Wenn für einen Mitarbeiter Zulagen nach einer Abberufung wegfallen
Der Kläger stand seit mehr als 20 Jahren in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur beklagten Stadtgemeinde; auf dieses Dienstverhältnis sind die Bestimmungen des NÖ Gemeindevertragsbedienstetengesetzes 1976 (NÖ GVBG) anzuwenden.
Kläger war Wirtschaftshofleiter
In der Klage machte der Kläger geltend, dass er aufgrund eines „Sonderdienstvertrages“ angestellt worden sei. Es war nicht strittig, dass der Kläger von Beginn an als Wirtschaftshofleiter beschäftigt worden ist. Diese Position (respektive dieser Funktionsdienstposten, nämlich der Leiter des Wirtschaftshofes) ist während des Dienstverhältnisses unterschiedlich bezeichnet worden; z. B. wurde der Kläger ursprünglich als Vorarbeiter eingestellt. Die Art der Tätigkeit hat jedoch immer der Leitung des Wirtschaftshofes entsprochen.
Im Verfahren unstrittig war auch, dass die Abberufung des Klägers vom Dienstposten des Leiters des Wirtschaftshofes nicht bekämpft worden ist. Der Kläger hat jedoch geltend gemacht, dass er mit der Position des Vorarbeiters bzw. des Leiters des Wirtschaftshofes, also mit dem entsprechenden „Funktionsdienstposten“ formal niemals richtig betraut worden wäre.
Kein „Sonderdienstvertrag“ abgeschlossen
Der Prozessstandpunkt der von mir vertretenen Stadtgemeinde lässt sich im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen, dass mit dem Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages kein „Sonderdienstvertrag“ abgeschlossen worden ist, weil der Dienstvertrag als Vorarbeiter erst mit Beschluss des Gemeinderates, jedoch vor Beginn des Dienstverhältnisses genehmigt wurde. Die Abberufung erfolgte hingegen aus disziplinären Gründen, weil der Kläger sich einer Dienstpflichtenverletzung gemäß § 4 NÖ GVBG schuldig gemacht hat.
Zulagen wurden nicht mehr ausbezahlt
Da die Personalzulage und die Bereitschaftszulage mit der Innehabung des Funktionsdienstpostens „Leiter des Wirtschaftshofes“ verbunden war, wurde sie dem Kläger daher zurecht nicht mehr ausbezahlt. Mangels Ausübung des Funktionsdienstpostens „Leiter des Wirtschaftshofes“, standen daher dem ehemaligen Leiter des Wirtschaftshofes der beklagten Stadtgemeinde keine mit diesem Funktionsdienstposten verbundenen Zulagen mehr zu.
Mündliche Zusagen?
Im Beweisverfahren waren verschiedene Rechtsfragen zu klären, insbesondere, ob sich der Kläger zu Recht auf mündliche Zusagen von Gemeindevertretern berufen durfte. Dies im Sinne seines Vorbringens, dass mit ihm ein „Sonderdienstvertrag“ abgeschlossen worden sei.
Außerdem sei bei den Gesprächen, die dem Abschluss des Dienstvertrages vorausgegangen seien, niemals von einem Funktionsdienstposten die Rede gewesen. Die Personalzulage und die Bereitschaftszulage seien ihm daher unabhängig von seiner Tätigkeit als Vorarbeiter (Leiter des Wirtschaftshofes) zugestanden, zumal der Kläger zu diesen Bedingungen das Dienstverhältnis aufgrund der mündlichen Zusagen der Gemeindevertreter eingegangen sei. Durch die Abberufung vom Funktionsdienstposten seien daher die genannten Zulagen, nämlich die Personalzulage und die Bereitschaftszulage, nicht weggefallen.
Das Urteil des Erstgerichts
Das Erstgericht konnte in seinem Urteil im Rahmen seiner Sachverhaltsfeststellung nicht feststellen, dass dem Kläger im Rahmen von mündlichen Gesprächen vor Abschluss seines Dienstvertrages die Auszahlung einer Personalzulage und Bereitschaftszulage zugesichert worden sei, nämlich ohne dass ein entsprechender Dienst ausgeübt wird.
