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Im Rückblick zeigt sich, dass vor allem die Leistungen der Daseinsvorsorge, also Wasser, Kanal, Müll etc., einwandfrei funktioniert haben. Außerdem ist auch der Zusammenhalt in der Bevölkerung in der Krisenzeit weiter gewachsen, wenn man etwa an die vielen Freiwilligen denkt, die Besorgungsdienste übernommen haben.
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„Auf die Gemeinden ist Verlass“

Die große Bürgermeister-Umfrage des Gemeindebundes zum Umgang mit der Corona-Krise zeigt in einer ersten Zwischenbilanz auf: Bürgermeister waren als Krisenmanager gefragt. Belastend für die Gemeinden bleibt dennoch vor allem die finanzielle Situation. Darüber hinaus stellen die Kommunalpolitiker fest, dass ein Netzausbau mit Digitalisierungsschub so rasch wie möglich kommen muss.

Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Beitrags hat die Bundesregierung aus Sorge vor einer unkontrollierbaren Verbreitung des Coronavirus neuerlich die Corona-Maßnahmen verschärft. Einige Tage davor wurde auch die Quarantäne über die Salzburger Gemeinde Kuchl verhängt. Die Zahl der Infizierten sorgt für eine neuerlich angespannte gesundheitliche Situation.

Seit Freitag, 23. Oktober, dürfen sich bei allen Veranstaltungen und Privat-Treffen ohne Sitzplatz-Zuweisung nur mehr maximal sechs Erwachsene indoor treffen, im Freien nur mehr zwölf. Der Ausschank von Speisen und Getränken wurde auch verboten.

Bundeskanzler Sebastian Kurz appellierte bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Regierungsspitze eindringlich an die Bevölkerung, alle Regeln einzuhalten. „Die nächsten Monate werden ein rot-weiß-roter Kraftakt werden“, sagte er. „Es werden herausfordernde Monate, aber je besser wir zusammenhalten, je besser jeder Einzelne mitmacht, desto besser werden wir durch diese Phase kommen.“ Wie bisher vorgeschrieben gelten die Grundregeln des Abstandhaltens, die Hygienevorschriften und das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes.

Neu ist, dass alle Veranstaltungen über den genannten Grenzen (sechs bzw. zwölf Personen) künftig anzeigepflichtig bei der Gesundheitsbehörde sind. Innenminister Karl Nehammer erinnerte auch daran, dass bei Zuwiderhandeln auch Strafen drohen. Den Bundesländern steht es weiterhin frei, regionale Regeln zu erlassen, wie etwa die Vorverlegung der Sperrstunde oder die Gäste-Registrierung in der Gastronomie.

Gemeindevertreter bleiben gefordert

Bei all den neuen Maßnahmen ist weiter eines klar: Die Gemeinden und damit die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Gemeinderäte und die Bediensteten sind nun wieder stärker gefordert. Einerseits geht es um die Kommunikation der Maßnahmen der Bundesregierung und andererseits darum, auch die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger zu motivieren, sich an die wesentlichen Grundregeln zu halten, also Abstand zu halten, Kontakte zu reduzieren, Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Gerade die Kommunalpolitiker spüren den Druck aus der Bevölkerung und von Vereinen, wenn etwa Maßnahmen von Bund oder Ländern das soziale Leben in der Gemeinde direkt treffen. Eine Herausforderung – neben vielen anderen, wie etwa dem Rückgang der Einnahmen –, die es auch in den nächsten Monaten zu meistern gilt.

Bürgermeister sind wichtigste lokale Krisenmanager

Der österreichische Gemeindebund hat über die Sommermonate die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nach ihren Sorgen, Problemen und Herausforderungen in der ersten Phase der Krise befragt. 707 Ortschefs aus ganz Österreich haben teilgenommen.

Bei der Präsentation der Umfrageergebnisse mit dem Meinungsforschungsinstitut „Demox Research“ fasste Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl die Kernaussage folgendermaßen zusammen: „Die Bürgermeister sind die wichtigsten lokalen Krisenmanager und auf uns Gemeinden ist Verlass, auch wenn es uns nicht immer einfach gemacht wird.“

Was hat in der Krise funktioniert?

Wo sind die Herausforderungen der Krise?

72 Prozent der Ortschefs gaben etwa an, dass Österreich „deutlich besser“ durch die Krise gekommen sei als andere Länder. Auch bei der Bewertung der Corona-Maßnahmen ist das Bild eindeutig: 93 Prozent sagen, dass die Maßnahmen richtig und notwendig waren, und zwar quer durch alle Fraktionen.
Im Rückblick zeigt sich, dass vor allem die Leistungen der Daseinsvorsorge, also Wasser, Kanal, Müll etc. einwandfrei funktioniert haben.

