Wasserrechtsverfahren und Hochwasserschutz

Gegenstand eines zivilrechtlichen Verfahrens ist die Frage, ob die Gemeinde im Zuge wasserrechtlich bewilligter Kanalisationsarbeiten eine Veränderung des Straßenniveaus einer Gemeindestraße vorgenommen hat.

Behauptet wird, dass durch die Anhebung der Gemeindestraße im Zuge von Kanalisationsarbeiten der Hochwasserabflussbereich zu Lasten eines bestimmten Anrainers verändert worden sei. Die Gemeinde war glücklicherweise in der Lage, Vermessungsunterlagen vorzulegen, womit das unveränderte Höhenniveau vor Beginn der Kanalisationsarbeiten und danach bewiesen werden konnte. Die Einholung eines Gutachtens hat diesen Sachverhalt bestätigt; der Sachverständige aus dem Bereich der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft/Technische Geologie konnte keine nennenswerten Höhenunterschiede der Gemeindestraße im Verhältnis vor und nach Durchführung der Kanalisationsarbeiten feststellen.



Durch das Gutachten ist hervorgekommen, dass eine Gefährdung durch Hochwasser für die Liegenschaft der klagenden Partei auch durch das Absenken des Straßenniveaus weiterhin bestehen würde. Hochwasserereignisse können hinsichtlich ihrer Quantitäten nicht prognostiziert werden. Es kann daher für die Zukunft keine Aussage darüber getroffen werden, dass bei Absenken des Straßenniveaus ein Hochwasserereignis betreffend das Grundstück des Anrainers ausgeschlossen werden könnte.



Neben der sachverständigen Einschätzung der Hochwassersituation im Bereich des verfahrensgegenständlichen Baches ist aber die heranzuziehende Rechtslage entscheidend: Maßnahmen zur Hochwasserabwehr gehören zu den wesentlichen Regelungsbereichen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959). Weder aus dem WRG 1959 noch aus einschlägigen Neben- bzw Schutzgesetzen lässt sich jedoch eine Verpflichtung einer Gemeinde ableiten, Schutz- und Regulierungswasserbauten herzustellen. § 42 WRG 1959 bestimmt vielmehr, dass die Herstellung von Vorrichtungen und Bauten gegen die schädlichen Einwirkungen des Wassers zunächst denjenigen überlassen bleibt, denen die bedrohten oder beschädigten Liegenschaften und Anlagen gehören.



Auch nach der Rechtsprechung treffen die mit dem von der Natur vorgesehenen Wasserverlauf verbundenen Nachteile grundsätzlich jenen, in dessen Vermögen sie sich ereignen. Aus der bloßen Unterlassung von Vorkehrungen gegen Naturgefahren können daher keine Ersatzansprüche abgeleitet werden.



Für den gegenständlichen Sachverhalt gilt daher, dass nur eine Änderung des Höhenniveaus einen Ersatzanspruch begründen hätte können, weil damit – wenn durch eine Erhöhung die Hochwassergefahr für den betroffenen Anrainer erst ausgelöst oder vergrößert worden wäre – die Gemeinde eine Gefahrenquelle geschaffen hätte, für die sie haftet.



Da dies nicht der Fall ist, entfällt meines Erachtens eine schadenersatzrechtliche Anspruchsgrundlage.



Das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Für Gemeinden gilt aber jetzt schon, darauf zu achten, dass zum einen keine Gefahrenquellen in einem potentiellen Hochwasserbereich geschaffen werden und zum anderen keine Verpflichtung zur Vorsorge gegen Schäden aus Hochwasser gemäß den Bestimmungen des WRG 1959 besteht.