Das Erstgericht folgte daher in seinem Urteil der Aussage des damaligen Bürgermeisters der Stadtgemeinde, wonach die Einstellung des Klägers auf Basis von Gemeinderatsbeschlüssen und auf Basis des Dienstpostenplanes der beklagten Stadtgemeinde erfolgt ist. Der Altbürgermeister konnte in seiner Aussage die Angaben des Klägers nicht bestätigen, dass dem Kläger mündlich Zulagen zugesagt worden seien, dies unabhängig von dem Funktionsdienstposten, den der Beklagte im Rahmen des Dienstvertrages für die Gemeinde ausgeübt hat.
Posten hätte ausgeschrieben werden müssen
In rechtlicher Hinsicht hat das Erstgericht, das LG St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht, ferner richtig festgehalten, dass nach § 2 Abs. 3 NÖ GVBG der Aufnahme als Vertragsbediensteter auf einen Funktionsdienstposten eine Ausschreibung des zu besetzenden Dienstpostens durch den Bürgermeister voranzugehen hat. In der Ausschreibung ist der Dienstposten zu bezeichnen. Ferner ist gemäß § 3 NÖ GVBG jeder Dienstvertrag schriftlich abzuschließen.
Gemäß § 11 Abs. 2 NÖ GVBG kann der Gemeinderat Vertragsbedienstete mit Dienstauftrag mit einem Funktionsdienstposten betrauen bzw. von einem Funktionsdienstposten abberufen. Der Dienstvertrag selbst kommt nur zustande, wenn der Gemeinderat gemäß § 35 Ziffer 21 NÖ GO 1973 seine Zustimmung erteilt hat.
§ 41 NÖ GVBG regelt zwar, dass es in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist, im Dienstvertrag Regelungen zu treffen, die zugunsten des Vertragsbediensteten von den Bestimmungen des NÖ GVBG abweichen, solche Dienstverträge bedürfen aber (ebenfalls) der vorherigen Genehmigung des Gemeinderates. Im Gegenstand lag aber eine dementsprechende Genehmigung des Gemeinderates nicht vor.
Zulagen wurden nicht mit Beginn des Dienstvertrages gewährt
Da sich der Kläger seinerzeit auf den Funktionsdienstposten des Vorarbeiters (Leiter des Wirtschaftshofes) beworben hatte, wurde sohin der Kläger bereits anlässlich des Abschlusses des Dienstvertrages mit dem Funktionsdienstposten des Leiters des Wirtschaftshofes betraut. Für diese Tätigkeit wurde ihm die Personalzulage und die Bereitschaftszulage – entgegen den Ausführungen des Klägers – nicht zu Beginn des Dienstverhältnisses, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt gewährt.
Damit stand nach Ansicht des Erstgerichtes fest, dass die Personalzulage sohin nur jenen Mitarbeitern gebührt, die mit der Leitung und Führung von Personen zu tun haben. Die Gewährung der Personalzulage wurde somit an die Funktion des Leiters des Wirtschaftshofes geknüpft, gleiches galt auch für die Bereitschaftszulage.
Das Berufungsurteil
Gegen das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes hat der Kläger Berufung an das OLG Wien erhoben. Dieses hat mit kürzlich erfolgtem Urteil ausgesprochen, dass der Berufung nicht Folge gegeben wird.
Das Berufungsurteil ist dahingehend zusammenzufassen, dass dem Argument des Klägers, wonach keine formelle Ernennung auf den Funktionsdienstposten des Leiters des Wirtschaftshofes erfolgt ist (und womit sich das Erstgericht im Detail nicht auseinandergesetzt hatte) keine Bedeutung zukommt. Die Betrauung mit einem Funktionsdienstposten erfolgt gemäß § 11 NÖ GVBG mittels Dienstauftrag. Dienstaufträge sind entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als Weisung zu qualifizieren. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes bedarf es daher keiner formellen Ernennung auf einen Funktionsdienstposten, vielmehr ist die Betrauung eines Mitarbeiters mit einem Funktionsdienstposten der Gemeinde an keine bestimmten gesetzlichen Formvorschriften gebunden.
