Der Wasserverbrauch wird auch in Österreich zunehmend Thema
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Unser Wasser ist Gold wert

Österreichs Gemeinden befinden sich, was Wasserqualität und Versorgung angeht, weltweit im Spitzenfeld. Damit das so bleibt, sind permanente Investitionen notwendig. KOMMUNAL zeigt, in welchen Bereichen noch Verbesserungspotenzial liegt und woher Gefahr droht.

Wasser ist das wichtigste Lebensmittel überhaupt. Kein Mensch kann darauf verzichten. Ganz im Gegenteil - jeder Einzelne braucht es. Und das täglich. Die Verfügbarkeit und Qualität des Wassers besitzt einen enorm hohen Stellenwert, auch wenn wir uns das im Alltag nicht sonderlich vor Augen führen. Wir sind eine funktionierende Wasserversorgung gewöhnt und nehmen sie als selbstverständlich an. Zu verdanken ist diese Erwartungshaltung einerseits den günstigen geografischen Gegebenheiten in Österreich, die grundsätzlich reichlich Wasser in guter Qualität gewährleisten, und andererseits denen, die verlässlich dafür sorgen, dass der Zugang dazu problemlos möglich ist, und in Österreich sind das in der Regel die Gemeinden.



Direkt danach gefragt, ist sich die Bevölkerung dieser glücklichen Rahmenbedingungen durchaus bewusst. Das zeigt der Wasserreport 2014, die größte repräsentative Umfrage zu diesem Thema im Auftrag der ÖVGW (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach). Der Report offenbart aber noch weit mehr: Wenig überraschend lehnen die Österreicher eine Privatisierung der Wasserversorgung vehementest ab. Dass in etlichen Fällen bereits eine Teilprivatisierung besteht, wurde dabei augenscheinlich kaum wahrgenommen. Schon überraschender ist die Erkenntnis, dass 15 Prozent der Bürger das Trinkwasser als zu billig einstufen, während zwei Drittel dessen Preis als angemessen bezeichnen. Besonders interessant für Kommunen ist das Urteil, das über die Wasserversorger gefällt wird: Für Service, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein geschätzt, attestiert man ihnen allerdings auch ein verstaubtes Image und sieht vor allem Aufholbedarf in punkto Innovation, und auch hinsichtlich der Kommunikation, denn vier von zehn Bürgern fühlen sich nicht ausreichend über ihr Trinkwasser informiert.



Decken sich diese wahrgenommenen Problemfelder in ihrer Dringlichkeit aber auch mit den tatsächlichen Herausforderungen, denen sich die kommunalen Entscheidungsträger gegenüber-sehen?



Nur bedingt. Natürlich ist es wichtig, den Wünschen der Bevölkerung Rechnung zu tragen – und die gegenwärtig vorwiegend gesetzten Initiativen bedienen zu einem Großteil diese Bürgerforderungen. Allerdings sind in zahlreichen Gemeinden ganz fundamentale Probleme anzugehen, die in der Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommen werden. Zum Beispiel der Schutz von Gebäuden und Infrastruktur vor Gefährdung durch Hoch- und Hangwässer, aber auch durch Grundwasser. Die gehäuft auftretenden Wetterextreme der vergangenen Jahre sowie die Bautätigkeiten in Überschwemmungsgebieten machen dieses Problemfeld aktuell.



Ebenso akut ist die Erneuerung der bestehenden Leitungssysteme, deren anstehende Notwendigkeit von der Bevölkerung so lange nicht erkannt wird, bis ein Versorgungsausfall eintritt. In den 60er- und 70er-Jahren gab es einen markanten Schub im Anlagenbau, der eine Erneuerung der zahlreichen damals neuen Einrichtungen in den kommenden fünf bis zehn Jahren erfordert. Am dringendsten betrifft das die Abwasserkanäle, doch auch in der Frischwasserzuleitung gibt es bundesweit einen Wasserverlust von elf Prozent aufgrund undichter Leitungen.



Somit stehen insbesondere gewählte Gemeindevertreterinnen und -vertreter vor der undankbaren Aufgabe, die Prioritäten auf den Erhalt und nach Möglichkeit auch auf eine Effizienzsteigerung hinsichtlich Kosten und Verbrauch zu legen, die jedoch verglichen mit Initiativen in andern Politikfeldern von der Bevölkerung kaum wahrgenommen und honoriert werden. Zudem dauert es verhältnismäßig lange, bis vorausschauende Investitionen im Bereich Wasserwirtschaft Früchte tragen, die auch in der Bevölkerung spürbar sind, mitunter über Legislaturperioden hinweg. Das macht eine Schwerpunktsetzung für die Politik unattraktiv. Wer sich dennoch daran wagt, muss für gewöhnlich einen erheblichen Teil des Budgets dafür einkalkulieren, denn Investitionen im Bereich Siedlungswasserwirtschaft sind meist kostspielig.



