
Wer erfolgreich sein will, muss nicht nur empathisch, sondern auch in der Lage sein, Konflikte zu lösen, Mitarbeiter zu motivieren und strategisch zu denken.
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Führungsarbeit
Erfolgsfaktoren im Gemeinde-Management
Die Ära der „Dorfkaiser“ gehört schon lange der Vergangenheit an. In früheren Zeiten konnten Entscheidungen in Gemeinden oft autoritär und ohne größere Rücksicht auf die Gemeinschaft durchgesetzt werden. Doch diese Vorgehensweise entspricht nicht mehr den Anforderungen einer modernen Gesellschaft. Der Wandel hin zu mehr Mitbestimmung und Zusammenarbeit bietet Chancen, die weit über die Vermeidung von Konflikten hinausgehen.
Der chinesische Philosoph Laotse sagte einst: „Wer Menschen führen will, muss hinter ihnen gehen.“ Diese Weisheit spiegelt sich in den Anforderungen moderner Führung wider. Es geht nicht mehr um Kontrolle oder Dominanz, sondern um Kooperation, Vertrauen und das Streben nach gemeinsamen Zielen. Dies stellt hohe Anforderungen an die Führungspersönlichkeiten – insbesondere in Gemeinden, wo Nähe und Transparenz von entscheidender Bedeutung sind.
Die wachsenden Anforderungen an Gemeindeoberhäupter
Die Rolle eines Bürgermeisters hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Während sich die Aufgaben früher auf administrative und repräsentative Tätigkeiten beschränkten, umfasst die Arbeit heute ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Kompetenzen. Neben organisatorischen und planerischen Aspekten braucht es heutzutage vermehrt juristische Kenntnisse, ökonomisches Denken und soziale Kompetenzen. Wer erfolgreich sein will, muss nicht nur empathisch, sondern auch in der Lage sein, Konflikte zu lösen, Mitarbeiter zu motivieren und strategisch zu denken.
Die äußeren Rahmenbedingungen verschärfen diese Herausforderungen zusätzlich. Finanzielle Mittel werden zunehmend knapper, während gleichzeitig die Erwartungen der Bürger steigen. Themen wie Digitalisierung, demografischer Wandel und nachhaltige Entwicklung drängen immer stärker in den Fokus. Besonders herausfordernd ist die Erwartungshaltung an Transparenz und Bürgerbeteiligung, die von modernen Gemeindeoberhäuptern abverlangt, die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu nehmen.
Prinzipien moderner Führung: Von der Vision zur Umsetzung
Gute Führung beginnt mit klaren Prinzipien. Diese sollten nicht nur auf dem Papier existieren, sondern aktiv gelebt werden. Die klassischen, kurzfristigen Wahlzuckerl sind zwar schön fürs Auge und die PR – bieten für die Bürgerinnen und Bürger aber letztlich kaum den erhofften Mehrwert. In einer Gemeinde bedeutet dies, im besten Falle durch eine Bürgerbeteiligung eine langfristige Vision zu entwickeln und gleichzeitig kurzfristige Herausforderungen zu meistern. Sobald eine klare Vorstellung der Vision existiert, am besten in einfachen Sätzen formuliert – beginnt die Umsetzung. Die Absicht, die gemeinsam kreierte Vision wahr zu machen, verwandelt sich in einen Auftrag – in eine Mission. Sie regelt, was hier und jetzt zu tun ist, um das vorgegebene Ziel zu erreichen. Erfolgreiche Führungskräfte setzen dabei auf folgende Grundpfeiler:
- Klare Kommunikation: Ziele und Entscheidungen müssen offen und nachvollziehbar kommuniziert werden.
- Vertrauen schaffen: Eine transparente und vertrauensvolle Zusammenarbeit bildet die Basis für ein produktives Arbeitsumfeld.
- Teamentwicklung fördern: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Rückgrat jeder Gemeinde. Ihre individuellen Stärken zu fördern und ein harmonisches Miteinander zu unterstützen, ist entscheidend.
