Gemeinden sind sowohl zivilrechtlich als auch aus der Hoheitsverwaltung schadenersatzrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt.
© © Magele-picture - adobe.com

Amtshaftung

Gegen Haftungsfälle versichern

Gemeinden sind durch ihre Tätigkeiten in vielfacher Hinsicht schadenersatzrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt. Vorauszuschicken ist, dass Schadenersatz bei Gemeinden „zweizuteilen“ ist, und zwar in zivilrechtliche Haftung aus Privatwirtschaftsverwaltung und Amtshaftung aus Hoheitsverwaltung.

Tritt ein Schaden im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ein, so besteht die Haftung nach dem Schadenersatzrecht des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Wird die Gemeinde hoheitlich, also als Behörde tätig und entsteht dadurch ein Schaden, so ist dieser nach den schadenersatzrechtlichen Grundsätzen des Amtshaftpflichtgesetzes (AHG) zu beurteilen.

Die Ausgangslage ist also unterschiedlich; an zwei Beispielsfällen soll die Problematik behandelt werden.

Haftung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung

Vor ein paar Jahren wurde im Badeteich eines See- und Naturbades, welches von einer Gemeinde betrieben wurde, ein Bub von einem Hecht in den Fuß gebissen und verletzt. Der Fall wurde gerichtsanhängig; die Gemeinde wurde zur Zahlung von Schmerzengeld und zur Haftung für zukünftige Schäden verurteilt. Gestützt wurde diese erstgerichtliche Entscheidung, die das Berufungsgericht bestätigt hat, auf die Tierhalterhaftung des § 1320 ABGB.

Hecht
Eine Gemeinde musste Strafe zahlen, weil ein Hecht einen Buben attackiert hatte. Foto: crisod - stock.adobe.com

Die Tierhalterhaftung betrifft den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung einer Gemeinde wie dies beispielsweise beim Betrieb eines See- und Naturbades der Fall ist. Die in einem See- und Naturbad lebenden Tiere, sohin auch die darin lebenden Hechte, sind von der Bestimmung der Tierhalterhaftung des § 1320 ABGB umfasst; die Gemeinde ist also im rechtlichen Sinn „Halter“ der im Badeteich lebenden Hechte. Die Gemeinde trifft daher die Verpflichtung, die von ihr gehaltenen Tiere entsprechend zu beaufsichtigen und zu verwahren.

Im Urteil wurde ausgesprochen, dass nur durch ein professionelles Abfischen eines allfälligen Überbestandes das damit verbundene, gesteigerte Aggressionspotential der Hechte eingedämmt wird und dadurch eine Gefährdung der Menschen durch Hechtangriffe reduziert werden kann. Der Gemeinde wäre es daher zumutbar gewesen, in regelmäßigen Abständen den Hechtbestand des Badeteiches so zu regulieren, dass kein Überbestand von Hechten eingetreten wäre, womit auch das damit verbundene Aggressionspotential nicht wahrscheinlich geworden wäre.

Die Gemeinde hat daher im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung darauf zu achten, dass ein übermäßiger Fischbestand (Hechtbestand) vermieden wird. Gelingt der entsprechende Nachweis nicht – nämlich dass der Fischbestand regelmäßig kontrolliert und ein Überbestand abgefischt wurde – haftet sie für Schäden, die durch den Überbestand und der damit verbundenen Aggression der Hechte verursacht werden.

Gleiches gilt natürlich für jede Art von Tierhaltung, aber auch für Anlagen schlechthin, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung von einer Gemeinde betrieben werden, wie z. B. ein Spielplatz. Im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wird die Gemeinde dafür zu sorgen haben, dass Spielplatzgeräte nicht nur entsprechend den Produktionsvorgaben betrieben werden, sondern auch regelmäßig gewartet und instandgehalten werden.

Sollte sich ein Kind verletzen und sich herausstellen, dass die Ursache ein nicht ordnungsgemäß gewartetes Gerät des Spielplatzes ist, würde die Gemeinde im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung als Betreiber des Spielplatzes ebenfalls für den entstandenen Schaden haften (Schmerzengeld, Behandlungskosten etc.).

Amtshaftung nach dem Amtshaftpflichtgesetz

Hoheitliche Tätigkeit führt zwingend zu einer Amtshaftung; dies natürlich nur dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen bei Eintritt eines Schadens dafür vorliegen. Hoheitlich wird eine Gemeinde dann tätig, wenn sie behördliche Maßnahmen verfügt (also aktiv ausübt) oder unterlässt (also etwas nicht tut, wozu sie verpflichtet wäre).

Beispielsweise in einem Bauverfahren eine unrichtige Baubewilligung erlässt oder aber einen polizeilichen Abbruch eines Gebäudes nicht verfügt, welcher aber notwendig gewesen wäre, um den Eintritt eines Schadens zu verhindern.