Im Schnitt entfällt schon jetzt knapp die Hälfte aller Investitionen einer Gemeinde auf den Bereich Wasserwirtschaft mitsamt der dazugehörigen Dienstleistungen. Der bei zusätzlichen Investitionen nochmals gesteigerte Anteil fehlt naturgemäß an mehreren anderer Stellen und muss sorgsam argumentiert und kommuniziert werden. Doch gerade weil die Umsetzung und Auswirkungen in der Wasserwirtschaftsplanung viel Zeit brauchen, ist es notwendig darauf zu achten, bevor Probleme evident werden. Fehler in der Wasserwirtschaft haben zumeist jahre- oder gar jahrzehntelange Folgen. Man denke nur zum Beispiel an die Mitterndorfer Senke oder aktuell an den Fall Kwizda, einer alarmierenden Grundwasserkontamination infolge eines Störfalls auf dem Gelände des Pharma- und Pestizidherstellers in Korneuburg.



Das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft hat im März 2013 die Initiative Vorsorgen ins Leben gerufen, um die Kommunen beim Abschätzen ihrer Investitionskosten in die Siedlungswasserwirtschaft zu unterstützen. Mittels Online-Schnelltest kann man den kommenden Investitionsbedarf für das Leitungsnetz der eigenen Gemeinde in einer ersten groben Analyse für die kommenden zehn Jahre ermitteln. Bis heute, zwei Jahre später, hat knapp die Hälfte der Gemeinden dieses Angebot wahrgenommen. Das ist grundsätzlich gut. Allerdings bedeutet es auch, dass die Mehrheit auf dieses Angebot bisher verzichtet hat, dabei wären eigentlich nur in jeder fünften Gemeinde dringende Instandhaltungsarbeiten weiterhin aufschiebbar.



Ein Großteil der Investitionen fließt nämlich in Netzerweiterungen infolge neu errichteter Siedlungen samt neuer Hausanschlüsse und Hydranten. Bei vielen älteren Versorgungsanlagen wird zu wenig in Erneuerung investiert und das führte zu einer Überalterung der Anlagen und zu einem Reinvestitionsstau.



Diesen abzubauen ist gegenwärtig das dringendste Problem, das sich in der Siedlungswasserwirtschaft stellt. Davon abgesehen steht Österreich im internationalen Vergleich sehr gut da. So weit so gut. Die eigentliche Messlatte legen allerdings nicht unsere europäischen Nachbarstaaten, sondern die einheimische Bevölkerung, und die legt sie hoch. Sie erwartet sich einwandfreie Qualität und tadellose Versorgung mit bestem Trinkwasser. Damit aber nicht genug, wollen die Bürger aufgeklärt werden: über die Herkunft ihres Wassers, über dessen Zusammensetzung, über das für sie unsichtbare System, das dahinter steht und es schafft, dass stetig frisches Nass aus dem Wasserhahn sprudelt, und sie wollen Wasser regelrecht erleben. Einige Gemeinden haben es geschafft, diesem Wunsch in besonderem Maße Rechnung zu tragen.

Ein Musterbeispiel gegen unnötigen Wasserverbrauch

Die Marktgemeinde Telfs in Tirol beispielsweise konzipierte eine Offensive zur Bewusstseinsbildung über „das wertvolle Wasser“. Dazu wurde den Gemeindewerken Telfs zunächst ein ansprechender, neuer Online-Auftritt spendiert.



Weiters passte man im vergangenen Jahr sämtliche Gebäude dem neuen, optisch einheitlichen Auftritt an. Viel Mühe machten sich die Verantwortlichen mit einer 40 Seiten umfassenden Broschüre zum Thema Wasser, die den Einwohnern detailliert über die Herkunft ihres Wassers und das Versorgungssystem Auskunft gibt. Telfs hat nämlich eines der komplexesten Trinkwassernetze Tirols. Aus nicht weniger als 34 verschiedenen Quellen speist sich das Wassernetz mit einer Länge von über 100.000 Metern. Aus 14 Hochbehältern wird das Wasser ohne jegliche Nachbehandlung zu den Haushalten geleitet. Die Broschüre umfasst unter anderem einen Plan, anhand dessen es für jeden Haushalt möglich ist, exakt festzustellen, aus welcher der Quellen er sein Trinkwasser bezieht.

Ein Trinkwassernetz hautnah erleben

Im Oktober 2014 konnte die Bevölkerung darüber hinaus an einem Tag der offenen Tür die Einrichtungen der Gemeindewerke besuchen. Der rege Zuspruch der Telferinnen und Telfer ließ das große Bedürfnis deutlich werden, darüber Bescheid zu wissen, wie es um die wohl einzige Substanz bestellt ist, die man täglich an, über und in seinen Körper lässt, ohne dabei einen Blick auf deren Inhaltsstoffangabe, Nährwerttabelle oder Gütesiegel werfen zu können. Bei dieser Gelegenheit warb man im Kontakt mit der Bevölkerung zugleich für einen sparsamen Umgang mit der wertvollen Ressource. „Die Bürgerinnen und Bürger zeigten großes Interesse daran, woher ihr Wasser kommt und was technisch alles dahinter steckt. Wir gaben ihnen die Möglichkeit, alles zu besichtigen und zu hinterfragen. Der Tag der offenen Tür war ein voller Erfolg und wir werden ihn sicherlich wiederholen“, freut sich Christian Mader, Chef der Telfer Gemeindewerke.



