Hans Braun: „Wie viele zentrumsnahe Straßen gibt es, die viel zu schmal sind, um die ge-forderten Abstände auch nur annähernd einzuhalten?“

Da wird’s bald wieder eine Novelle brauchen

Die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung gilt seit 1. Oktober. Neben vielen positiven Ansätzen wie beispielsweise der Möglichkeit zur Gestaltung einer Schulstraße gibt es aber auch einige Punkte, die zwar erlassen, deren Durchführbarkeit und Realitätsnähe aber zumindest zu hinterfragen sein wird.

Zum Beispiel der seitliche Abstand beim Überholen von Radfahrer:innen – eineinhalb Meter im Ortsgebiet und zwei Meter auf Landstraßen. Wenn beide „Parteien“, Überholer und Überholter, entspannte und vernünftige Verkehrsteilnehmer sind, werden nicht viele Probleme auftauchen. Allerdings gibt es bei beiden Parteien aggressive Typen, wo dann eine Flut an Anzeigen zu erwarten ist. Allerdings nur einseitig, denn als Autofahrer ist man identifizierbar, als Radfahrer nicht. Und das scheint so manchem, so mancher, in den Kopf gestiegen zu sein. Handy gezückt, Foto gemacht, Anzeige, fertig. Das ist zu einseitig und zu einfach!

Gleiches gilt für das „Hineinragen von parkenden Fahrzeugen in Fuß- und Radverkehrsanlagen“. Eine „Spiegelbreite“ ist weder genau noch überwachbar. 

Anscheinend hat sich auch niemand die Mühe gemacht, tatsächliche Gegebenheiten in den vielen Gemeinden anzusehen, die nicht Wien heißen. Wie viele zentrumsnahe Straßen gibt es, die viel zu schmal sind, um die geforderten Abstände auch nur annähernd einzuhalten? Das war schon bei den Mindestbreiten von Gehsteigen so – wenn’s auf dem Normungspapier steht, dann muss das klappen. Und wenn’s nicht klappt, muss halt die Kirche oder das Nachbarhaus weichen, damit der Gehsteig breit genug wird. Und jetzt wird er noch enger.
 
Irgendwie erweckt die Novelle den Eindruck, als müsste alles (gleich ob andere Verkehrsteilnehmer, andere Interessen, andere Raumnutzungen, andere Notwendigkeiten) den Mobilitätsformen „Gehen oder Radfahren“ untergeordnet werden.