Bernhard Scharmer
Bernhard Scharmer: „Es bringt genauso wenig, wenn ein Mitarbeiter unterfordert ist, wie wenn er überfordert ist. Beide werden das Unternehmen bzw. die Gemeinde verlassen.“

Mitarbeiter finden und behalten

Der früheres Teamchef Josef Hickersberger wurde belächelt, als er sagte, dass er nicht die besten Spieler braucht, sondern die richtigen. Bernhard Scharmer, Amtsleiter in der Tiroler Gemeinde Telfs, sieht das aber durchaus ähnlich, wie er beim Kommunalwirtschaftsforum in Loipersdorf berichtete.

Gemeinden müssen danach trachten, nicht nur die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, sondern auch diejenigen, die am besten zu ihnen passen. „Eine Fehlbesetzung kann teuer werden. Deshalb ist die Auswahl der richtigen Mitarbeiter eine Königsdisziplin des Personalwesens“, meintw Bernhard Scharmer.

Mitarbeiter sind die Motoren einer Gemeinde. Allerdings sind statistisch 40 Prozent aller Neubesetzungen Fehlbesetzungen. „Das kommt teuer. Oft ist es besser, keinen Mitarbeiter einzustellen als einen nicht geeigneten“, findet Scharmer. Ziel müsse es daher sein, nicht nur die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden, sondern auch die richtigen.

Schlüsselfragen erfolgreicher Unternehmensführung

Gemeinden stehen, wie jedes Unternehmen, vor den Fragen:

  • Wie findet man die besten und richtigen Mitarbeiter?
  • Wieso sollen sich diese bei uns bewerben? Und wie hält man sie?

Die besten Mitarbeiter sind sich heute immer mehr ihres Wertes bewusstes und suchen sich die attraktivsten Arbeitgeber aus. Die Richtigen auszuwählen ist – siehe oben – daher Chefsache.

„Unsere Gemeindeämter bestehen nicht aus Ziegeln und Inventar, sondern aus Menschen, die für den Gemeindekonzern arbeiten. Es geht darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg“, meint Scharmer.

Soft-skills werden wichtiger

„Mitarbeiter werden oft aufgrund ihrer fachlichen Fähigkeiten eingestellt, aber wegen des persönlichen Verhaltens wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt“, stellte Scharmer fest. Softskills werden also immer wichtiger.

Die besten Mitarbeiter sind jene, die sich selbst motivieren können. Begeisterte Mitarbeiten begeistern Kunden und die wiederum begeistern weitere Kunden. So entsteht ein Positiv-Kreislauf.

Weder Über- noch Unterforderung

Scharmer: „Es bringt genauso wenig, wenn ein Mitarbeiter unterfordert ist, wie wenn er überfordert ist. Beide werden das Unternehmen bzw. die Gemeinde verlassen.“

Hier kam ein Einwurf aus dem Publikum des Kommunalwirtschaftsforums: Unterforderte Mitarbeiter würden sich wegducken und bleiben. Daraus entstand eine Diskussion, inwieweit das eine Generationenfrage ist. Tenor: Früher war es vielleicht so, dass Unterforderte bleiben, die heutige Generation sei in dieser Beziehung anders. Die Generation Z hat andere Werte: Wichtig sei ihr Flexibilität und eine gute Work-Life-Balance.

Wieso soll sich jemand in einer Gemeinde bewerben?

Gemeinden sind attraktive Arbeitgeber: Sie bieten ein vielfaches Aufgabenspektrum, sichere und interessante Arbeitsplätze sowie vielfache Arbeits- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Wenn man die Gemeinde als Arbeitgeber attraktiv machen will, braucht sie eine gute Unternehmenskultur und ein gutes Image.

Unternehmenskultur - Was ist wichtig?

  • Umgangsformen: Der Umgang miteinander, Wertschätzung, Gesprächskultur, Umgang mit Feedback
  • Identifikation: Identifikation mit Zielen und Werten der Gemeinde
  • Strukturierung: Organisation und Aufbauorganisation, Planung/Strategie und Organisation
  • Führungspräsenz: Führungsverhalten, „Open door policy“
  • Konfliktbewältigung: Fehlerkultur, Umgang mit Konflikten
  • Lernbereitschaft: Weitergabe von Know-how, Kompetenz der Mitarbeiter, Entwicklungsmöglichkeiten
  • Arbeitsstil-/-weise: Eigenverantwortung, Kooperationsbereitschaft, Teamarbeit, Arbeitstempo, Veränderungsfreudigkeit
  • Leistungsbewusstsein: Leistung, Anerkennung von Leistung
  • Spaß: Humor, Freude, Teamgeist

Wie macht man eine Gemeinde als Unternehmen bekannt?

