Schulärztin
Bei der Bestellung von Schulärzten, von Betreuungspersonal wie auch von Sekretariaten dürften der Bund keine Grundsätze und die Länder keine Ausführungsgesetze erlassen.
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Rechtsgutachten klärt über Aufgaben der Gemeinden als Schulerhalter auf

Im Jahr 2019 hat Professor Bernhard Raschauer ein Rechtsgutachten zu Fragen der Aufgaben der Gemeinden als Schulerhalter erstellt. Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse sind in Anbetracht der zahlreichen Baustellen aktueller denn je.

Der Österreichische Gemeindebund geht seit langem davon aus, dass der derzeitige Umfang dessen, was Gemeinden per Bundes- und vor allem Landesgesetze an Aufgaben im Schulwesen zu erfüllen haben, weit über den kompetenzrechtlichen Rahmen hinausgeht und daher verfassungswidrig ist.

In einem vielbeachteten Rechtsgutachten kommt Prof. Bernhard Raschauer zu einem eindeutigen Ergebnis: viele Angelegenheiten, die heute Gemeinden als Schulerhalter auferlegt werden, beruhen auf kompetenz- und damit verfassungswidrigen Bestimmungen. In seinem Gutachten geht Raschauer davon aus, dass 

  • es Aufgabe und damit auch Finanzierungslast des Schulerhalters ist, die betreffenden Schulen mit einer bestimmten Mindestausstattung zu errichten (Räume, Turnsaal etc.), 
  • darunter fällt auch die Installierung von zeitgemäßen Internetanschlüssen (nicht jedoch Laptops, Tablets, Software, Wartung etc.),
  • es Aufgabe und damit auch Finanzierungslast der Schulerhalter ist, die betreffenden Schulen zu erhalten.

Des Weiteren fallen folgende Punkte in die Erhaltungspflicht der Gemeinden:

  • die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, 
  • darunter fallen auch die schulärztlichen Räumlichkeiten oder Räumlichkeiten für ganztägige Schulangebote (Küchen, Aufenthaltsräume),
  • die Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, 
  • die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel (Tafel, Kreide), 
  • die Deckung des sonstigen Sachaufwandes (Zeugnisformulare, Postgebühren) sowie 
  • die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften allenfalls erforderlichen Hilfspersonals (wie Schulwart, Reinigungspersonal)

Er geht jedoch auch davon aus, dass all jene gesetzlichen Grundlagen kompetenz- und damit verfassungswidrig sind, die den Gemeinden im Wege der Grundsatzgesetzgebung des Bundes und der (Ausführungs-)Gesetzgebung des Landes folgende Aufgaben übertragen:

  • die Beistellung des Schularztes,
  • die Bereitstellung des für die Betreuung an ganztägigen Schulformen erforderlichen Personals (Erzieher, Lehrer oder Freizeitpädagogen),
  • die Beistellung von Stützkräften,
  • die Bereitstellung von Sekretariats- und Assistenzkräften in Schulclustern,
  • die Bereitstellung von Laptops, Tablets (einschließlich der Software, Lizenzgebühren, Wartung, Versicherung etc.).

Die Begründung ist schlüssig und nachvollziehbar. Zwar ist die Gesetzgebung und die Vollziehung auf dem Gebiet des Schulwesens grundsätzlich Bundessache. In der Angelegenheit der „äußeren Organisation“ der öffentlichen Pflichtschulen hat der Bund jedoch nur eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz und die Länder eine Ausführungsgesetzgebungskompetenz. Da zur „äußeren Organisation“ die Errichtung und Erhaltung der Pflichtschulen zählen, darf der Bund diesbezüglich nur Grundsätze aufstellen und dürfen die Länder nur landesgesetzliche Ausführungen treffen.

Nachdem aber die Bestellung des Schularztes, die Bestellung von Betreuungspersonal wie auch von Sekretariaten nicht zur „äußeren Organisation“ bzw. weder zur Errichtung noch zur Erhaltung von Pflichtschulen gehören, dürfte der Bund hierüber keine Grundsätze aufstellen, sondern müsste diese Angelegenheiten unmittelbar durch Bundesgesetz regeln, und dürften die Länder keine Ausführungsgesetze erlassen. 

Auch Art. 15 Abs. 6 B-VG, wonach die Länder Angelegenheiten dann frei regeln dürfen („grundsatzfreier Raum“), wenn der Bund keine Grundsätze aufstellt, führt zu keinem Ergebnis: Nachdem es sich bei diesen Angelegenheiten eben nicht um Grundsatzangelegenheiten des Bundes handelt, würden landesgesetzliche Bestimmungen, die den Gemeinden derartige Aufgaben auferlegen, den Kompetenztatbestand der „äußeren Organisation“ überschreiten.

Laptops und Tablets sind keine Lehr- sondern Lernmittel

Hinsichtlich der Ausstattung der Schüler mit Laptops und Tablets hält Raschauer fest, dass es sich dabei nicht um Lehrmittel (Tafel, Kreide), die in den Verantwortungsbereich der Schulerhalter fallen, sondern um Lernmittel (zu denen etwa Taschenrechner und Füllfeder zählen) handelt.

Diesbezüglich ist auf § 24 Abs. 2 Schulpflichtgesetz hinzuweisen, wonach die Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigten eines der allgemeinen Schulpflicht unterliegenden Kindes nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet sind, das Kind für den Schulbesuch in gehöriger Weise, insbesondere auch mit den notwendigen Schulbüchern, Lern- und Arbeitsmitteln, soweit diese nicht von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beigestellt werden, auszustatten.

Die Frage des Hilfspersonals

Hinsichtlich der Stützkräfte, etwa Hilfspersonal für pflegerisch-helfende Tätigkeiten, kommt Prof. Raschauer zu dem Schluss, dass es sich hierbei nicht um Angelegenheiten der Vollziehung „auf dem Gebiet des Schulwesens“, sondern eindeutig um Bestimmungen sozialrechtlichen Inhalts handelt. 

Zwar steht es den Ländern frei, in ihren Schulgesetzen sozialrechtliche Bestimmungen aufzunehmen, diese werden aber dadurch nicht zu schulrechtlichen Bestimmungen.

Eine legistische Anknüpfung an die Schulerhalter, wie das etwa in § 1 Abs. 4 Kärntner Schulgesetz passiert, kollidiert zwangsläufig mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, da nicht ersichtlich ist, warum bestimmte sozialrechtliche Lasten gerade und nur von schulerhaltenden Gemeinden (Gemeindeverbände) getragen werden sollen.