Netzwerkkabel
Das zukünftige Glasfasernetz (unabhängig, ob privat oder öffentlich) muss für alle Nachfrager (Netzbetreiber und Diensteanbieter) offen und neutral zugänglich sein.
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Glasfaser als grundlegende Infrastruktur

In Österreich werden nur 7,4 Prozent der Haushalte und Unternehmen mit Glasfaseranschlüssen erreicht. Und nur 1,1 Prozent nutzen diese Möglichkeit auch. Zur Finanzierung des Ausbaus sollte ein "Glasfaserfonds" gegründet werden.

Österreich ist – bezogen auf den Glasfaserausbau – Schlusslicht in der EU. Mit 340.000 Glasfaseranschlüssen (Stand: Oktober 2018) werden derzeit nur 7,4 Prozent aller Nutzungseinheiten (Wohnungen und Firmen) erreicht. Für das Ziel der landesweiten Versorgung mit Gigabit-Anschlüssen des aktuellen Regierungsprogramms müssen daher jetzt die Weichen an mehreren Stellen neu gestellt werden.

Denn es geht nicht mehr nur um Versorgungsleistungen von 30 oder 100Mbit/sek flächendeckend fürs ganze Land – egal mit welcher Technologie. Es geht jetzt um jene Leitungsnetz-Infrastruktur, die auch in 20 und 50 Jahren noch zukunftsfähig ist und die in Zeiten exponentiell steigender Datenraten zukünftig das Rückgrat für viele andere daran anknüpfende Mobil-/Breitband und Internet-Technologien bilden kann. Es geht um die Weichenstellungen für eine nachhaltige Glasfaser-Netz-Infrastruktur, flächendeckend für das ganze Land!

Für viele Gemeinden langfristig auch eine Frage von „Bleiben oder Gehen“

Die österreichischen Gemeinden – gerade am Land – wissen, wie sehr Basis-Infrastrukturen wie Kanal, Trinkwasser, Straßen, Stromleitungen und in Zukunft vor allem auch leistungsfähige Datenanbindungen über deren langfristige Entwicklung entscheiden. Zuzug oder Wegzug, Wachsen oder Schrumpfen, Bleiben oder Gehen ist auch eine Frage gleicher Rahmenbedingungen zwischen Stadt und Land. Und die Frage nach gleichen Rahmenbedingungen entscheidet sich auch jetzt anhand der Diskussion über die zukunftsfähige Glasfaserinfrastruktur für ganz Österreich und für jedes Haus.

Für den Hochleistungs- „DATENZUG“ der Zukunft müssen daher österreichweit fünf Weichen umgestellt werden:

  1. Der flächendeckende Glasfaserausbau muss als Aufgabe der Daseinsvorsorge und als maßgeblich für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Österreichs anerkannt werden.

    Denn es muss – egal ob im Ballungsraum oder am Land – ein „digitale Kluft“ in der Gesellschaft vermieden werden. Zum einen muss die Teilhabe der gesamten Bevölkerung an den Möglichkeiten eines Gigabit-Anschlusses gesichert sein. Zum anderen sichert der Glasfaserausbau auch die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum. Und in der Folge generiert die Möglichkeit schneller Datenverbindungen auch Innovationen, die sonst nur an den „Datenhotspots“ entstehen können. Es ist heute zwar noch gar nicht genau darstellbar, welche Kapazitäten durch das „Internet der Dinge“ – z. B. für autonomes Fahren, für Smart-Homes, für Industrie 4.0 oder für Anwendungen im Bereich der Gesundheitsvorsorge oder des Umwelt-Monitorings bzw. von „Virtual reality“-Technologien – in Zukunft noch notwendig sein werden. Aber wir erkennen schon jetzt aufgrund aktueller Studien die dringende Notwendigkeit, dass diese Chancen überall im Land gegeben sein müssen. Und selbst wenn heute nachfrageseitig die bestehende Situation als ausreichend empfunden wird und vielleicht auch noch für einige Jahre Brückentechnologien zur Verfügung stehen, müssen wir mit Verantwortung für die Zukunft jetzt mit dem flächendeckenden Glasfaserausbau beginnen, weil dieser einfach Zeit braucht.