In einem Fall wurden gegenüber einer von mir vertretenen Gemeinde Ansprüche geltend gemacht, weil es die Gemeinde gemäß § 43 Abs 1 lit b StVO unterlassen haben soll, eine Verkehrsbeschränkung bzw. ein Verkehrsverbot auszusprechen. Konkret wurde geltend gemacht, dass dann, wenn der Zustand bzw. die Benützung einer Straße, welche im unmittelbaren Bereich eines Gebäudes gelegen sei, dessen Sicherheit und/oder von Personen die sich dort aufhalten würden, gefährden würde, die Behörde dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen zu erlassen habe.

Dies sei im Gegenstand jedoch nicht erfolgt und sei dadurch ein Schaden am anrainenden Gebäude des Anspruchsstellers entstanden. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen Amtshaftungsanspruch, der allenfalls durch ein Untätigwerden der Behörde eintreten könnte.

Unterschiedliche Versicherungsdeckungen

Beim Schaden wird man in der Regel von einem Vermögensschaden ausgehen können.

Während im Fall der Schadenersatzpflicht aus dem Anspruch der Privatwirtschaftsverwaltung nur eine Haftpflichtversicherung der Gemeinde den Schaden abdecken kann, kann ein entstandener Schaden nach dem Amtshaftpflichtgesetz nur mit einer Amtshaftpflichtversicherung abgesichert werden.

Zu beachten ist, dass eine bloße Haftpflichtversicherung (Vermögensschadenhaftpflicht) für natürliche Personen sowie deren Stellvertretern in ihren gegenwärtigen ehemaligen oder zukünftigen Tätigkeiten als versicherte Personen, wie z. B. für Bürgermeister, Vizebürgermeister, Ortsvorsteher, Mitglieder des Gemeindevorstandes, Stadtrates oder Stadtsenates, Mitglieder des Gemeinderates und Amtsleiter, Stadtamtsdirektor oder Magistratsdirektor, nur diese Personen, nicht allerdings die Gemeinde selbst absichert.

Bei einer Haftpflichtversicherung für Personen sowie deren Stellvertreter im Rahmen der Tätigkeit dieser Personen für eine Gemeinde handelt es sich also nur um eine Versicherung dieser Personen. Es sind also nur die betroffenen Personen selbst bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit für den Fall versichert, dass durch eine von ihnen zu verantwortende Pflichtverletzung ein Schaden entsteht.

Es ist daher darauf zu achten, dass für die Gemeinde selbst eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen wird, um Schäden, die einen Anspruch aus der Privatwirtschaftsverwaltung begründen, zu decken. Gleiches gilt auch für Schäden, die durch hoheitliche Tätigkeit ausgelöst werden, sodass für diese Fälledie Gemeinde eine Amtshaftpflichtversicherung abschließen muss.

NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds

In Niederösterreich besteht für den Fall, dass Gemeinden keine Amtshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben, im Haftungsfall zur Deckungsabsicherung ein Amtshaftungsausgleichsfonds. Dieser ist meiner Ansicht nach jedoch nicht die Lösung des Problems.

Gemäß § 10 Abs 1 NÖ Amtshaftungsausgleichsfondsgesetz ist zwar eine Gemeinde dazu verpflichtet – bei sonstigem Anspruchsverlust gemäß § 10 Abs 4 leg cit – den NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds von der Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen zu informieren. Der NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds muss dann der Gemeinde mitteilen, ob er den Anspruch anerkennt oder die Gemeinde auffordern, den Anspruch zu bestreiten. Für den Fall, dass der NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds den Anspruch anerkennt, wird dieser vom Fonds befriedigt.

In der Regel deckt sohin der NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds – entweder vorweg oder als Folge einer gerichtlichen Verurteilung der Gemeinde – zwar den entstandenen Schaden; der NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds übernimmt jedoch keine Kosten, die der Gemeinde durch die Abwehr eines behaupteten Amtshaftungsanspruches entstehen. Geht daher der Prozess verloren, bleibt die Gemeinde auf den entstandenen Prozesskosten einschließlich (oft hohen) Sachverständigenkosten „sitzen“.

Nur der Abschluss einer Amtshaftpflichtversicherung verhindert für die Gemeinde im Amtshaftungsfall, dass die Abwehr von Ansprüchen mit keinem Kostenrisiko verbunden ist.

Empfehlung

Jeder Gemeinde ist zu empfehlen, ihre bestehenden Versicherungsverträge gewissenhaft unter Einbeziehung eines kundigen Versicherungsmaklers prüfen zu lassen. Für Schadenersatzansprüche aus dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung ist vernünftigerweise eine Haftpflichtversicherung mit angemessenen Deckungssummen abzuschließen; das gleiche gilt auch für den Abschluss einer Amtshaftpflichtversicherung, weil der NÖ Amtshaftungsausgleichsfonds keine hinreichende Deckung im Amtshaftungsfall bietet.

Jede Gemeinde ist daher gut beraten, selbst für eine ausreichende finanzielle Vorsorge im Schadensfall zu sorgen!