
Der 74. Städtetag fand im Kultur Kongress Zentrum Eisenstadt statt.
© Städtebund/Johannes Brunnbauer
Politik
Städte fordern Geld und Strukturreformen
Angesichts der prekären finanziellen Lage der Städte und Gemeinden forderte Städtebund-Präsident und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig beim Städtetag Strukturreformen. Die aktuelle Situation solle Ausgangspunkt für grundlegende, nachhaltige Reformen sein, die langfristig die Finanzierung der Städte und Gemeinden absichern.
„Bis zum Jahr 2028 kommen durch die Ko-Finanzierung für Soziales und Gesundheit von einem Euro aus den Ertragsanteilen nur 40 Cent bei Städten und Gemeinden an. Im Jahr 2019 waren es noch über 50 Cent. Damit sind die öffentlichen Leistungen der Städte nur schwer finanzierbar. Städte und Gemeinden sind bereit zu sparen, aber sie kommen dabei an ihre Grenzen. Dazu kommt der dringend notwendige und erwünschte Ausbau bei Kindergärten oder Ganztagesschulen. Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr ist wichtig für die Integration und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Erleichterungen beim kommunalen Investitionsprogramm sind wertvoll, reichen aber bei weitem nicht aus, um Investitionen nachhaltig abzusichern“, so Michael Ludwig.
Ausgaben mit den Aufgaben zusammenführen
Deshalb forderte Ludwig Strukturreformen: „Eine Änderung des Verteilungsschlüssels im Finanzausgleich zugunsten der Städte und Gemeinden und Reformen der Umlagensysteme sowie der Grundsteuer sind von enormer Bedeutung. Bei der Grundsteuer ist kurzfristig der Hebesatz zu erhöhen, in einem zweiten Schritt muss dann eine grundsätzliche Reform erfolgen.“ Schließlich gab es laut Ludwig seit 40 Jahren keine Anpassung
Bei der schrittweisen Umsetzung des Budgets müsse, so Ludwig, der „Blickwinkel der Städte berücksichtigt“ werden: „Die Ausgaben mit den Aufgaben zusammenführen. Das wünschen wir uns“.
Ludwig forderte weiter „neu und ohne Scheuklappen zu denken und die beste Lösung zu finden. Im Sinne des kommunalen Pragmatismus.“ Ludwig sprach damit auch die in Kürze beginnenden Gespräche über den neuen Stabilitätspakt an.
Frauen für die Kommunalpolitik gewinnen
Eine Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit der Frage, warum Frauen auf kommunaler Ebene unterrepräsentiert sind und wie die Kommunalpolitik weiblicher werden kann. Nur in 15 Gemeinden in ganz Österreich gibt es eine weibliche Doppelspitze (Bürgermeisterin und Stellvertreterin). Zum Vergleich: 1.430 Gemeinden in Österreich haben derzeit eine männliche Doppelspitze. „Auf eine Gemeinde mit einer weiblichen Doppelspitze kommen derzeit 95 Gemeinden mit einer männlichen Doppelspitze.
„Politik gestaltet die Gesellschaft“, erklärte Astrid Ebner-Zarl vom Foresight-Institut. „1999 lag der Frauenanteil an allen Bürgermeister:innen in Österreich bei knapp 2 Prozent, heute liegt er bei etwa 11 Prozent. Es gibt also im Zeitverlauf Bewegung, aber in sehr kleinen Schritten – das dominante Bild ist nach wie vor die ausgeprägte Unterrepräsentation von Frauen in der Kommunalpolitik, insbesondere an der Spitze. Geschlechterungleichheiten halten sich hartnäckig.“
Karin Baier, Bürgermeisterin von Schwechat, erklärte: „Die Frage, warum das Verhältnis von männlichen und weiblichen Personen in der Gemeindepolitik, insbesondere in Ausübung des Bürgermeisteramts immer noch ganz stark männerlastig ist, interessiert mich sowohl in meiner Funktion als Bürgermeisterin, als auch in meiner in Arbeit befindlichen Masterarbeit. Aktuell beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema: Wo liegen die Unterschiede in der männlich oder weiblich geprägten Führungsarbeit und was hindert Frauen daran, sich politisch zu engagieren?“ Sie könne nur jede Frau ermutigen, sich zu trauen, so der Appell von Baier.
Martina Gabriel, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Landes Kärnten: „Frauen in der Kommunalpolitik sollten eine Selbstverständlichkeit sein – sind es aber nicht. Übergeordnete Ebenen wie Bund und Länder sind aufgefordert, Initiativen zu setzen und Haltung zu zeigen. Es muss uns ein Anliegen sein, Demokratie auch in der Politik abzubilden. Der Lehrgang ,Politische Bildung‘ des Landes Kärnten ist ein Baustein dazu.“ Männern werde oft mehr Kompetenz unterstellt. Bei Frauen werde oft die äußere Erscheinung in den Vordergrund gestellt statt das Inhaltliche. Zum Thema Quoten meinte Gabriel: „Wenn wir keine Frauenquote haben, haben wir immer eine Männerquote.“
Die frühere Bürgermeisterin von Dornbirn, Andrea Kaufmann, betonte: „Ich bin ein Fan von gemischten Gremien auf allen Ebenen. Frauen bringen Herz, Haltung und neue Perspektiven in die Politik. Wir können es uns in keinem Bereich leisten, auf das Potenzial von Frauen zu verzichten. In der Politik schon gar nicht.“
Mit Engagement und Willen komme man weiter, so Kaufmann. Es mache sie allerdings betroffen, dass ihre Töchter zum Teil mit denselben Herausforderungen zu kämpfen hätten wie sie. Besonders wichtig sei es, Netzwerke zu nutzen. Einig waren sich die Diskutantinnen darüber, dass Vorbilder für Mädchen und junge Frauen wichtig sind, um den Schritt in die Politik zu wagen. Außerdem brauche es mehr Vernetzung und Netzwerke von Frauen untereinander – um einander gegenseitig zu unterstützen.