Bürgermeisterin Höfelsauer

"Fürst am Land" passiert unweigerlich

19. Januar 2016
Sie ist Krimiautorin und seit vergangenem Jahr Bürgermeister im Salzburger Lend. Michaela Höfelsauer erzählt, wie es dazu kam.

Sie schreiben Krimis. Wie kam es dazu?



Als ich damit begonnen habe, war ich Vizebürgermeisterin und gleichzeitig Leiterin des Seniorenheims. Das waren zwei herausfordernde Tätigkeiten und ich stand sehr unter Druck. Ich habe dann begonnen, niederzuschreiben, was mich bewegt – also die Tratschereien und Reibereien, die es in jedem Ort gibt, aber auch positive Erlebnisse. Ich habe mir dann vorgestellt, wie manche Probleme gelöst werden könnten. Ich hatte zunächst nicht daran gedacht, einen Mord „passieren“ zu lassen, aber es ist geradezu aus mir herausgesprudelt, und irgendwann war ein ganzes Buch fertig.



Mein Mann hat das Manuskript ohne mein Wissen an einen Verlag geschickt, der es dann auch angenommen hat.



Wenn man das Buch liest, dann kann man zu dem Schluss kommen, dass durch Klatsch und Tratsch viel Schaden angerichtet werden kann.



Ja, gerade in kleinen Orten kann durch die Enge des Zusammenlebens schnell viel kaputt gemacht werden.



Sie haben also Ihre Erfahrungen in dem Buch verarbeitet?



Absolut – nur mit Leichen habe ich keine Erfahrung. Mittlerweile sagen die Leute, dass sie sich mit mir nicht anlegen wollen, weil sie sich dann in meinem nächsten Buch wiederfinden (lacht).



Es wird also noch weitere Bücher geben?



Ich habe schon mehrere Bücher geschrieben, die aber eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedacht waren. Zwei sind bisher erschienen. Das Schreiben ist sehr zeitintensiv, und ich habe gemerkt, dass die Qualität leidet, wenn man es nicht ordentlich macht. Daher habe ich jetzt eine Pause eingelegt. Wenn es zeitmäßig möglich ist, dann möchte ich aber schon wieder schreiben bzw. eines der nicht veröffentlichten Bücher überarbeiten. Das Schreiben macht mir Spaß.



Machen Sie auch Lesungen? Kennen Sie Beate Maxian, die das das österreichische Krimifestival ins Leben gerufen hat?



Ja, ich kenne sie sehr gut. Sie hat mich kontaktiert, und ich habe es ihr zu verdanken, dass ich meine erste Lesung in Wien machen konnte. Was mich überrascht ist, dass ich oft von Schulen eingeladen werde, weil meine Themen ja eigentlich nicht für Kinder gedacht sind. Die haben aber so viel Spaß mit mir, dass sie mich sogar schon öfters eingeladen haben.



Ich war einmal in einer Schule eingeladen, wo die Schülerinnen und Schüler eine Arbeit über meinen ersten Roman „Hühnerdreck“ schreiben mussten. Ein Schüler hat mich gefragt, ob ich nicht mitmachen möchte. Das Ergebnis war, dass ich nur ein „befriedigend“ bekommen habe.



In „Hühnerdreck“ bekommt man den Eindruck, dass der Bürgermeister auf dem Land so etwas wie ein kleiner Fürst ist. Kennen Sie solche Bürgermeister, oder meinen Sie, dass Sie selbst in so einer Position sind?



Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage! Als ich das Buch geschrieben habe, hätte ich nicht daran gedacht, dass ich jemals Bürgermeisterin werden würde. Wenn mir das jemand gesagt hätte, hätte ich schallend gelacht! Ich war damals aber schon Vizebürgermeisterin und habe dadurch auch andere Bürgermeister kennen gelernt. Dieses „Fürst am Land“ passiert unweigerlich, denn ein Bürgermeister muss Entscheidungen treffen – auch wenn diese nicht jedem passen.