     
  2. Es braucht den partnerschaftlichen Schulterschluss aller Gebietskörperschaften (Bund, Land und Gemeinden) und auch der öffentlichen und privaten Infrastruktur- und Telekommunikationsunternehmen.

    Beim Glasfaserausbau werden sich unzweifelhaft wirtschaftliche Interessen mit öffentlichen Interessen mischen. Die Regularien dafür stammen in wichtigen Bereichen noch aus der Zeit der Erstversorgung des Landes mit Telefonleitungen durch staatliche Unternehmungen, während zwischendurch privatisiert und dereguliert wurde. Für den Glasfaserausbau braucht es einen klaren Rechtsrahmen, der zumindest ein Glasfasernetz österreichweit für jede Nutzungseinheit („FTTH“ – „fiber to the home“) flächendeckend vorsieht. Und für periphere Gebiete müssen im Einzelfall – vor allem auch mit den Gemeinden vor Ort – Übergangstechnologien (z. B. Mobilfunk und Richtfunk) zur Versorgung geschaffen werden. Mittelfristig muss es aber das gemeinsame Ziel sein, überall dort, wo jetzt schon eine Kupferleitung liegt, diese auch im gemeinsamen Schulterschluss durch einen Glasfaseranschluss zu ersetzen.

     
  3. Das zukünftige Glasfasernetz (unabhängig, ob privat oder öffentlich) muss für alle Nachfrager (Netzbetreiber und Diensteanbieter) offen und neutral zugänglich sein.

    Die nahezu unbegrenzten Kapazitäten der Glasfasertechnologie erlauben technisch gesehen deren gleichzeitige Nutzung durch  viele Diensteanbieter und somit muss dafür Sorge getragen werden, dass auf ein und demselben Netz Wettbewerb geschaffen wird.

    Ähnlich ist das jetzt schon beim Strom, wo die Netzgesellschaften gegen einheitliche Netznutzungsgebühren Durchleitungen anbieten. Oder auf der Bahn, wo einheitliche Bedingungen die Geleise auch für Privatanbieter bei der Logistik oder beim Personentransport geöffnet haben. Auch die Glasfasernetze der Zukunft müssen derart „offen“ und „neutral“ betrieben werden. Eine Trennung von Netzgesellschaften und Diensteanbietern ist dazu mittelfristig in ganz Österreich notwendig und soll für jene Netze sofort verpflichtend sein, die mit öffentlichen Mitteln ausgebaut werden.

     
  4. Neben dem „Bandbreitenziel“ muss ein „Infrastrukturziel“ in Form von konkreten Ausbaugebieten und Ausbauzeiträumen festgelegt werden. 

    Am Ende soll jede Gemeinde wissen: „Wann, durch wen und wie ist bei mir ein Ausbau geplant und in welchen Zonen wird es vorerst eine Übergangstechnologie geben, bevor dann mittel- und langfristig auch die Glasfaserinfrastruktur kommt.“  Und es muss für jede Gemeinde auch ausdiskutiert und klargelegt werden, welche Vorleistungen oder Leistungen von der Einzelgemeinde einzubringen sind. Notwendig dafür ist natürlich auch ein aktiver Beitrag und Zugang der Gemeinde zum Thema, wie ihn interessanterweise schon viele Gemeinden durch Selbstausbau beweisen. Am Ende soll mit einem klaren Plan eine „Überbauung“ und „doppeltes Graben“ verhindert werden.

     
  5. Es braucht eine neue Förderstrategie, die einerseits eine flächendeckende Versorgung verfolgt und die auch ihre Förderhöhen nach realisierbaren Markteinnahmen differenziert. 

