Autos müssen warten wegen Zug
Die Bahn soll Vorrang vor dem Autoverkehr haben, fordert der VCÖ.
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Noch nie wurde so viel mit Öffis gefahren

8. November 2018
Noch nie wurde in Österreich so viel mit dem öffentlichen Verkehr gefahren wie heute. Die mit der Bahn gefahrenen Kilometer sind in Österreich seit dem Jahr 2005 um 40 Prozent gestiegen. Dennoch reicht das bisherige Wachstum beim öffentlichen Verkehr nicht aus, um Österreichs Klimaziele zu erreichen. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) fordert einen verstärkten Ausbau der Schiene sowie häufigere Verbindungen in den Ballungsräumen. Zudem sollen alle 124 regionalen Zentren gut mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar sein.

Pro Jahr werden in Österreich bereits rund 20 Milliarden Personenkilometer mit Bahn, Straßenbahn und U-Bahn zurückgelegt, weitere 10,2 Milliarden Personenkilometer mit Linienbus und Reisebus. Dadurch werden im Vergleich zu Autofahrten rund drei Millionen Tonnen CO2 vermieden, macht der VCÖ aufmerksam. Benzin- und Diesel-Pkw verursachen im Schnitt pro Personenkilometer 15-mal so viel CO2 wie die Bahn, ein E-Pkw verursacht rund sechs Mal so viel CO2 wie die Bahn. 

„Das bisherige Wachstum des öffentlichen Verkehrs reicht nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Es muss deutlich mehr Autoverkehr auf Bahn, Bus und städtische Öffis verlagert werden“, fasst VCÖ-Experte Markus Gansterer das Ergebnis der aktuellen VCÖ-Publikation „Mobilitätswende braucht mehr öffentlichen Verkehr“ zusammen. 

Um das Klimaziel der Bundesregierung zu erreichen sind bis zum Jahr 2030 die CO2 -Emissionen des Verkehrs im Vergleich zu heute um ein Drittel zu senken. Die Schwierigkeit: Seit dem Jahr 2014 sind die CO2-Emissionen des Verkehrs um rund zwei Millionen Tonnen gestiegen, macht der VCÖ aufmerksam. 

Autoverkehr nimmt wieder stark zu

Nach Jahren der Stagnation nimmt der Autoverkehr wieder stark zu. Während im Jahr 2013 um nur 1,5 Milliarden Personenkilometer mehr mit dem Auto gefahren wurden als im Jahr 2008, war der Anstieg zwischen den Jahren 2017 und 2013 mit rund 7,1 Milliarden Kilometer fast fünf Mal so hoch. Nach 82 Milliarden Personenkilometer im Vorjahr erwartet der VCÖ für heuer einen Anstieg auf 84 Milliarden Personenkilometer. 

Der zunehmende Autoverkehr sorgt zusätzlich für Staus in den Ballungsräumen. Dass die Verlagerung von Autofahrten auf öffentliche Verkehrsmittel möglich ist, zeigen die Erfahrungen etwa auf der Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg und auf den S-Bahnen etwa in Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Tirol und Vorarlberg.

Unternehmen müssen bei der Verkehrsreduzierung mitmachen

Für den Weg zur Arbeit nutzten 20 Prozent den öffentlichen Verkehr und mit 60 Prozent dreimal so viele das Auto. Eine Erhöhung des Anteils ist nur mit aktiver Einbindung der Betriebe möglich, wie die Beispiele Infineon (Kärnten), Haberkorn Ulmer (Vorarlberg) oder Boehringer Ingelheim zeigen. So erhöht Boehringer Ingelheim am Standort in Wien-Meidling die Zahl der Beschäftigten von 2.000 auf rund 2.500 und reduzierte die Anzahl der Parkplätze von 600 auf 280. Statt wie früher 53 Prozent kommen heute nur mehr 30 Prozent mit dem Auto zur Arbeit, der Anteil jener, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen ist von 36 auf 55 Prozent gestiegen. Erreicht wurde das mit betrieblichem Mobilitätsmanagement. 

Schienennetz muss ausgebaut werden

Zudem braucht Österreich einen verstärkten Ausbau des Schienennetzes. Nach Umsetzung der im bestehenden Rahmenplan festgelegten Projekte, haben aus Sicht des VCÖ 20 Projekte hohe Priorität. Zum einen sind in der Ostregion bestehende Kapazitätsengpässe rasch zu beseitigen, wie etwa bei der Südbahn zwischen Mödling und Wien. Die Montafonerbahn ist nach Ansicht des VCÖ zu verlängern, die Murtalbahn in der Steiermark und die Mattigtalbahn in Oberösterreich sind zu modernisieren und zu elektrifizieren. Die Mühlkreisbahn ist zum Hauptbahnhof Linz durchzubinden, fordert der VCÖ.

Flexible Arbeitszeiten machen häufigere Verbindungen notwendig

Aufgrund der flexibler werdenden Arbeitszeiten sind häufigere Verbindungen auch außerhalb der klassischen Pendlerzeiten nötig. Innerhalb der Städte erhöht die konsequente Bevorrangung des öffentlichen Verkehrs Kapazität und Pünktlichkeit. Neben eigenen Gleiskörper für Straßenbahnen sind Busspuren eine wirkungsvolle Maßnahme. Die Öffnung von Busspuren für E-Autos wäre für die städtische Mobilität kontraproduktiv, weil die Busse dann zum Leidweisen der vielen Fahrgäste häuifiger im Stau stehen. 

Wesentlich für die nötige Verlagerung von Autofahrten zum öffentlichen Verkehr ist auch aufzuhören das Falsche zu tun. Wenn auf der gleichen Strecke nicht nur die Bahn, sondern auch die Straße ausbaut wird, macht diese Parallelförderung die Wirkung der Investitionen in die Schiene wieder zunichte. "Der Verkehr ist nur dann auf Klimakurs zu bringen, wenn die klimaverträgliche Mobilität absoluten Vorrang hat", stellt VCÖ-Experte Gansterer fest.