Alfred Riedl vom österreichischen Gemeindebund
Alfred Riedl: "Univ.-Prof. Bernhard Raschauer hat in einem Gutachten nun deutlich dargelegt, dass all jene gesetzlichen Grundlagen, die den Gemeinden derartige Aufgaben übertragen, kompetenz- und damit verfassungswidrig sind."

Kompetenzen im Schulsystem müssen neu geordnet werden

Österreichs Gemeinden erhalten 4300 Pflichtschulen, während Bund und Länder rund 1000 Schulen betreiben. Dabei sorgen die Gemeinden grundsätzlich für Errichtung und Erhaltung der Schulgebäude inklusive der Einrichtung, von den Schreibtischen bis hin zur Kreide. Gerade, wenn es um die Schulen geht, kommen Debatten wie etwa Freizeitbetreuung und technische Ausstattung immer zuerst bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern an. Direktoren und Elternvertreter drängen nach Laptops und Tablets oder schulischer Tagesbetreuung. Die Gemeinden versuchen dann bedarfsgerechte Lösungen zu finden, weil sie den Druck vor Ort tagtäglich spüren.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Als Bürgermeister sind wir gerne die Ansprechpartner für unsere Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger – bei allen Fragen und auch bei schulischen Themen.

Die Herausforderung ist aber, dass viele dieser Anforderungen zu Kosten führen, die die Gemeinden allzu oft selbst stemmen müssen. Denken wir da etwa an die aktuelle Novelle zum Bildungsinvestitionsgesetz, die Bundesminister Faßmann kürzlich präsentiert hat. Wir haben die Novelle begrüßt, da damit zumindest vorläufig die Finanzierung der ganztägigen Betreuung der Schülerinnen und Schüler gesichert ist und es weiterhin Zuschüsse für die Personalkosten gibt.

Selbst Minister Faßmann hat zugeben müssen, dass sich die Gemeinden bei den Investitionen in die schulische Nachmittagsbetreuung zurückgehalten haben, weil sie befürchtet haben, am Ende des Tages auf den Kosten sitzen zu bleiben. Wir müssen nun die Novelle zum Anlass nehmen, die Kompetenzen und Zuständigkeiten im Schulsystem neu zu ordnen.

Klar ist nun: Wir müssen die Diskussion um die Finanzierung des gesamten Schulsystems ehrlich führen. Der Gemeindebund hat deswegen eine Rechtsmeinung zur Frage der Aufgaben und Pflichten der Gemeinde als Schulerhalter eingeholt.

Gutachten zeigt, wofür Gemeinden zuständig sind

Wir sind der Meinung, dass Freizeitpädagoginnen und -pädagogen, Sekretariatskräfte, Unterstützungspersonal, sowie Tablets für die Schüler nicht Aufgabe der Gemeinden sein können.

Univ.-Prof. Bernhard Raschauer hat in einem Gutachten nun deutlich dargelegt, dass all jene gesetzlichen Grundlagen, die den Gemeinden derartige Aufgaben übertragen, kompetenz- und damit verfassungswidrig sind. Er geht davon aus, dass nicht die Länder, sondern der Bund unmittelbar zuständig wäre, Aufgaben des administrativen und pädagogischen Schulbetriebs zu regeln. Nur in Angelegenheiten der Errichtung und Erhaltung der Schulinfrastruktur dürfen Länder Ausführungsgesetze erlassen.

Damit haben wir es nun schwarz auf weiß: Wir sind nur für die schulische Infrastruktur zuständig! Für alles andere sind Bund bzw. Land zuständig und müssen damit auch dafür aufkommen. Das bedeutet auch, dass das pädagogische Personal in eine Hand gehört.

Um Klartext zu sprechen: Wir werden uns natürlich nicht aus der Verantwortung im System Schule zurückziehen. Das sind wir den Familien und den Kindern in unseren Gemeinden auch schuldig, aber die Aufgaben und Kompetenzen müssen spätestens bis zum nächsten Finanzausgleich neu verteilt werden.