Viele Leute erwarten ja auch, dass ein Bürgermeister sehr eindrucksvoll und imposant ist, sonst würden sie ihn gar nicht wählen.



Unser früherer Bürgermeister Peter Eder betont sogar, dass er sich in dem Buch erkennt. Ich habe ja auch versucht darzustellen, dass man als Bürgermeister eine große Last zu tragen hat. Man steht immer mit einem Fuß im Negativen, und man ist manchmal fast dazu gezwungen, auf Distanz zu gehen und sich zu schützen.



Was sind das für unangenehme Entscheidungen, die man als Bürgermeisterin oder Bürgermeister zu fällen hat?



Es kommt vor, dass Projekte einfach nicht zu finanzieren sind. Auch wenn es in der Gemeinde eine Delogierung gibt, ist das ein unangenehmes Thema, mit dem man als Bürgermeister befasst ist.



Es war ein Riesenschritt von der Vizebürgermeisterin zur Bürgermeisterin. Das ist wie bei der „Millionenshow“. Da weiß man beim Zusehen auch alles, aber wenn man wirklich dort sitzt und es um viel Geld geht, dann ist das viel schwieriger. Wenn man als Bürgermeisterin über Existenzen entscheiden muss, ist das nicht einfach.



Sie machen auch Karikaturen und sind Chefredakteurin einer politischen Zeitschrift. Entstand da der Wunsch nicht nur über Politik zu berichten, sondern auch mitzugestalten?



Mein Vater war ebenfalls Gemeindevertreter, und die ganze Familie war immer sozialpolitisch engagiert. Ich habe gemerkt, dass ich viele Ideen habe und dass ich gut organisieren kann, etwa Theaterstücke oder Kinderfeste. In gewisser Weise war ich schon immer in der Gemeinde tätig. Ich wollte aber weder Vizebürgermeisterin noch Bürgermeisterin werden. Das hat sich einfach so ergeben.



Was sollten Sie denn eigentlich werden?



Als Kind wollte ich Archäologin werden. Ich habe auch immer gerne gemalt und hätte gerne Kunst studiert. Das war aber finanziell nicht machbar, und es ist auch die Frage, ob das Talent gereicht hätte.



Sie waren dann in der Reisebranche tätig und hatten auch längere Auslandsaufenthalte.



Ich habe Französisch und Spanisch studiert, um Dolmetscherin zu werden. Das war mir aber zu trocken, und ich bin in die Reisebüro-Branche gerutscht.



Ich habe zwei Jahre in Griechenland gelebt und wäre auch gerne dort geblieben. „Dummerweise“ habe ich dann bei einem Heimaturlaub meinen heutigen Mann kennen gelernt.



Außerdem war ich längere Zeit in England und auch in Wien und Graz – was für eine Pinzgauerin „Ausland pur“ ist.



Sie leiten auch ein Seniorenheim.



Als ich meine Kinder bekommen habe, bin ich zu Hause geblieben, habe aber immer in der Gemeinde mitgearbeitet, etwa bei der Organisation von Festen – sowohl für Kinder als auch im Seniorenheim. Als der Verwalter in Pension gegangen ist, habe ich mich um die Stelle beworben und ihn auch bekommen.



Das war anfangs sehr heftig. Eigentlich ist es nur ein Halbtagsjob, de facto ist man aber den ganzen Tag beschäftigt. Und es war auch eine ganz andere Branche als die, in der ich bis dahin Erfahrung hatte. Da wird man auch mit dem Tod konfrontiert. Ich habe lange gebraucht, mich darauf einzustellen.



Jetzt versuche ich, die Heimbewohnerinnen und -bewohner in das Gemeindeleben miteinzubeziehen. Wir haben auch einen engen Kontakt zu den Schulen, die uns regelmäßig besuchen. Das funktioniert sehr gut.



Fließt etwas von Ihren vielfältigen Erfahrungen in ihre Tätigkeit als Bürgermeisterin ein?



Bei meiner Arbeit sehe ich, dass einerseits betreutes Wohnen und anderseits eine Verbesserung der Kinderbetreuung nötig wären.

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