    Die notwendigen Investitionsvolumina für einen flächendeckenden Glasfaserausbau in Österreich werden auf 8 bis 12 Milliarden Euro geschätzt. Eine Summe, die viele Entscheidungsträger von vornherein abschreckt, die aber realisierbar ist. Das Beispiel des flächendeckenden Ausbaues der Kanalisation in den letzten 25 Jahren durch die Kommunen zeigt, wie es gehen könnte. Rund 18,4 Milliarden an förderfähigen Investitionen wurden mit Hilfe des Umweltförderungsgesetzes und einer darin vorgesehenen Fondslösung seit damals konzentriert auf vordefinierte Ausbaugebiete und Ausbauqualitäten mitfinanziert.

Ein bundeseinheitlicher Glasfaserfonds könnte als ähnliches zentrales Finanzierungsinstrument agieren und dann funktionieren, wenn er ausschließlich in „Dark Fiber“ bzw. „Open access“ Netze investiert bzw. seine Mittel auf ein österreichweites „Basisnetz“ fokussiert und über längere Finanzierungszeiträume auch Markteinnahmen bei der Förderhöhe für die Ausbauträger (idealerweise die öffentliche Hand in Form von Netzgesellschaften) berücksichtigt. Umgekehrt wäre damit sichergestellt, dass die Förderhöhen in jenen Gebieten, in denen kaum oder erst über längere Zeiträume „marktbezogene“ Einnahmen generiert werden, auch so hoch sind, dass ein Ausbau insgesamt möglich wird.

"Glasfaserfonds" zur Finanzierung des Ausbaus

Zur Finanzierung sollte ein Glasfaserfonds neben laufenden Mitfinanzierungen aus dem Budget auch auf „kreative“ neue Einnahmen mit Steuerungseffekt zurückgreifen:

 Einnahmen aus Frequenzauktionen könnten einen Fonds nicht nur einmalig bei der Frequenzvergabe, sondern vielmehr laufend - verbunden mit den  Datenmengen, die über Einzelsenderstandorte laufen - speisen. Das würde für sich einen Ausgleichseffekt zwischen Hotspots und Peripherie ergeben. Eine wohl schon oft diskutierte Mastenabgabe – ähnlich einer Landschaftsabgabe – könnte neben der Mitspeisung eines Glasfaserfonds auch einen positiven Effekt auf die Konzentration von 5G Sendeanlagen haben.

 Die bisherigen Zahlungen für die „Universaldienstverpflichtung“ sollten neuen Gegebenheiten zufolge auch neu orientiert und dem  Glasfaserausbau „zweckgewidmet“ werden.

Es geht jetzt um die Zukunft unserer Kommunikation und damit die Zukunft des Landes in einer digitalisierten Welt.

Die Breitbandstrategie des Bundes (BBA 2020) wird aktuell neu diskutiert. Die Erfahrungen aus der bisherigen Breitbandmilliarde, Rechnungshofberichte usw. haben gezeigt, dass es Nachbesserungsbedarf gibt. Und wir realisieren zunehmend, dass es nicht mehr nur um weitere Schritte von einer 30 Mbit zur 100 Mbit Versorgung geht, sondern dass wir von einer der wesentlichsten Basis-Infrastrukturen für unser Land auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft reden. Das braucht einen Blick weit in die Zukunft und es braucht auch Mut, um entgegen kurzfristiger Gewinnmaximierung und Budgetknappheit in eine landesweite Glasfaserinfrastruktur zu investieren.

Stellen wir jetzt die Weichen auf Datenübertragung mit Lichtgeschwindigkeit um! 

Die Dimensionen des Glasfaserausbaus am Beispiel der Gemeinde Ardagger

  • 47km2; 3500 Einwohner; 1200 Haushalte
  • Rund 100 Kilometer neue Leitungen (ftth)
  • Rund 4,5 Mio. Euro Gesamtkosten
  •  Rund 10 bis 15 Jahre realistische Ausbauzeit

technische Voraussetzungen für 5G