Zusammenhalt hat sich verbessert

Außerdem ist auch der Zusammenhalt in der Bevölkerung in der Krisenzeit weiter gewachsen, wenn man etwa an die vielen Freiwilligen denkt, die Besorgungsdienste übernommen haben. Nach Einschätzung der Bürgermeister hat auch die Eigenverantwortung der Bürger in der Gemeinde zugenommen. Besonders herausfordernd für die Gemeinden waren und sind aber die finanziellen Belastungen durch sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben.

Sorge um wirtschaftliche Situation der Gemeinden

Zwei Drittel der Bürgermeister sorgen sich weiterhin um die wirtschaftlichen Folgen der Krise für ihre Gemeinden, und 84 Prozent der Bürgermeister wünschen sich einen Krisenfonds, der durch die Krise verursachte Mehrkosten der Gemeinden abdeckt. 82 Prozent sehen in den wirtschaftlichen Einbußen große Herausforderungen. 75 Prozent nannten Erlässe und Verordnungen, gefolgt vom eingeschränkten Vereinsleben und der Kinderbetreuung. Aber auch der Wegfall des Tourismus spielt in der Einschätzung vieler Ortschefs eine Rolle.

Der Gemeindebund hat sich schon früh für Unterstützungen für die Gemeinden durch Bund und Länder stark gemacht. „Anfang Juli haben wir die Gemeindemilliarde für regionale Investitionen erhalten. Das Programm wird bereits intensiv in Anspruch genommen. Aber auch die Länder waren gefordert, ihrerseits die Gemeinden zu unterstützen. Bisher haben die Bundes­länder zusätzlich rund 350 Millionen Euro frisches Geld bereitgestellt“, erläutert Riedl.

Der Gemeindebund hat auch den Zugang zu günstigen Finanzierungen über Darlehen der Bundesfinanzierungsagentur und die Verlängerung des Finanzausgleichs um zwei Jahre gefordert. „Die Hilfen bisher waren wichtig und notwendig. Jetzt geht es um die Planung fürs nächste Jahr und da brauchen die Gemeinden Planungssicherheit und auch zusätzliche finanzielle Mittel, vor allem wenn die Pandemie weiter andauert. Es braucht deswegen einen runden Tisch mit Bund, Ländern und Gemeinden, damit keine Gemeinde auf der Strecke bleibt“, betont Riedl.

Gemeinden brauchen Infos über Erkankte

Ein weiteres wichtiges Thema der Gemeinden ist die Information über Covid-19-Erkrankte. „Wir haben es schon im April gesagt: Wer eine Pandemie wirksam bekämpfen will, braucht die Informationen zu Covid-Erkrankten auf lokaler Ebene. Es kann nicht sein, dass Datenschutz wichtiger ist als die Gesundheit unserer Bevölkerung“, erläutert der Gemeindebund-Präsident und ergänzt, dass „wir Bürgermeister in vielen anderen Bereichen auch an die Amtsverschwiegenheit gebunden sind und deswegen genau wissen, wie wir mit sensiblen Informationen umzugehen haben.“

Als Gesundheitsbehörden haben die Bürgermeister bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle und mit der Information über Corona-Erkrankte könnte vor Ort die Unterstützung weiter verbessert werden.

Verordnungen der Regierung müssen besser kommuniziert werden

Die Umfrage zeigt auch, dass bei der Kommunikation von Verordnungen der Bundesregierung Verbesserungsbedarf besteht. Gerade zu Beginn des Lockdowns haben die Gemeinden die Informationen, was vor Ort zu tun ist (Stichwort: Betretungsverbote, Veranstaltungen, Begräbnisse etc.) allzu oft aus den Medien erfahren müssen, weil Verordnungen und Regelungen oft später und dann auch lückenhaft veröffentlicht wurden.

„Für die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung ist es auch in Zukunft wichtig, dass Regelungen einfach, widerspruchsfrei und auch nachvollziehbar sind. Als Gemeinden haben wir vielfach mit Flugblättern und Plakaten auf neue Maßnahmen hingewiesen und damit auch einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Krise geleistet“, betont Alfred Riedl. In Zukunft brauche es laut dem Gemeindebund eine zentrale Behörden-Info-Plattform, wo alle Gebietskörperschaften gleichzeitig neue Infos über neue Regeln und Verordnungen erhalten.

Homeoffice braucht Breitband

In der Krisenzeit hat sich auch in allen Regionen gezeigt, wie notwendig ein flächendeckendes und leistungsfähiges Glasfasernetz ist. Mit Homeoffice und Homeschooling sind die Netze vielerorts an ihre Grenzen gestoßen. Es braucht nun endlich einen raschen Digitalisierungsschub und einen schnellen Netzausbau, damit auch in Zukunft Arbeiten von zu Hause möglich ist.