Daniel Töpfer
Daniel Töpfer: „Die größten Schwierigkeiten gab es nicht direkt in unserer Verwaltung, sondern viel mehr in der Abstimmung mit übergeordneten Behörden wie dem Gesundheitsamt.“

„Wir waren oft schneller als die übergeordneten Stellen“

Ein Interview mit Bürgermeister Daniel Töpfer aus der baden-württembergischen Stadt Weissach zeigt, dass in Deutschland die Abstimmung der Behörden in der Corona-Krise nicht immer ideal funktioniert hat.

Wie halten Sie während der Krise Kontakt zu den Bürgern? Haben Sie zum Beispiel virtuelle Bürgersprechstunden eingerichtet oder verstärkt über soziale Medien kommuniziert?

Daniel Töpfer: Nachdem wir in Abstimmungen aller 26 Städten und Gemeinden unseres Landkreises frühzeitig den Rathausbetrieb einheitlich für den Besucherverkehr eingeschränkt haben, sind wir parallel auf die Angebote Telefon- und/oder Videokonferenz umgestiegen, die viele Kunden genutzt haben.

Das Hauptmedium zur Kommunikation war unser Mitteilungsblatt, das wöchentlich erscheint und an alle Haushalte kostenfrei verteilt wird. Als Bürgermeister habe ich verstärkt meine Profile in den Sozialen Medien bedient und kurz nach der Rathausschließung eine wöchentliche Telefonsprechstunde „Töpfer am Telefon“ (donnerstags von 16 bis 19 Uhr) eingerichtet, die sehr gut angenommen wurde.

Wie bereiten Sie sich auf den Sommer vor? Rechnen Sie zum Beispiel damit Freibäder öffnen zu können?

Meiner persönlichen Einschätzung nach werden Freibäder unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen (bspw. Begrenzung Anzahl Besucher in Relation zur vorhandenen Freifläche etc.) in Richtung Sommer wieder öffnen dürfen. Da wir in Weissach als Kommune kein Freibad / Schwimmbad betreiben, betrifft uns diese Situation jedoch nicht.

Darüber hinaus führen wir unsere öffentlichen Einrichtungen seit den beschlossenen Lockerungsmaßnahmen sukzessive zu einem Regelbetrieb zurück. In Bibliothek oder Rathaus werden wöchentlich mehr Besuchszeiten angeboten, da wir sehr strikt beobachten, wie sich die Besucherzahlen entwickeln.

Wo in der Verwaltung hat die Corona-Situation zu den größten Problemen geführt und wie sind Sie diese angegangen? 

Die größten Schwierigkeiten gab es nicht direkt in unserer Verwaltung, sondern viel mehr in der Abstimmung mit übergeordneten Behörden wie dem Gesundheitsamt. Der Informationsfluss war dort teilweise verzögert, sodass uns als Ortspolizeibehörde schon Infektionen bekannt waren, die offizielle Mitteilung vom Gesundheitsamt uns jedoch erst einige Tage danach erreichte. Da der Landkreis relativ schnell die Flut der Kontaktverfolgungen nicht mehr leisten konnte, sind wir als Kommune eingesprungen und haben diese Tätigkeiten frühzeitig übernommen.

Ansonsten kann ich feststellen, dass wir von Beginn an mit den eingerichteten Krisen- und Verwaltungsstäben eine gute und schnelle Kommunikation hinbekommen haben und die klare Aufgabenverteilung und Einbindung aller Fachämter sichergestellt hat, dass auftretende Probleme sehr zügig gelöst werden konnten.

Die größten Schwierigkeiten hatten wir am Ende bei der Beschaffung von Hygienematerialien (Masken / Desinfektionsmittel / Arbeitshilfen etc.), die wir jedoch in Eigenregie gelöst haben: Beispielsweise hat unser Bauhof 40 Desinfektionsmittelspender selbst gebaut, die u. a. in unseren Schulen im Einsatz sind.

Bei der Beschaffung von Schutzausrüstung hat das vorhandene Netzwerk zu regionalem Gewerbe dazu beigetragen, neue und kurzfristige Beschaffungswege zu ermöglichen, sodass wir – losgelöst von Sammelbestellungen – von Beginn an Schutzausrüstung zur Verfügung stellen konnten und bspw. auch unsere beiden Pflegeheime und die Diakonie-Sozialstation mit kostenfreien FFP2-Masken versorgen konnten, bis die großen Lieferungen, die auf Landkreiseben organisiert wurden, nach Wochen eingetroffen sind.

Wie hat sich die finanzielle Situation von Weissach seit Beginn der Kontaktbeschränkungen verändert?

Die finanziellen Auswirkungen können wir Stand heute noch nicht final abschätzen. Wir haben für unsere örtliches Gewerbe frühzeitig zinsfreie Stundungen und ergänzende Maßnahmen angeboten, die rege nachgefragt wurden.

Bei den Gewerbesteuervorauszahlungen zeichnet sich bereits ab, dass diese in den kommenden Wochen und Monaten von den zuständigen Finanzämtern mit Änderungsbescheiden spürbar herabgesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass wir im laufenden Jahr starke Einbußen (im Millionenbereich, geschätzt mehr als 50 %) bei der Gewerbesteuer erleiden werden.

Darüber hinaus mussten natürlich zahlreiche Dinge aufgrund der Corona-Pandemie beschafft werden, die im Haushaltsplan nicht mit Haushaltsmitteln versehen waren, sodass darüber hinaus außer- und überplanmäßige Ausgaben anfallen werden, deren Höhe wir jedoch noch nicht abschätzen können. Ebenso trifft uns der Ausfall der Betreuungsgebühren für Kinder- und Schulkindbetreuung im sechsstelligen Bereich.

Welche Hilfen würden Sie sich von Bund und Land für die Kommunen wünschen?

An erster Stelle muss ein monetärer Rettungsschirm für die Kommunen stehen – hier sollten Bund und Land Hand in Hand agieren, denn die durch die Corona-Pandemie entstandenen und noch entstehenden Löcher in den kommunalen Haushalten können die Kommunen nicht aus eigener Kraft stopfen. Die Einnahmeverluste und Mehrausgaben der Städte und Gemeinden müssen alleine deshalb kompensiert werden, damit die „Herzkammern“ unserer Bundesrepublik, die Kommunen, auch nach der Krise handlungs- und leistungsfähig bleiben. Denn trotz Corona geht das kommunale Leben weiter und wir müssen und wollen unsere Bürgerinnen und Bürgern nicht nur weiterhin gute Dienstleistungen anbieten, sondern nun auch vermehrt Vereine, Organisationen und das Gewerbe unterstützen. Darüber hinaus erhoffe ich mir, dass die Regierungen die Rahmenbedingungen schaffen, das Thema Digitalisierung in der kommunalen Gremienarbeit weiter voranzutreiben. In Baden-Württemberg sehe ich uns dabei auf einem guten Weg, sodass wir hoffentlich bald auch über Videokonferenzen und andere Kanäle Entscheidungsprozesse durchführen können.