiedlichen Seiten vorgebracht wurde, lässt sich damit begründen, dass ein jeder etwas anderes darunter verstanden hat. Insgesamt war die Erwartung, mehr Mittel aufgrund der Aufgabenorientierung als nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel zu erhalten, immer ausschlaggebend. Keiner hat in diesem Zusammenhang jedoch die Frage gestellt, um welche Aufgaben, die gesondert finanziert werden sollten, es sich handelt.

Zwischen Pflicht und Kür unterscheiden



Die Aufgaben und das, was die Gemeinden für ihre Bürger leisten, sind sehr unterschiedlich. Unterschiede ergeben sich zwischen ländlichen und städtischen Gemeinden und sogenannten reichen und armen Gemeinden. Nicht jede „Aufgabe“ bzw. Leistung, die von Gemeinden bereitgestellt wird, kann über einen derartigen Verteilungsmechanismus finanziert werden. Man muss zwischen sogenannten Basis- oder Pflichtaufgaben, die jede Gemeinde zu erfüllen hat, und freiwilligen Aufgaben und Leistungen, die zur Standortverbesserung und -attraktivierung dienen unterscheiden. Zusätzlich ist es erforderlich, gewisse Normkosten und Benchmarks einzuführen, da nicht automatisch jeder Aufwand ersetzt werden kann.



Diese für eine aufgabenorientierte Finanzierung notwendige Vorarbeit wurde noch nicht geleistet. Es besteht noch keine Einigung darüber was als Basis/Pflichtaufgaben und darüber hinausgehende Aufgabenerfüllung anzusehen ist.



Es erscheint auch schwierig, nur einen Teilaspekt herauszunehmen, der aufgabenorientiert finanziert wird, und damit in die finanzielle Beziehung nur partiell einzugreifen. Die gesamte finanzielle Situation der Gemeinden ist nämlich zu berücksichtigen. Zwangsläufig sind mit einer aufgabenorientierten Finanzierung finanzielle Verschiebungen verbunden, die keiner hinnehmen will und kann.

Beispiel Elementarpädagogik



Wie komplex die Sachlage ist, zeigen die Verhandlungsrunden bei der aufgabenorientierten Elementarpädagogik. Zuerst mussten die entsprechenden Daten erhoben, ergänzt und geprüft werden. Gleichzeitig war man mit verschiedenen Begrifflichkeiten konfrontiert, da Kinderbetreuungs- einrichtungen in den Bundesländern durchaus unterschiedlich bezeichnet und betrieben werden. Nicht berücksichtigt waren beispielsweise auch Tagesmütter, die einen Teil der institutionellen Kinderbetreuung erbringen und auch von Gemeinden finanziert werden.



Überhaupt ist die Gesamtfinanzierungssituation länderweise unterschiedlich. In Niederösterreich werden beispielsweise die Kindergartenpädagoginnen vom Land als Personalsubvention zur Verfügung gestellt. In anderen Ländern wird in unterschiedlichem Ausmaß ein finanzieller Zuschuss gewährt.



Darüber hinaus ist es sehr schwierig, die Zuordnungskriterien für die aufgabenorientierte Finanzierung zu finden. Ist Grundlage die Anzahl der Kinder, der Gruppen, der Öffnungszeiten, der Schließtage, der Betreuung von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache etc.? Wie werden Aufwendung anderer Art, wie Transportkosten für Gemeinden ohne Standort eines Kindergartens, berücksichtigt? - Viele Kriterien und Anknüpfungspunkte, die insgesamt ein sehr komplexes System nach sich ziehen.



Die Daten, die einem derartigen Modell zugrunde gelegt werden, müssen nachvollziehbar und valide sein. Sie unterliegen auch entsprechenden Veränderungen, was eine Anpassung erfordert.

Besonders schwierig ist der Umstand, dass die aufgabenorientierte Finanzierung aus einem Anteil der Gemeindeertragsanteile erfolgen soll. Ein bestimmter Prozentsatz soll vorweg abgezogen und nach diesen Kriterien aufgeteilt werden.

Werden Vorreiter bestraft?



Ausgehend vom Status quo gibt es damit Befürchtungen, dass diejenigen bestraft werden, die jetzt schon ein hohes Angebot bereithalten und deswegen, weil andere dann aufholen, weniger Mittel erhalten. Aber auch diejenigen, die wegen geringer Kinderzahl ihr Angebot reduzieren müssen, haben die Befürchtung, dann weniger Mittel aus dem Finanzausgleich zu erhalten. Damit zeigt sich, dass die aufgabenorientierte Finanzierung nicht so einfach umsetzbar ist.

Mehr Mittel erforderlich



Wenn mit der Aufgabenorientierung auch eine Verbesserung des Angebots einhergehen soll, bedarf es zusätzlicher Mittel. Aber weder eine Integration der §15a-Mittel, die der Bund bereitstellt noch eine dauerhafte Absicherung dieser Mittel, noch zusätzliche Mittel für diese Aufgabe sind vorgesehen. Über die Auswirkungen des diskutierten zweiten verpflichtenden Kindergarten- jahres wurde überhaupt noch nicht gesprochen.



Der aufgabenorientierte Finanzausgleich kann aber nicht bedeuten, dass mehr Kinderbetreuungseinrichtungen mit höherer Qualität bereitgestellt werden und die Gemeinden sich den damit verbunden Aufwand selbst finanzieren.