Keine „formelle Ernennung“
Das Berufungsgericht hat zudem entsprechend meinem Vorbringen in der Berufungsbeantwortung ausgeführt, dass sich der Kläger seinerzeit ausdrücklich auf die vakante Stelle des Vorarbeiters für den Wirtschaftshof, sohin für den verfahrensgegenständlichen Leitungsposten beworben hatte. In der Folge ist dem Kläger von der Stadtgemeinde noch vor Beginn des Dienstverhältnisses auch schriftlich mitgeteilt worden, dass seiner Bewerbung der Vorzug gegeben wird.
Es ist daher schon nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen das privatrechtliche Dienstverhältnis zustande gekommen. Schon aufgrund der Bewerbung als Vorarbeiter und der Annahme der Bewerbung durch die beklagte Stadtgemeinde ist die Betrauung mit dem der Bewerbung entsprechenden Funktionsdienstposten erfolgt, ohne dass es dafür einer gesonderten „formellen Ernennung“ bedurft hätte. Dies ist aus mehreren Gründen für die Tätigkeit einer Gemeinde im Personalbereich von Relevanz:
- Zum einen deshalb, weil es schon in faktischer Hinsicht oftmals unterbleibt, dass jemand für seinen Tätigkeitsbereich „formell“ ernannt wird. Entscheidend ist daher, für welche Tätigkeit sich jemand bei einer Gemeinde bewirbt, wobei auch darauf zu achten ist, wie die konkrete Ausschreibung lautet. In weiterer Folge kommt es darauf an, ob der Bewerber sodann tatsächlich für die ausgeschriebene Tätigkeit eine entsprechende Zusage erhält (auf Basis eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses) und ob er danach auch entsprechend der ausgeschriebenen Position beschäftigt wird. Eines besonderen Verwaltungsaktes „formelle Ernennung“ bedarf es daher nicht. Eine allenfalls erfolgte „formelle Ernennung“ ist daher auch nicht Voraussetzung für die Gewährung entsprechender Zulagen; Voraussetzung für die Gewährung entsprechender Zulagen ist vielmehr der entsprechende Funktionsdienstposten und die Beschlussfassung im Gemeinderat über die Gewährung dieser Zulagen.
- Zum anderen gilt grundsätzlich – auch dies wurde durch die vorgenannten Entscheidungen bestätigt, dass mündliche Zusagen – abgesehen davon, dass deren Bestand im gegenständlichen Verfahren vom Kläger nicht unter Beweis gestellt werden konnte – grundsätzlich nicht gelten. Mündliche Zusagen würden nur dann im Arbeitsverhältnis zwischen Gemeinde und Mitarbeiter Wirkung entfalten, wenn hiefür ein gesonderter Beschluss des Gemeinderates erfolgt ist (womit diese Zusagen auch schriftlich festgehalten würden).
Mündliche Zusagen binden den Gemeinderat nicht
Im gegenständlichen Fall hat daher nur das gegolten, was der Gemeinderat tatsächlich beschlossen hat. Dass der Dienstvertrag des Klägers – mit einer handschriftlichen Ergänzung – als „Sonder-Dienstvertrag“ überschrieben wurde, änderte daran nichts. Dies allein schon deswegen, weil mündliche Zusagen von Gemeindevertretern, und zwar auch eines Bürgermeisters, den Gemeinderat nicht binden können. In allen Angelegenheiten, in denen es daher der Beschlussfassung des Gemeinderats bedarf, reichen daher mündliche Zusagen nicht aus, sie entfalten keine Rechtswirkung zwischen den Vertragsparteien.
