
Der oberösterreichische Gemeindetag fand heuer in Gmunden statt.
Warnung vor Kostenexplosion
Oberösterreichs Gemeinden geht es, nachdem sie mit am schwersten von der Finanzkrise getroffen wurden, wieder besser. Trotzdem warnen OÖ Gemeindebund-Präsident Hans Hingsamer und sein Landesdirektor Hans Gargitter vor Kostenexplosionen - und zwar vor allem bei der Mindestsicherung und bei der Finanzierung der Krankenanstalten.
„Wir glauben schon, dass diese enorme Steigerung mit der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit zu tun hat, da durch den Wegfall der Filterwirkung „Vorstellungsverfahren“ die Herausforderung für die Gemeinden wesentlich verstärkt wurde“, erklärt Gargitter den starken Anstieg der Anfragen. „Um auch die Gemeindemitarbeiter für die stärkeren Herausforderungen zu rüsten, werden die Schulungsangebote aufgestockt.“
Gemeindekooperation war ein weiteres Thema Gargitters: Es könnte so funktionieren, dass die Gemeinden mehr oder weniger vor jeder Anschaffung oder Wiederbeschaffung Überlegungen anstellen, ob eine Kooperation mit anderen Gemeinden möglich ist. Hiervon könnten Personaleinstellungen genauso wie Geräteanschaffungen, Gebäudeeinrichtungen und vieles mehr erfasst sein. Weitere Kooperationsfelder liegen aus Sicht des Gemeindebundes auch in der Raumordnung, so beispielsweise bei der gemeindeübergreifenden Planung von Industrie- und Gewerbestandorten.
„Kräfte sinnlos einsetzen zu müssen, passt uns nicht.“
Zuletzt bei der Abwicklung der Bundespräsidentenwahl waren viele Gemeindebedienstete auch sonntags im Einsatz. Ähnlich ist dies bei den Bauhofmitarbeitern in der Vor- und Nachbereitung von großen Festen. „Kräfte sinnlos einsetzen zu müssen, passt uns aber nicht“, so Hans Hingsamer. Gerade die Auflage von Wählerverzeichnissen oder die Wochenendeinsätze bei Volksbegehren springen dem Interessenvertreter dabei ins Auge. „Umfragen bei unseren Mitgliedsgemeinden haben ergeben, dass im Sommer des Vorjahres bei einem Volksbegehren am Samstag im Durchschnitt 2,9 Personen (nicht Prozent!) und am Sonntag 3,2 Personen pro Gemeinde das Volksbegehren unterschrieben haben. In rund 200 Gemeinden hat an den beiden Wochenendtage niemand unterschrieben. Die Gemeindeämter mussten aber jeweils mindestens zwei Stunden offengehalten werden und die dafür erforderlichen Personalkosten betrugen 60.000 Euro“, führt Hingsamer aus. Ähnlich hoch schätzt der Gemeindebund die Kosten für die geöffneten Samstage bei der Auflage der Wählerverzeichnisse.

Investitionen der Gemeinden steigen wieder
Nach den schwierigen Jahren 2010, 2011 und 2012 haben sich die Finanzen der Gemeinden erholt und sie sind in der Lage, anstehende Investitionen wieder zu tätigen. Pro Einwohner investierten die OÖ Gemeinden 2015 314 Euro (2014: 286 Euro/EW) und liegen damit im Durchschnitt aller österreichischen Gemeinden.
Bei den Schulden sind die Gemeinden die einzige Gebietskörperschaft, die diese reduzieren konnte. Die oberösterreichischen Gemeinden konnten diese in den Jahren 2011 bis 2015 um 332 Millionen Euro oder 19 Prozent reduzieren. Die Schulden in Höhe von 1,7 Milliarden Euro liegen zu 84 Prozent im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft (Kanal, Wasser) und wurden damit durch Bundeszuschüsse und Gebühreneinnahmen solide finanziert.
Erfreulich ist damit auch die Entwicklung der Abgangsgemeinden. Während noch im Krisenjahr 2010 mehr als zwei Drittel der OÖ-Gemeinden (298) den Haushalt nicht ausgleichen konnten, gab es im Jahr 2015 nur mehr 112 Abgangsgemeinden. Der Abgang ist in etwa gleich hoch wie 2014 und liegt bei 16 Millionen Euro.
Mindestsicherung - Eine Reise ins Ungewisse
Den Abgang in den Pflegeheimen und die Mindestsicherung zahlen die Gemeinden in Oberösterreich alleine. Das ist eine Sonderstellung im Vergleich zu den Gemeinden in den anderen Bundesländern. Vor allem bei der Mindestsicherung muss derzeit mit vagen Kostenschätzungen geplant werden, da niemand genau weiß, wieviele Flüchtlinge Österreich nun wirklich noch aufnehmen muss. Derzeit beteiligt sich das Land bei der Mindestsicherung für Asylberechtigten in den ersten drei Jahren mit 60 Prozent des Aufwands. Die Finanzabteilung des Landes Oberösterreich hat in Zusammenarbeit mit der Statistik nun erstmals eine mögliche Entwicklung der Kosten erarbeitet. Nach diesen Kalkulationen würden die Kosten der Mindestsicherung für Asylberechtigte von derzeit gut zehn Millionen Euro jährlich auf nahezu 50 Millionen Euro jährlich bis zum Jahr 2019 steigen. Der Bundesländervergleich macht deutlich, dass die Gemeinden in Oberösterreich bereits jetzt die höchsten Kosten im Sozialbereich übernehmen.
Mehr Gerechtigkeit beim Finanzausgleich
Für den Finanzausgleich hatte Hingsamer gleich ein ganzes Forderungspaket im Talon: „Das Schlagwort heißt aufgabenorientierter Finanzausgleich. Alle träumen von mehr Geld. Wie soll das funktionieren, bei dem Zustand der Bundesfinanzen? Alleine die Verteilung über die Ländertöpfe ist ungerecht. Danach erhalten die Bundesländer Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg deutlich höhere Zuwendungen als der Rest. Hier gilt es anzusetzen.“ Neben der Abschaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels fordert der Landesverbands-Präsident auch, die Abgeltung der aufgrund der laufenden Aufgabenübertragung entstehenden Kosten der Gemeinden (Grauer Finanzausgleich), einen Stopp der Angriffe auf die Gemeindefinanzen und die eigenständige Politik der Kommunen, eine zusätzliche Unterstützung für Abwanderungsgemeinden, neben dem politischen Bekenntnis zum ländlichen Raum auch die Umsetzung konkreter Maßnahmen, sowie eine Verlängerung des Pflegefonds.
Auszeichnung für Hans Gargitter
Direktor Hans Gargitter, der demnächst in Pension geht, wurde von Landeshauptmann Josef Pühringer mit dem Silbernen Ehrenzeichen des Landes Oberösterreich ausgezeichnet.