Für den öffentlichen Auftraggeber ist es ratsam, veränderliche Preise in den Verträgen vorzugeben.
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Teuerung

(K)ein Ende der Preissteigerungen in der Bauwirtschaft in Sicht?

Die letzten drei Jahren haben die Bauwirtschaft vor große Herausforderungen gestellt. Insbesondere bedingt durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg kam es zu Lieferengpässen und massiven Preissteigerungen. Ist diese Preisvolatilität gekommen, um zu bleiben? Und wie kann das Vergaberecht helfen?

Aufgrund der massiven wirtschaftlichen Auswirkungen kam es in den letzten Jahren auch in der juristischen Fachliteratur zur einer umfassenden Auseinandersetzung mit Preissteigerungen und deren Auswirkungen auf bestehende Bauverträge.

Zusammengefasst sind Preissteigerungen aufgrund der Pandemie oder des Ukraine-Kriegs bei einem Vertrag, dem die ÖNORM B 2110 zugrunde liegt, dem Auftraggeber zuzurechnen.

Der konkrete Nachweis, dass diese Ereignisse ursächlich für die nach wie vor anhaltenden Preisschwankungen sind, wird vom Auftragnehmer allerdings immer schwieriger zu erbringen sein. Teilweise wird daher vorgeschlagen, dass der Auftragnehmer den Vertrag bei massiven Preissteigerungen aufgrund von Unwirtschaftlichkeit anpassen kann und es dadurch zu einer Risikoteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer kommt. 

Weniger intensiv beleuchtet wurde bisher jedoch der Umgang mit Preissteigerungen bei erst abzuschließenden Verträgen. Diese Verträge werden in Kenntnis der wirtschaftlichen Situation und der Preisvolatilität vereinbart. Seitens des (öffentlichen) Auftraggebers sind daher präzise vertragliche Regelungen sowie Vorkehrungen in den Ausschreibungsunterlagen zu treffen. 

Veränderliche Preise vs. Festpreise

Während das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) nur eine Preisart kennt, wird sowohl im Bundesvergabegesetz (BVergG) als auch in den einschlägigen ÖNORMEN zwischen Festpreisen und veränderlichen Preisen unterschieden. 

Festpreise sind Preise, die während der Vertragslaufzeit nicht angepasst werden. Erhöhungen der (kollektivvertraglichen) Löhne oder Materialpreissteigerungen haben daher keine Auswirkungen auf die vereinbarten Preise.

Gemäß dem Bundesvergabegesetz dürfen Festpreise grundsätzlich nur für ein Jahr vereinbart werden. Regelmäßig werden daher Mischsysteme vorgesehen, bei denen zunächst Festpreise und danach veränderliche Preise gelten. Teilweise werden solche Regelungen jedoch als unzulässig erachtet.

Unabhängig davon ist die Vereinbarung von Festpreisen in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation aber auch nur bedingt sinnvoll. Einerseits besteht das Risiko, dass durch eine Festpreisvereinbarung unkalkulierbare Risiken auf den Auftragnehmer überwälzt werden – dies ist gemäß BVergG nicht zulässig. Andererseits besteht die Gefahr, dass der Auftragnehmer hohe Zuschläge in seine Preise einkalkuliert, um das Risiko von Preissteigerungen abzufedern. 

Für den öffentlichen Auftraggeber ist es daher ratsam, veränderliche Preise in den Verträgen vorzugeben. Die vom Auftragnehmer angebotenen Preise werden auf Basis von Preisumrechnungsgrundlagen wertgesichert und an einen einschlägigen Index gebunden. Hierbei kommen grundsätzliche allgemeine Preisindizes wie etwa der Verbraucherpreisindex oder der Baukostenindex in Betracht.

Gerade bei größeren Bauvorhaben sind aber leistungsbezogene und/oder projektspezifische Indices zu empfehlen. Verändert sich der vereinbarte Index über eine gewisse – meist prozentuelle – Schwelle, können auch die vertraglichen Preise angepasst werden.

Kalkulationsgrundlagen offenlegen

Um die angebotenen Preise zu plausibilisieren, sollte dem Auftragnehmer seitens des (öffentlichen) Auftraggebers die Verwendung der ÖNORM B 2061 vorgegeben werden. Diese standardisiert die Preisermittlung und verpflichtet den Auftragnehmer zu einem bestimmten Aufbau seiner Kalkulation sowie zur Darstellung der Preisermittlung mittels Kalkulationsformblättern.

Dadurch kann leichter überprüft werden, ob die angebotenen Preise plausibel sind oder eben nicht. Spekulative Angebote können leichter identifiziert und in weiterer Folge ausgeschieden werden. Doch aufgepasst: Die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen kann irrtumsrechtliche Folgen haben. Hier ist vertragliche Vorsicht geboten. 

Das richtige Vergabeverfahren

Aufgrund der hohen preislichen Volatilität bieten sich gerade in der jetzigen Zeit flexible Vergabeverfahrensarten an. Oftmals wird der öffentliche Auftraggeber nämlich vor dem Problem stehen, dass die von den Bietern ursprünglich abgegebenen Angebote aufgrund der massiven Preissteigerungen nicht mehr von internen Beschlüssen gedeckt sind und daher das Vergabeverfahren zu widerrufen und neu auszuschreiben ist.

Ausschreibungen mittels Rahmenvereinbarungen oder dynamischen Beschaffungssystemen können hier die Lösung sein, weil dadurch ein Widerruf und kosten- und zeitintensive Neuausschreibungen verhindert werden können. Diese Vergabearten bieten sich dann an, wenn der öffentliche Auftraggeber mehrere Bauleistungen in einem bestimmten Zeithorizont zu vergeben hat.

Je nach Erfordernis der konkreten Bauleistung können unterschiedliche Verträge ausgeschrieben werden, um bestmöglich auf die jeweilige Marktsituation zu reagieren. Die weiteren Vorteile liegen auf der Hand: Neben der zeitlichen sowie der vertraglichen Flexibilität und dem Vermeiden von mehreren kostspieligen Ausschreibungen hat der öffentliche Auftraggeber zudem einen Pool an Unternehmen, auf die er über einen bestimmten Zeitraum zugreifen kann.

Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen

Kreislaufwirtschaft ist in aller Munde: Dabei handelt es sich um einen Ansatz, der darauf abzielt, Ressourcen zu erhalten, Abfälle zu minimieren und Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten, anstatt diese zu verschwenden. Das kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern kann letztlich auch zur Bekämpfung der Preissteigerungen dienen.

Durch die Implementierung von Ressourceneffizienz, Recycling und der Förderung von langlebigen Produkten können Unternehmen ihre Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten verringern und die Notwendigkeit neuer Materialbeschaffung reduzieren. Dies führt zu einer geringeren Nachfrage nach „neuen“ Bauressourcen und dadurch sinkenden Preisen.

Auch hier kommt wieder das Vergaberecht ins Spiel. Durch innovative und treffsichere Kriterien kann der öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffung die Kreislaufwirtschaft fördern. Dies hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Umwelt, sondern trägt auch dazu bei, Preisanstiegen in der Bauwirtschaft entgegenzuwirken.