Die steirische Umweltbildungsgemeinde Übelbach fokussiert sich bei ihrer Umweltbildungsinitiative weniger auf das Versorgungssystem, sondern auf die Bedeutung des Wassers mit seinen besonderen chemisch-physikalischen Eigenschaften für alles Leben auf der Erde. Am gleichnamigen Übelbach wurde in Zusammenarbeit mit der Umweltbildungsplattform AquaStud ein Wasserthemenweg installiert. Vierzehn Stationen entlang des Baches erklären die vielfältigen Interaktionen zwischen Mensch und Wasser. Die praxisnahe Wissensvermittlung kommt bei Kindergartenkindern und Schulklassen bestens an und gibt ein wunderbares Beispiel für eine nachhaltige Bewusstseinsbildung. Abgerundet wird das vielseitge Angebot durch Exkursionen, Bachwanderungen und Umweltbildungscamps entlang des Übelbachs.



Den direkten Kontakt mit dem Wasser nutzt auch Zemendorf-Stöttera im Burgenland geschickt, um den Stellenwert des Wassers vor allem Kindern nachhaltig näher zu bringen. Dabei machte man aus der Not(-wendigkeit) eine Tugend, denn die Wasserrahmenrichtlinie der EU schreibt vor, dass Flüsse baulich und ökologisch dahingehend gestaltet werden müssen, dass Fische ohne Hindernisse von der Quelle bis zur Mündung gelangen können. In Zemendorf-Stöttera war dies nicht der Fall. Die hier verlaufende Wulka besaß auf dem Gemeindegebiet mehrere Wehranlagen. Die Relikte des ehemaligen Mühlenbetriebs mit Fallhöhen zwischen 1,30 m und 2,60 m mussten unter Beteiligung des Bundes und des Landes von der Gemeinde baulich umgestaltet werden. Geschaffen hat man ein naturnahes Umgehungsgerinne, das nicht nur eine Verbesserung des ökologischen Zustands und der Wasserqualität zur Folge hatte, sondern auch ein zusätzliches Naherholungsgebiet entstehen ließ. Dadurch ergaben sich wiederum neue Möglichkeiten der Bewusstseinsbildung. Die Volksschulkinder erarbeiteten Informationsmappen, die nun wetterfest für jeden zugänglich vor Ort bereitliegen. Diverse Veranstaltungen, bei denen Kinder die Flora und Fauna rund um die Wulka entdecken und schätzen lernen, finden stets großen Anklang.



Diese drei Beispiele aus dem gesamten Bundesgebiet zeigen einerseits, dass das Thema Wasser der Bevölkerung überaus wichtig ist und das Befassen damit zu einer Steigerung des heimatlichen Wohlfühlfaktors beiträgt, und das ist immerhin das angestrebte Ziel jeder Gemeinde. Andererseits legen sie auch den Schluss nahe, dass die Sensibilisierung auf das Thema Wasser von Generation zu Generation wächst. Gerade deshalb ist es umso wichtiger vorzusorgen und schon jetzt notwendige Maßnahmen in der Wasserwirtschaft anzugehen, um den hohen österreichischen Standard auch in Zukunft zu gewährleisten, selbst wenn sie kostspielig, nicht besonders plakativ und unmittelbar womöglich nicht prioritär erscheinen mögen.



Österreich besitzt im internationalen Vergleich ein überaus starkes Förderungssystem. Fast ein Drittel der Investitionsausgaben in der Wasserwirtschaft wird durch Subventionen gedeckt. Daher sollte man diese Möglichkeit auf alle Fälle ausschöpfen. Über den aktuellen Stand der Förderungsmöglichkeiten findet sich ein Bericht auf Seite 32. Und wer weiß? Vielleicht kommt bald eine neue Finanzierungsquelle hinzu. Amerikanische Wissenschaftler haben große Mengen an Edelmetallen und seltenen Erden in Klärschlamm entdeckt. Gegenwärtig wird eine Methode erforscht, um diese kostengünstig zu extrahieren. Gelingt das erst einmal, ist nicht nur unser Wasser, sondern auch unser Abwasser im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.



 

Wie hoch ist der private Wasserverbrauch in Österreich?

Im Durchschnitt verbraucht jeder Österreicher und jede Österreicherin pro Tag 130 Liter Wasser. Dabei zeigt diese Zahl noch nicht einmal die volle Wasserbilanz, denn sie ignoriert den Wasserverbrauch von Industrie und Gewerbe.

Wie viel Wasser verbrauchen die Wirtschaftssektoren in Österreich?

Vom gesamten jährlichen Wasserverbrauch in Österreich (2,35 km³) entfallen rund 33 % auf Industrie und Gewerbe. Die Industrie benötigt beinahe die anderen zwei Drittel. Die Landwirtschaft verbraucht nur 5 Prozent unseres Jahresbedarfs (Quelle: Bundesministerium Land, Wirtschaft und Regionen).