Christine Siegel
Christine Siegel: „Das Miteinander ist das Allerwichtigste, Sonst bringt man nichts weiter.“
© Gemeinde Bad Gleichenberg

Gut gerüstet für die Zukunft

Seit drei Jahrzehnten gestaltet Christine Siegel die Gemeindepolitik in Bad Gleichenberg mit. In ihre Amtszeit als Bürgermeisterin fällt die Gemeindefusion ebenso wie die erfolgreiche Belebung des Ortszentrums.

Der Gleichenberger Kogel und der Bschaidkogel sind zwei benachbarte Hügel. Beide sind knapp 600 Meter hoch, beide sind erloschene Vulkane und beide sind in ihrer Form und Erscheinung dermaßen ähnlich, dass sie die „Gleichenberge“ genannt werden. Ihnen verdankt der Kurort Bad Gleichenberg seinen Namen. Und wie der Ursprung schon erahnen lässt, befinden sich der Ort und die Berge im sogenannten Steirischen Vulkanland im Südosten des Bundeslandes. 

Bad Gleichenberg hat in seiner jüngsten Geschichte einen ereignisreichen Wandel durchgemacht. Mitgeprägt hat ihn über weite Strecken die Bürgermeisterin Christine Siegel, die bereits seit über 30 Jahren im Gemeinderat mitwirkt und seit 2004 an der Spitze der Gemeinde steht. „Im Jahr 1990 war es alles andere als Usus, dass eine Frau im Gemeinderat vertreten ist“, erinnert  sie sich zurück.

Mehr Weiblichkeit für den Gemeinderat

Eine Gruppe von Männern trat an die gelernte Köchin heran, die damals eine kleine Frühstückspension betrieb, und versuchte sie deshalb für die Politik zu gewinnen, „um ein bisschen Weiblichkeit in den Gemeinderat zu bringen“. Mit Erfolg. Siegel leistete in dieser Hinsicht Pionierarbeit und merkte schnell: „Als Frau in der Politik muss man sich ständig beweisen und oft viel mehr arbeiten, um die Anerkennung der Männer zu bekommen.“

Je mehr Frauen in den Gemeinderat einzogen, desto besser wurden auch die Sprachkultur und der Umgang miteinander. „Da war anfangs schon ein mitunter rauer Umgang. Aber es hat sich gebessert“, erinnert sich Siegel. Am wichtigsten sei aber ohnehin das Miteinander: „Das ist in der Gemeindepolitik das Allerwichtigste, sonst bringt man nichts weiter.“ 

Ein Hauptplatz für Bad Gleichenberg

Weitergebracht hat Siegel im Laufe ihrer Amtszeit so einiges. Als rückblickend größten Erfolg nennt sie die Zentrumsentwicklung und meint damit in erster Linie die Schaffung des Hauptplatzes, denn „bis 2014 hatten wir kein Ortszentrum. Das Zentrum war am ehesten noch das Kurhaus, doch eigentlich war da nur eine schmale Straße, die sich den Ort hinuntergezogen hat. Das haben wir verändert, indem wir das Parkhotel erworben und es dann geschliffen haben.“

Investoren, die daneben das Kurhotel erwarben, haben in Folge eine Tiefgarage errichtet und die Gemeinde darauf den Hauptplatz. „Das ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte“, zeigt sich Siegel zu Recht stolz. Bestand früher das Problem, dass die Bank, der Arzt und Ähnliches absiedelten, gelang mit dem Hauptplatz eine beeindruckende Trendwende. In seinem Umfeld siedelten sich bald zwei praktische Ärzte, zwei Zahnärzte, ein Orthopäde, ein Steuerberater, ein kleines Massageinstitut, das Speiskastl (regio­nale Produkte) und Trafik- und Lederwaren  an.

„Wir haben ein großes Modegeschäft am Hauptplatz, das Tourismusbüro, den Vintage­laden, und auch die Gastronomie ist mit ein paar schönen Lokalen vertreten. Der Hauptplatz hat einen beliebten Brunnen, der zu den Klängen des Kaiserwalzers und des Donauwalzers die Wasserfontänen springen lässt, und auch wenn er eine große befestigte Fläche darstellt, so ist er dennoch sehr grün.

Ausgehend von der Wirtschaft findet auf dem Platz übrigens jeden Freitag ein Vulkanlandmarkt statt, und noch etwas hat sich verändert, denn es sind auch etliche Wohnungen  im Zentrum entstanden. Davor hat außer den Kur- und Urlaubsgästen kaum jemand im Zentrum gewohnt. Jetzt gibt es Wohnungen direkt am Hauptplatz. Hotellerie und Ferienwohnungen finden ebenso Platz. Demnächst eröffnet auch noch ein Anwalt hier seine Kanzlei und eine Indoor-Golfanlage ist im Entstehen. Zusammengefasst kann man sagen, dass die Ortskernbelebung in Bad Gleichenberg ein voller Erfolg war und ist.“ 

Hauptplatz von Bad Gleichenberg
Der Hauptplatz von Bad Gleichenberg wurde erst unter Christine Siegel geschaffen. Zuvor besaß der Kurort kein richtiges Ortszentrum. 

Leider war nicht immer alles in der Gemeinde so eindeutig positiv. Aufgrund der Gemeindestrukturreform fusionierte Bad Gleichenberg im Jahr 2015 mit Bairisch-Kölldorf, Merkendorf und Trautmannsdorf in Oststeiermark. Siegel und ihr Team gewannen auch die erste Wahl der neuen Gemeinde Bad Gleichenberg mit 12 von 25 Mandaten. Im Zuge dessen gab es einige Befindlichkeiten und „bis 2020 war es eine mitunter recht schwierige Zeit“, erzählt Siegel. Seit der letzten Wahl hat sie wieder die absolute Mehrheit und die Wogen haben sich geglättet. Gott sei Dank, denn die Herausforderungen in der ­Gemeinde fordern Siegels volle Aufmerksamkeit.