Um von potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern wahrgenommen zu werden, muss man die Gemeinde als Arbeitgeber wahrgenommen werden.

Mögliche Mittel dafür:

  • Tage der offenen Tür
  • Internet- und Social-Media-Auftritt
  • Mitarbeiterbroschüren

Vor allem aber sind zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Botschafter der Gemeinde. „Mitarbeiter wollen für einen großartigen Chef arbeiten“, sagt Bernhard Scharmer. „Erstklassige Chefs haben erstklassige Mitarbeiter, zweitklassige Chefs haben oft nur drittklassige Mitarbeiter.“

Was motiviert Mitarbeiter?

Eine Studie zeigt, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wichtig ist. An erster Stelle stehen dabei eine gute Beziehung zu Vorgesetzten und Kollegen. Danach folgen Anerkennung und Wertschätzung. Und schließlich muss die Arbeit als sinnvoll empfunden werden und Erfolgserlebnisse bieten.

Nicht mehr so wichtig sind Karriere und Entwicklungschancen. Und was Mitarbeiter überhaupt nicht wollen, ist Überwachung. Scharmer: „Wichtig ist daher, dass Arbeit kontrolliert wird, aber nicht Menschen.“

Mitarbeitersuche professionalisieren

Vorab ist in Erwägung zu ziehen, ob eine Stelle intern besetzt werden kann. Dies hätte positive Auswirkungen auf das Betriebsklima und wäre auch ein motivierendes Signal für Nachwuchskräfte, dass man inhouse weiterkommen kann. Geringe Beschaffungskosten und kürzere Einarbeitungszeit sind hierbei angenehme Nebenwirkungen.

Für eine erfolgreiche Personalsuche sollte man die gesamte Angebotspalette heutiger Kommunikationskanäle nutzen: klassische Printanzeigen, Website, Social Media.

Wichtig sind präzise Stellenanzeigen, bei denen Bewerber genau erkennen können, wer und was gesucht wird.

Schritte des Rekrutierungsprozesses

  1. Sichtung der Bewerbungsunterlagen. Kandidaten auf 12 reduzieren
  2. Telefonische Bewerberinterviews: Abklärung der Vorstellungen. Bewerber auf 4 bis 7 reduzieren
  3. Erste Vorstellungsrunde mit mehreren Interviews: Selbstdarstellung des Unternehmens, Vorstellung über die Position, Gehaltsvorstellungen, Kündigungsfristen, Beginn
  4. Casting. Analyse des Persönlichkeitsprofils, Probearbeit: Wer nicht bereit ist, eine Probearbeit zu machen, ist nicht wirklich interessiert
  5. Persönliches Gespräch/Hearing. 3 bis5 Personen

Wie führt man ein Bewerbergespräch?

Mehrere Personen – strukturiertes Interview:

  • Gesprächsbeginn: kurz vorstellen
  • Selbstdarstellung des Bewerbers: persönlicher & beruflicher Hintergrund, Zielvorstellungen
  • Fragen zur Biografie, Arbeitserfahrungen & Werte
  • Informationen zur Tätigkeit
  • Situative Fragen
  • Gesprächsabschluss: weiteres Vorgehen informieren

Typische Fehler bei Interviews:

  • Sympathien Interviewer/Interviewten ® Einfluss auf das Urteil
  • Interview zu kurz
  • Interviewer nicht schriftlich vorbereitet
  • Keine schriftlichen Aufzeichnungen

Aus den besten die Richtigen wählen

Ziel ist es, durch einen mehrstufigen Prozess die besten und richtigen Mitarbeiter/-innen für die Gemeinde nach dem EEEEP-Konzept zu finden:

  • Energie (positive)
  • Elektrisieren (Fähigkeit, andere Menschen zu inspirieren)
  • Entschlusskraft (Mut zu klaren Entscheidungen)
  • Ergebnisorientierung (Erfolgswille)
  • Passion (Leidenschaft, Herzblut)