- Erarbeitung von Reglements – Klarheit in Prozessen & Abläufen schaffen: „Weich zu den Menschen – aber gleichzeitig hart in der Sache“ – ohne klare Regelungen und eine konsequente Durchsetzung verlieren die ersten drei Grundpfeiler – Kommunikation, Vertrauen und Teamentwicklung – an Wirkung.
Ziele können nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten wissen, woran sie sich orientieren müssen. Führungskräfte sind in der Verantwortung, diese Rahmenbedingungen nicht nur transparent zu gestalten, sondern sie auch mit Nachdruck durchzusetzen, sonst wird bald gegen die sprichwörtlichen „Windmühlen“ gearbeitet. Unklare oder inkonsequent angewandte Regeln führen schnell zu Verunsicherung, Spannungen und einem Verlust an Vertrauen. Verlässliche Reglements schaffen hingegen Sicherheit, fördern eine einheitliche Ausrichtung und ermöglichen es Teams, ihre Energie auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Erreichung gemeinsamer Ziele.
Methoden wie Feedbackgespräche, Workshops zur Teamentwicklung und regelmäßige Evaluierungen tragen dazu bei, die Leistung des Teams zu steigern. Darüber hinaus spielt die persönliche Vorbildfunktion eine zentrale Rolle: Eine Führungskraft, die ihre Werte authentisch lebt, inspiriert ihre Mitarbeiter und stärkt das Vertrauen in die gesamte Gemeindeverwaltung, die letzten Endes auch auf die Bürgerinnen und Bürger nach außen abfärbt.
Innovative Ansätze in der Gemeindeführung – Selbstreflexion & Selbstkontrolle
Die Herausforderungen der heutigen Zeit erfordern neue Ansätze. Emotionale Intelligenz, Kreativität und Offenheit sind zu Schlüsselfaktoren geworden. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt – sowohl in der Führung der Mitarbeiter als auch im Umgang mit den Bürgern. Als Basis dieser emotionalen Intelligenz dienen Selbstreflexion und Selbstkontrolle: Selbstreflexion ist die Fähigkeit, die eigenen Emotionen, Gedanken und Verhaltensmuster ehrlich zu hinterfragen und zu verstehen. Sie hilft Führungskräften einer Gemeinde, ihre Wirkung auf andere zu erkennen, persönliche Stärken zu nutzen und an Schwächen zu arbeiten.
Ohne Selbstreflexion fehlt die Grundlage, um bewusste Entscheidungen zu treffen und authentisch zu handeln. Ergänzend dazu ist Selbstkontrolle entscheidend, um impulsive Reaktionen zu vermeiden und stattdessen besonnen und professionell zu agieren – gerade in stressigen oder herausfordernden Situationen. Diese Säule ermöglicht es, Emotionen gezielt zu steuern, um ein konstruktives Arbeitsklima zu fördern und Vertrauen in der Zusammenarbeit aufzubauen.
Moderne Technologien nutzen
Ein wichtiger Aspekt ist die Nutzung moderner Technologien. Digitale Plattformen erleichtern nicht nur die interne Kommunikation, sondern ermöglichen auch eine effektivere Bürgerbeteiligung. Online-Bürgerforen, Umfrage-Tools und digitale Sprechstunden schaffen neue Möglichkeiten, die Bevölkerung in Entscheidungsprozesse einzubinden und deren Bedürfnisse besser zu verstehen.
Change Management
Zukunftsorientiertes Denken erfordert zudem die Bereitschaft, Veränderungen aktiv voranzutreiben. Ein Beispiel hierfür ist das Konzept des „Change Managements“. Hierbei geht es darum, Veränderungsprozesse nicht nur zu planen, sondern sie so zu gestalten, dass sie von allen Beteiligten mitgetragen werden. Dies erfordert Fingerspitzengefühl und eine klare Strategie.
Ein aktuelles Beispiel auf Gemeindeebene ist die Einführung der Applikation „Digitales Amt“. Der Erfolg dieses Projekts hängt maßgeblich davon ab, wie gut die Mitarbeiter geschult werden und wie transparent die Veränderungen kommuniziert werden, um Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen.