Die Corona-Krise traf Bad Gleichenberg nämlich in besonderer Weise. Dazu muss man wissen, dass die Gemeinde zwei wesentliche Standbeine hat. Zum einen ist das der Tourismus. Als Kurort hat Bad Gleichenberg etliche Hotels und Beherbergungsbetriebe. Das Klinikum, das auf Lungenkrankheiten spezialisiert ist und eine eigene Long-Covid-Rehabilitationsstation besitzt, bringt ebenfalls Genesungsgäste in den Ort. Zum anderen ist Bad Gleichenberg ein bedeutender Ausbildungsstandort. Zu den Volksschulen und der neuen Mittelschule kommen die Landes­berufsschule für Kulinarik und Tourismus, die seit einem Jahr zusätzlich noch Fleischer, Bäcker und Konditoren ausbildet, die privaten Tourismusschulen des Hotelfachschulvereins sowie die Fachhochschule Joanneum Graz mit dem Schwerpunkt Gesundheitsberufe.  

Fachhochschule des Joanneum Graz in Bad Gleichenberg
Die Fachhochschule des Joanneum Graz kostet die Gemeinde viel Geld, dafür war und ist sie ein entscheidender Faktor für die Festigung Bad Gleichenbergs als bedeutender Schulstandort.     

Als die Lockdowns kamen, traf das beide Standbeine der Gemeinde mit voller Wucht. Alles musste schließen, die Hotels, das Kurhaus, die Schulen und zum Teil sogar das Klinikum. „Es gab weniger Müll, weniger Wasserverbrauch, dadurch weniger Kanalbenützung. Der ganze Gebührenhaushalt lief Gefahr, ein großes Tohuwabohu zu werden, und für das Gemeindebudget war es prekär, denn wir hatten natürlich auch bei den Kommunalsteuern große Einbußen“, erinnert sich Siegel. „Jetzt läuft es wieder einigermaßen, aber es wird schon noch ein wenig dauern, bis wieder Normalität herrscht.“ Immerhin ist die Buchungslage derzeit wieder sehr erfreulich und stimmt zuversichtlich, künftig wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau von 300.000 Nächtigungen pro Jahr zu kommen. 

Bei aller Aufmerksamkeit für den Tourismus und  den Bildungssektor sollte man aber nicht vergessen, dass Bad Gleichenberg eine „absolut schöne Wohngemeinde“ ist, gibt Siegel zu bedenken – und tatsächlich ist die Infrastruktur beeindruckend gut.

Von der Kinderkrippe bis zum Studium reicht das Ausbildungsangebot, vom Freibad bis zum Golfplatz die sportliche Bandbreite, von den drei Pflegeheimen über betreutes Wohnen bis hin zur Tagesbetreuung reicht das Angebot für Senioren und Seniorinnen, und wer ein Haus bauen möchte, findet sämtliche Gewerke in der Gemeinde.

Freibad in Bad Gleichenberg
Bad Gleichenberg hat eine gute und umfangreiche Infrastruktur. Im Bild das Freibad der Gemeinde.

Auch bei der Nahversorgung findet man mit Unimarkt, Hofer, Spar und Billa so ziemlich alle großen Supermarktketten im Ort, ebenso wie regionale Anbieter in den Bauern­läden und auf Märkten. Das ist schon besonders, bedenkt man, dass die Gemeinde vor der Fusion gerade einmal 2.200 Einwohner zählte.

Ob sich die Fusion rechnet, wird man erst in ein paar Jahren sehen. „Die Einsparungen kann man jetzt noch nicht eindeutig feststellen, zumal die Arbeit nicht weniger geworden ist, sondern im Gegenteil immer mehr wird. Und es war früher schon so, dass wir mit den umliegenden Gemeinden vieles gemeinsam gehabt haben. Vom Schulverband über die Musikkapelle, die Pfarre und die Wasserversorgung bis zur Kläranlage“, berichtet Siegel.

Apropos, die Kläranlage wurde mit einer großen PV-Anlage ausgestattet und die Wasserversorgung erhält neue Brunnen und Leitungen. Umfangreiche Straßenerneuerungen stehen an, und im Zuge dieser auch die Sanierung darunter befindlicher Leitungen und Kanäle.

Photovoltaikanlage in Bad Gleichenberg
Die gemeindeeigene Kläranlage wird von einer großflächigen PV-Anlage versorgt.

Ein Generationenspielplatz ist im Entstehen und auch die Neugestaltung des Kurparks hat sich Christine Siegel vorgenommen. Langweilig wird ihr also auch in Zukunft sicher nicht. Tatendurstig ist sie nach wie vor, und sie ist dankbar. Dafür, dass ihre Bürger ihr schon über so lange Zeit das Vertrauen schenken, dankbar für großartige und loyale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in allen Bereichen, dankbar für eine verständnisvolle Familie, dankbar für ein erfülltes Leben und dankbar, dass sie Bad Gleichenberg federführend mitgestalten darf. Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens, sagt man. Unter ihrer Führung scheint Bad Gleichenberg jedenfalls für die Zukunft bestens gerüstet zu sein.

Zur Person

Christine Siegel

Alter: 60

Gemeinde: Bad Gleichenberg 

Einwohnerzahl: 5.173 (2021)

Bürgermeisterin seit: 19. September 2004

Partei: ÖVP