Der Stein des Anstoßes. Hütten in der Zwettler Katastralgemeinde Annatsberg.

Amtsmissbrauchsverfahren gegen einen Bürgermeister

Die Rechtsprechung hat sich zum Nachteil von Bürgermeistern in Bausachen verschärft! Wie schon mehrfach erörtert, kann der Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt auch durch Unterlassen begangen werden, nämlich dann, wenn ein Beamter es unterlässt einen Hoheitsakt vorzunehmen oder vorzubereiten, obwohl er ihn vornehmen oder vorbereiten sollte.

Ein Bürgermeister ist als Baubehörde erster Instanz für das Zustandekommen von Hoheitsakten - Bewilligungen von Bauvorhaben oder Abbruchverfahren - zuständig; er ist Garant für derartige Hoheitsakte.



Ein Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz ist darüber hinaus auch zur Anzeige von Verwaltungsübertretungen, die in seinem Vollzugsbereich begangen worden sind, an die Verwaltungsstrafbehörde (Bezirkshauptmannschaft) verpflichtet.



Im konkreten Fall wurden bei der Baubehörde Schwarzbauten angezeigt. Die Baubehörde hat daraufhin keinen Abbruchsauftrag erteilt und auch keine Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde erstattet. Der Bürgermeister als Baubehörde hat jedoch die Umwidmung des betroffenen Grundstückes veranlasst, welche nach mehr als zweijähriger Dauer abgeschlossen wurde. Danach erfolgte das Bewilligungsverfahren. Nach Abschluss aller dieser Verfahrensschritte erfolgte eine Anzeige und hat die Staatsanwaltschaft nach Prüfung des Sachverhaltes Anklage gegen den Bürgermeister wegen Amtsmissbrauch erhoben.



Der OGH hat in seiner neueren Rechtsprechung (17 Os 7/13b, 17 Os 10/13v) erstmals klargestellt, dass Missbrauch einer Verfahrensvorschrift dann Missbrauch der Amtsgewalt begründet, wenn er wissentlich vorgenommen wird und der begleitende Schädigungsvorsatz nicht nur auf Verletzung eines – bloß abstrakten – Rechts auf dieser Vorschrift entsprechenden Gebrauch der Befugnis, sondern auf Vereitelung des von dieser Vorschrift erfolgten Schutzzwecks gerichtet sei. Mit anderen Worten: es geht um eine ordnungsgemäße Führung des Verfahrens, im konkreten Fall des Bauverfahrens durch Erteilung des Abbruchsbescheides. Eine nachträgliche Sanierbarkeit von Verfahrensstößen (Schwarzbau) mit Hilfe von außerordentlichen Rechtsbehelfen ist demnach ohne Belang.



Nach dieser Judikatur käme es daher nicht (mehr) darauf an, dass durch die nachträglich erfolgte Umwidmung und die nachträglich erteilte Baubewilligung nach rund 3 Jahren der Baukonsens hergestellt werden konnte, sondern vielmehr darauf, dass dann, wenn ein Schwarzbau besteht, die Baubehörde erster Instanz dazu verpflichtet ist, das darauf anzuwendende gesetzmäßige Verfahren ordnungsgemäß durchzuführen, das heißt, einen Abbruchauftrag zu erteilen. Das amtsmissbräuchliche Verhalten ist daher im Unterlassen der ordnungsgemäßen Führung des Abbruchsverfahrens zu erblicken, unabhängig davon, ob die nachträgliche Sanierung (Umwidmung der Fläche zum Zweck der nachträglichen Baubewilligung) erfolgversprechend erscheint. Ein Sanierungsversuch würde demnach die Baubehörde nicht mehr von der unmittelbaren Handlungspflicht befreien.



Gleiches gilt auch für die Verpflichtung zur Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft; das verwaltungsstrafrechtlich relevante Verhalten – Errichtung eines Schwarzbaus – verpflichtet die Baubehörde bei Kenntnis hievon, diese Verwaltungsübertretung anzuzeigen, unabhängig davon, ob aufgrund von Sanierungsmöglichkeiten der Schwarzbau nachträglich bewilligt werden kann.



Das im konkreten Fall ergangene Urteil ist noch nicht rechtskräftig.