Wann dürfen Radfahrer bei Rot abbiegen?
Laut § 38 Abs. 5a kann die zuständige Behörde (im Normalfall Bezirkshauptmannschaften, in Wien die MA 46) bestimmen, an welchen Kreuzungen Grünpfeile für den Radverkehr angebracht werden. Technische Regelungen im Gesetz bekommen aber erst dann eine gute praktische Umsetzung, wenn über technische Regelwerke und gute Planungen Sicherheitsbedenken benannt und ausgeräumt werden. Die StVO spricht eindeutig davon, dass nur in Situationen, in denen keine Bedenken bezüglich der Verkehrssicherheit bestehen, die neue Regelung angewendet werden darf.
Es bedarf bei neuen Festlegungen in der StVO oft Umsetzungsregelungen, die über technische Normen und Richtlinien abgebildet werden und den Stand der Technik in geschriebener Form festhalten.
Die Forschungsgesellschaft Straße - Schiene - Verkehr (FSV) ist eine Organisation, die sich zentral mit der Standardisierung im Verkehrswesen beschäftigt und für das Straßenwesen Richtlinien erstellt.
Die Entwicklung von Verkehrszeichen und Vorgaben für deren zweckmäßige Verwendung werden in unterschiedlichen Arbeitsausschüssen und Gremien erarbeitet und als Richtlinien der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Diese dienen häufig als Vorlage für Planungen und werden von verschiedenen Stellen, vom BMK über Landesdienststellen bis zu Förderstellen zur Anwendung empfohlen.
Einsatzkriterien für den Grünpfeil
Vom Arbeitsausschuss „Aktive Mobilität“, unter der Leitung von. Klaus Robatsch, Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), wurde für den permanenten „Grünpfeil für den Radverkehr nach Halt“ eine technische Grundlage in Form eines Arbeitspapiers erschaffen.
Das RVS-Arbeitspapier Nr. 36 definiert Einsatzkriterien, die für oder gegen die Anbringung des Grünpfeils sprechen.
Der permanente Grünpfeil ist als Zusatztafel bei Ampeln vorgesehen und soll aber erst nach ausreichender Prüfung durch das planende Büro bzw. durch die Behörde angewendet werden. Diese Prüfung der Örtlichkeit betrifft mehrere Kriterien, die Verkehrssicherheit ist immer an erster Stelle. Das Arbeitspapier ist eine Richtschnur, nach der sich die Planungen orientieren können.
Wann kann der Grünpfeil verwendet werden?
Führerscheinbesitzerinnen und -besitzer wissen, dass Anfahrsichtweiten ein Maß für die Verkehrssicherheit darstellen. Auch im Bereich des Rechtsabbiegens bei Rot für den Fahrradverkehr gilt, dass nur bei ausreichender Sichtweite des anhaltenden Radfahrers ein sicheres Abbiegen möglich wird. Ist die Sichtweite nicht ausreichend vorhanden, sollte dort die Behörde das Rechtsabbiegen bei Rot nicht erlauben.
Ebenso ist es ein Ausschlusskriterium, wenn der Fahrradverkehr rechts in eine Straße abbiegt, auf der die zulässige Höchstgeschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt (siehe Abbildung).
Im Umkreis von Seniorenheimen, Krankenhäusern und Schulen und dadurch stark frequentierter Kreuzungen wird empfohlen, auf den Rechtsabbiegepfeil zu verzichten, um Unfälle mit gebrechlichen Personen oder Kindern zu verhindern.
Weitere Kriterien betreffen die zulässige Höchstgeschwindigkeit der KFZ, Fahrstreifenbreiten und die Verkehrsstärken.
Bei hoher Verkehrsfrequenz durch KFZ oder Radfahrer kann das Einfädeln bei der Kreuzungsausfahrt der limitierende Faktor sein.
Die beispielhaft genannten Kriterien sind von Seiten der Behörde zu prüfen, wenn per Verordnung das Rechtsabbiegen bei Rot dem Fahrradverkehr bei einer Ampel erlaubt werden soll. Da die Erfahrungen mit Abbiegen bei Rot für Radfahrerinnen und Radfahrer aber erst gewonnen werden müssen, ist in Zukunft mit Ergänzungen/Änderungen in der Richtlinie zu rechnen. Sowohl die Behörden als auch KFV und FSV werden das Funktionieren der Grünpfeile gut beobachten, um Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
Arbeitspapier bestellen
Es ist angeraten, vor einer eingehenden Diskussion in der Gemeinde dieses für die Umsetzung wichtige und leicht verständliche Regelwerk durchzusehen und damit einer zukünftigen Neuregelung entsprechend eine Basis zu geben, die pro oder contra Grünpfeilregelung spricht. Schließlich ist die Regelung in vielen Fällen ein Vorteil, aber in manchen Fällen ein zukünftiger Unfallherd, der sich mit den technischen Grundlagen vermeiden lässt.
Das RVS-Arbeitspapier Nr. 36 wird derzeit von klimaaktiv mobil kostenfrei zur Verfügung gestellt und kann unter klimaaktivmobil.fsv.at bezogen werden.
Die Einsatzmöglichkeiten für den Grünpfeil sind auch Thema des diesjährigen Bundeskongress kommunale Verkehrssicherheit am 19. Oktober 2023.