Tiroler Politiker mit Karte zum Wasserschutz
Martin Rottler, Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler und Markus Federspiel wollen die Anrainergemeinden des Inns hochwassersicher machen. Foto: Land Tirol/Entstrasser

Überflutungsgebiete besser nutzen

5. November 2015
4.400 Gebäude im Unterinntal, mehr als die Hälfte davon im Bereich zwischen Brixlegg/Kramsach und Angath, würden bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis unter Wasser stehen. Im Jänner kommenden Jahres starten die Detailplanungen für den Hochwasserschutz im Unteren Unterinntal. Vorgesehen sind auch drei optimierte Retentionsräume.

„Wir wollen jene Siedlungs- und Gewerbegebiete, die laut Gefahrenzonenplänen in der Roten und Gelben Zone liegen, gemeinsam vor dem Hochwasser schützen und  wieder zu Flächen mit geringer Hochwassergefährdung machen“, erklärt Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler. Mauern und Dämme sind klassische Bauwerke, um die dahinterliegenden Gebiete vor Hochwasser zu schützen. Ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen würde das Hochwasser aber nur stärker an die flussabwärts liegenden Gemeinden weitergeschickt. „Deshalb brauchen wir neben diesen Maßnahmen auch Gebiete, in denen wir zusätzlich Wasser ‚parken‘ können“, so Geisler.

Mehr Wasser in bestehende Überflutungsgebiete



Bereits im Jänner nächsten Jahres vergibt das Land gemeinsam mit dem Bund den Auftrag für die Detailplanung der Schutzmaßnahmen. Zusätzlich zu den Schutzbauten sollen bestehende Überflutungsgebiete durch technische Maßnahmen wie Einleitungsbauwerke künftig  mehr Wasser aufnehmen können und so zu „optimierten Retentionsräumen“ werden.



„Wir leiten kein Wasser in Gebiete, die nicht jetzt schon Überflutungsgebiete sind“, sagt Geisler. Der Auftrag an die Planer sei außerdem, die optimierten Retentionsräume so zu planen, dass möglichst wenige Einzelobjekte betroffen sind. „Und wenn ein Haus oder Hof betroffen ist, so wird dort selbstverständlich ein entsprechenden Schutz oder die Möglichkeit auszusiedeln vorgesehen.“

Planungen in Kramsach, Kundl/Radfeld und Angath



Im Raum Kramsach/Brixlegg bis Angath geht man mit insgesamt drei optimierten Retentionsräumen in die Detailplanung: dem Retentionsraum Kramsach Voldöpp, dem Retentionsraum Kundl/Radfeld und dem Retentionsraum Angath. Alle drei Gebiete werden bei einem Hochwasser bereits heute überflutet. „Unser Ziel ist es, dass diese Gebiete künftig mehr Wasser aufnehmen können, um eine Abflussverschärfung durch die Hochwasserschutzmaßnahmen zu vermeiden“, erläutert Markus Federspiel, Leiter der Schutzwasserwirtschaft im Land Tirol.



Bei einem hundertjährlichen Hochwasser nimmt der bestehende Retentionsraum Kundl/Radfeld derzeit 3,1 Millionen Kubikmeter Wasser auf, in Kramsach Voldöpp sind es 1,8 Millionen und in Angath 0,5 Millionen Kubikmeter. „Damit im Falle eines hundertjährlichen Hochwassers keine Siedlungs- und Gewerbegebiete mehr überschwemmt werden, müssen wir rund 4,6 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich kontrolliert in diese Gebiete ableiten“, so Federspiel. Wo und wie genau das passieren soll, wird nun im Rahmen der Detailplanung fixiert.

Ohne Gemeinden kein Hochwasserschutz



Der Hochwasserschutz ist eigentlich Aufgabe der Gemeinde. „Weil im Unterinntal nur ein gemeindeübergreifender Hochwasserschutz realisierbar ist, leistet das Land weitreichende Vorarbeiten. Für die Umsetzung der Schutzprojekte brauchen wir aber die Gemeinden“, verweist LH-Stv. Geisler auf die Notwendigkeit eines Wasserverbands.

Baubeginn 2018



Ende 2017 will man von Landesseite mit dem Detailprojekt fertig sein. Dann sind die Gemeinden am Zug. Bis zu 85 Prozent der Kosten für die Schutzmaßnahmen übernimmt der Bund, der Rest ist von den Gemeinden aufzubringen. Klar ist für Geisler auch, dass es für die Grundeigentümer jener Überflutungsgebiete, die künftig kontrolliert zusätzliches Wasser aufnehmen und als optimierte Retentionsräume dienen, eine Entschädigung geben muss.

Sicherheit und Entwicklungschancen



Im Rahmen von Planungstreffs wurden die Gemeindevertreter bislang zu vier Besprechungsrunden zum Thema „Hochwasserschutz – gemeinsam geht’s“ eingeladen. Jetzt sind die Gemeinden aufgerufen, die Randbedingungen für die Planung mit dem Land abzustimmen. Das kann ein Radweg oder ein Naherholungsgebiet ebenso sein wie ein künftiges Siedlungs- oder Gewerbegebiet.