Die Vielfalt moderner Führungsstile
In der heutigen Gemeindearbeit sind unterschiedliche Führungsstile gefragt. Die Wahl des passenden Stils hängt von der jeweiligen Situation und den beteiligten Personen ab. Hier ein Überblick über bewährte Führungsstile:
- Kooperativer Führungsstil: Die Führungskraft bezieht das Team aktiv in Entscheidungsprozesse ein. Dies fördert Motivation und Eigenverantwortung.
- Partizipativer Führungsstil: Bürger und Mitarbeiter werden in Entscheidungen eingebunden, um Transparenz und Akzeptanz zu erhöhen.
- Transformationaler Führungsstil: Die Führungskraft vermittelt eine inspirierende Vision, die das gesamte Team motiviert und vereint.
- Laissez-faire-Führungsstil: Die Mitarbeiter erhalten großen Freiraum, was Kreativität und Eigenverantwortung fördern kann.
- Lateraler Führungsstil: Zusammenarbeit auf Augenhöhe steht im Mittelpunkt.
Jeder dieser Führungsstile hat seine Vor- und Nachteile und muss flexibel angewendet werden, um den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Entscheidend ist, dass die Führungskraft stets die Bedürfnisse des Teams im Blick behält und flexibel auf neue Herausforderungen reagiert.
Motivation: Der Schlüssel zum Erfolg
Motivation ist eine der wichtigsten Aufgaben jeder Führungskraft. Denn nur ein motiviertes Team kann Spitzenleistungen erbringen. Zu den zentralen Elementen der Mitarbeitermotivation gehören:
- Wertschätzung und Anerkennung: Lob stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern auch die Loyalität der Mitarbeiter.
- Transparente Kommunikation: Klare Informationen schaffen Vertrauen und vermeiden Missverständnisse.
- Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten: Weiterbildungen und Karrieremöglichkeiten steigern das Engagement.
- Einbindung in Entscheidungen: Wer das Gefühl hat, gehört zu werden, fühlt sich stärker mit seiner Arbeit verbunden.
Regelmäßige Teambesprechungen, offene Feedbackrunden und die Förderung einer positiven Fehlerkultur sind weitere Maßnahmen, um die Motivation im Team langfristig zu sichern.
Fehlerkultur: Lernen statt bestrafen
In einer modernen Gemeinde sollte es nicht darum gehen, Fehler zu vermeiden, sondern aus ihnen zu lernen.
Eine offene Fehlerkultur fördert Innovation und Risikobereitschaft. Dies ist besonders wichtig, um neue Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln. Führungskräfte müssen dabei eine Vorbildrolle einnehmen, indem sie eigene Fehler eingestehen und zeigen, wie man konstruktiv mit Rückschlägen umgeht.
Eine positive Fehlerkultur beinhaltet zudem regelmäßige Reflexionen. Welche Maßnahmen waren erfolgreich? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Solche Fragen helfen dabei, Prozesse kontinuierlich zu optimieren und das Vertrauen der Mitarbeiter zu stärken.
Fazit: Die Balance zwischen Tradition und Fortschritt
Das Berufsbild kann Spaß machen, wenn man in der Führung und Organisation auch Veränderungsprozesse zulässt – ein Balanceakt zwischen Tradition und Innovation. Einerseits gilt es, bewährte Strukturen zu erhalten. Andererseits müssen neue Wege beschritten werden, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.
Mit einem klaren Blick für das Wesentliche, der Fähigkeit zur Motivation und einer strategischen Ausrichtung können Gemeindeoberhäupter ihre Kommune nachhaltig positiv entwickeln. Dabei ist es entscheidend, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – sowohl in der Führung der Mitarbeiter als auch im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Denn eines ist sicher: Eine starke Gemeinschaft entsteht nur durch ein starkes Team, das von einer inspirierenden Führung begleitet wird. Wer diese Kunst beherrscht, wird nicht nur die Herausforderungen der Gegenwart meistern, sondern auch die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft legen.
Der Beitrag erschien in der NÖ Gemeinde 2/2025.