Lügender Politiker
Das böse Zerrbild des Politikers stimmt für die meisten Menschen nicht, schon gar nicht auf Gemeindeebene.
© alphaspirit - stock.adobe.com

Politik

Politikvertrauen im Keller. Wirklich?

Eine SORA-Umfrage hat erschütternde Werte über den Zustand der österreichischen Demokratie gebracht. „Das Vertrauen in die Politik ist im Keller“, so oder so ähnlich lauteten die Schlagzeilen.

Das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System ist im letzten Jahr stark gesunken. Im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre und dem damit einhergehenden sinkenden politischen Vertrauen sah die Studienautorin und Projektleiterin des „Demokratiemonitors“, Martina Zandonella, auch eine Pauschalisierung. Der Großteil der Menschen vertraut dennoch in die Demokratie – auch wenn diese Mehrheit angesichts großer Demonstrationen derzeit oft übersehen wird.

Das war jedenfalls das Ergebnis der Umfrage des Meinungsforschungsinstitut SORA, das im Rahmen des „Demokratiemonitors“ im Dezember 2021 zum vierten Mal erhoben hat, wie sehr die österreichische Bevölkerung der Demokratie und dem politischen System vertraut.

Erste Ergebnisse sind ernüchternd: Derzeit sind 58 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass das politische System weniger oder gar nicht funktioniert. „Wir haben das Niveau von Rumänien erreicht, also wirklich tief im Keller“, fasste Günther Ogris, Geschäftsführer von SORA, das Ergebnis bei einer Pressekonferenz zusammen.

Demnach ist das Vertrauen in allen Bevölkerungsgruppen gesunken, der Vertrauensverlust fällt im oberen und mittleren Einkommensdrittel der Gesellschaft jedoch stärker aus.

Nach wie vor denken aber 88 Prozent der Menschen in Österreich, dass die Demokratie – trotz mancher Probleme – die beste Staatsform ist. Dieser Wert ist über die Erhebungsjahre hinweg weitgehend konstant geblieben. „Das demokratische Grundsatzbewusstsein ist nicht so stark zu erschüttern, wie man zuerst annehmen würde“, so Zandonella.

Vertrauensvorschuss für lokale Ebene

Zu anderen Ergebnissen kam dann ebenfalls im Dezember die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts DEMOX. Dieses fragt seit Jahren in regelmäßigen Abständen die Vertrauenswerte der einzelnen Politikebenen ab. Deren Ergebnisse stützen wiederum die Schlussfolgerung von Zandonella, nachdem die Menschen der Demokratie an sich vertrauen.

Zumindest die lokale Ebene – also die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – erfreuen sich demnach eines besonders großen Vertrauensvorschusses. Einer der Trends, die anhaltend sind.

Die Kernaussagen der DEMOX-Umfrage sind jedenfalls, dass sich  auf Gemeindeebene: für 40 Prozent keine Veränderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts durch die Corona-Pandemie ergeben hat. Für 21 Prozent hat sich der Zusammenhalt sogar verstärkt, lediglich 32 Prozent sind der Ansicht, dass sich der gesellschaftliche Zusammenhalt verschlechtert hat.

Zusammenhalt hat sich verschlechtert

Auf Bundesebene sieht es anders aus: Zwei Drittel der Befragten meinen, der gesellschaftliche Zusammenhalt auf Bundesebene habe sich verschlechtert. Für 17 Prozent hat sich nichts geändert und für 13 Prozent hat sich der Zusammenhalt verbessert.

Das führt zwingend zur Erkenntnis, dass dort, wo die Menschen einander noch kennen und es auch gewohnt sind, zusammenzuarbeiten, auch der gesellschaftliche Zusammenhalt spürbar ist. Dies ist die Stärke des ländlichen Raums. Und noch ein paar Ergebnisse:

  • Der Trend zu regionalen Produkten und Produzenten ist laut der Befragten ebenfalls enorm gestiegen. Fast drei Viertel meinen, dieser Trend hätte sich verstärkt (28 Prozent der Befragten „deutlich verstärkt“, 45 Prozent „etwas verstärkt).
  • Das Bewusstsein für die eigene Region hat sich während der Krise auch verstärkt, für 38 Prozent „etwas verstärkt“ und für 16 Prozent sogar „deutlich verstärkt“.
  • Der Wunsch nach dem Leben am Land beziehungsweise dem Leben im Grünen ist nach wie vor groß: 56 Prozent sehen einen gestiegen Wunsch nach dem Leben am Land (30 Prozent meinen „etwas gestiegen“, 26 Prozent „deutlich gestiegen“).
  • Die Anforderungen für Homeoffice haben sich ebenfalls verstärkt, für 29 Prozent „deutlich verstärkt“, für 30 Prozent „etwas verstärkt“.
  • Der Trend zur Digitalisierung ist ebenfalls anhaltend und hat sich für 31 Prozent „deutlich verstärkt“, für 41 Prozent „etwas verstärkt“.

Neben den Trends wurden von DEMOX auch die Vertrauenswerte der Politik selbst abgefragt. Und hier schneidet die lokale Ebene sehr gut ab: Zwei Drittel der Österreichinnen und Österreicher vertrauen ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Oder, wie es Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl formuliert hat: „Die Ergebnisse machen deutlich: Der Trend zur Regionalisierung hat sich in der Krise enorm verstärkt. Die Menschen sehnen sich nach dem Leben auf dem Land, sie kaufen beim Bauern und Bäcker vor Ort ein, sie wählen den Handwerker und Dienstleister vor Ort aus, sie schätzen die kurzen Wege und das Arbeiten von zuhause. Kurz gesagt: Der ländliche Raum ist in der Krise einfach wieder ein Sehnsuchtsort für die Menschen geworden.“