Keine vertragsändernde Versetzung
Auch das Berufungsgericht hat bestätigt, dass der Kläger von seinem Funktionsdienstposten des Leiters des Wirtschaftshofes abberufen wurde und dazu hat ausgesprochen, dass es sich nach der Rechtsprechung des OGH bei einer Abberufung von einem Funktionsdienstposten unter gleichzeitiger Betrauung mit einer Tätigkeit die dem vereinbarten Dienstzweig und der Verwendungsgruppe entspricht, um keine vertragsändernde Versetzung handelt.
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der Einschränkung, dass die Abberufung nicht aus unsachlichen Motiven, also willkürlich vorgenommen werden darf. Eine willkürliche Abberufung wurde vom Kläger jedoch niemals behauptet; der Kläger ist von der beklagten Stadtgemeinde von seinem Funktionsdienstposten vielmehr aus disziplinären Gründen abberufen worden. Mit der wirksamen, vom Kläger unbekämpften Abberufung, war somit auch für den Kläger der Verlust der Personalführung und der Verlust des Bereitschaftsdienstes verbunden, wonach daher auch nach Ansicht des Berufungsgerichtes diese Zulagen zu Recht nicht ausbezahlt wurden.
Der Kläger ist also auch mit seiner Berufung gescheitert und das erstgerichtliche Urteil wurde vollinhaltlich bestätigt.
Gemeinderat entscheidet über Aufnahme von Bediensteten
Im Ergebnis wurde auch durch diese Entscheidungen der Arbeitsgerichte (neuerlich) bestätigt, dass Dienstverhältnisse nach dem NÖ GVBG der Zustimmung des Gemeinderates gemäß § 35 Ziffer 21 NÖ GO 1973 bedürfen; die Zustimmung setzt hierbei einen Beschluss des Gemeinderates voraus. Nur dem Gemeinderat steht nämlich die Entscheidung über die Aufnahme von ständigen Bediensteten sowie über die Auflösung des Dienstverhältnisses von Gemeindebediensteten zu. Zu dieser Entscheidung zählt auch der Vertragsabschluss.
Gemäß § 41 NÖ GVBG sind zwar Sonderverträge zulässig, sie bedürfen aber ebenfalls der vorherigen Genehmigung, also Beschlussfassung des Gemeinderates. Es reicht daher nicht aus, sich auf mündliche Zusagen von Gemeindefunktionären, und sei es auch des Bürgermeisters, zu berufen.
Die genannten gesetzlichen Regelungen des NÖ GVBG und der NÖ GO 1973 sind keine Vorschriften der internen Willensbildung; sie entfalten daher in Zusammenschau mit der Judikatur des OGH Außenwirkung. Es wird dadurch die Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters eingeschränkt und es kann der Vertragspartner der Gemeinde sich nicht darauf berufen, dass der Vertreter der Gemeinde (z. B. Bürgermeister) zur Vornahme eines Geschäfts befugt sei, welches dem Gemeinderat vorbehalten ist.
Übertragung eines Funktionsdienstpostens bedarf keiner formellen Ernennung
Selbst im Fall, dass die Arbeitsgerichte festgestellt hätten, dass die eingeklagten Zulagen mündlich zugesichert worden seien, hätte diese Zusage die beklagte Stadtgemeinde nicht wirksam gebunden, weil kein entsprechender Beschluss des Gemeinderates vorlag.
Auch unter Beachtung der erfahrungsgemäß eher dienstnehmerfreundlichen Rechtsprechung der Arbeits- und Sozialgerichte kann daher zugunsten von Gemeinden zusammenfassend festgehalten werden, dass die Übertragung eines Funktionsdienstpostens, also einer Leitungsfunktion, keiner formellen Ernennung bedarf und allfällige mündliche Zusagen dann nicht gelten, wenn sie nicht durch entsprechende Beschlüsse des Gemeinderates bestätigt worden sind, sohin wirksam zustande gekommen sind.