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"Förderungsrichtlinien NEU" in der Pipeline

Seit einigen Jahren finden Gespräche und Verhandlungen über die Erstellung neuer Förderungsrichtlinien in der Siedlungswasserwirtschaft statt. Wie die Mittel zukünftig verteilt werden, ist von ebenso großer Bedeutung wie die Höhe der bereitgestellten Mittel selbst.



Und doch handelt es sich bei den nunmehr beschlossenen 100 Millionen Euro in den Jahren 2015 und 2016 nur um jenen Betrag, der notwendig ist, um den aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgerufenen Investitionsrückstau allenfalls abzufedern bzw. nicht weiter anwachsen zu lassen. Die im Jahr 2012 durchgeführte Investitionskostenerhebung ergab allein in den Jahren 2015 und 2016 einen Investitionsbedarf in Höhe von mehr als 1,6 Milliarden Euro.



Ist weniger mehr? Ursprünglich sollte die parallel zur Fortschreibung des Finanzausgleichs bis Ende 2016 beschlossene Festlegung des Förderzusagerahmens gemeinsam mit neuen Förderungsrichtlinien erfolgen.

Intention neuer Richtlinien ist, die Effizienz und die Treffsicherheit der eingesetzten Förderungsmittel zu erhöhen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass die Bevölkerung langfristig, nachhaltig und zu sozial verträglichen Gebühren mit Trinkwasser versorgt und das Abwasser geordnet entsorgt wird. Da bislang noch keine Einigung über neue Richtlinien erzielt werden konnte, werden Förderzusagen weiterhin auf Basis der bestehenden Richtlinien ausgesprochen.

Wenngleich man sich über die Eckpunkte neuer Förderungsrichtlinien einig ist (einfachere Verwaltungsabläufe bei der Förderabwicklung, Konzentration auf wasserwirtschaftlich relevante Aspekte, stärkerer Fokus auf Sanierungsmaßnahmen, Treffsicherheit), steckt wie sooft der Teufel im Detail. So gehen die Vorstellungen darüber, wie man diese Ziele erreichen kann bzw. was, wo, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen zukünftig gefördert werden soll, noch weit auseinander.

Wo immer es Potenziale zu heben gibt, sei es im zielgerichteten Einsatz der Förderung, in der kostenschonenden Sanierung, in der Erhöhung der Nutzungsdauer von Anlagen, in der konkreten Abbildung der bestehenden Infrastruktur (digitaler Leitungskataster als Steuerungsinstrument), werden die Gemeinden ihre Unterstützung und ihren Beitrag leisten.

Vorsicht ist – auch vor dem Hintergrund des Investitionsrückstaus und der Ergebnisse der Investitionskostenerhebung – insofern angebracht, als am Ende eines Tages nicht mit weniger Mitteln dasselbe, sondern mit zumindest denselben Mitteln mehr erreicht werden sollte. Neue Förderungsrichtlinien sollten nicht Gegenstand von Einsparungsmaßnahmen sein.



Alles über Gebühr? Zukünftig wird der Schwerpunkt der Investitionen in der Erneuerung, in der Sanierung liegen. Zu bedenken ist, dass die Sanierung der Anlagen nicht minder teuer ist als die Ersterrichtung. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Sanierungen anders als bei der Ersterrichtung keine Anschlussgebühr eingehoben wird.

Nicht vergessen sollte man jedoch, dass der Erstausbau gerade im ländlichen Raum noch lange nicht abgeschlossen ist und zudem auch neue Siedlungsgebiete (Neubauten, Siedlungserweiterungen etc.) aufgeschlossen werden müssen. Diese Kosten alleine den Gemeinden bzw. den betroffenen Bürgern aufzubürden, wäre finanziell untragbar.

Besonders problematisch wird es überall dort, wo wenige Bürger die notwendige Infrastruktur finanzieren müssen. Gerade in Gebieten mit Abwanderungstendenzen bedeutet eine sinkende Bevölkerungszahl keineswegs rückläufige Kosten, denn die Infrastruktur muss in jedem Fall erhalten werden. Jeglichem Ansinnen, über Gebühren selbsttragende Systeme flächendeckend schaffen zu wollen, ist allein aus diesem Grund entschieden entgegenzutreten.



Aufgabe der öffentlichen Hand. Die Wasserver- und die Abwasserentsorgung sind Leistungen der Daseinsvorsorge und damit Aufgaben der öffentlichen Hand. Bund, Länder und Gemeinden haben daher dafür Sorge zu tragen, dass die Bürger einer entlegenen Gemeinde unter denselben Bedingungen und im selben Ausmaß diese Leistungen in Anspruch nehmen können wie die Bürger einer Großstadt.

Als gemeinsame Aufgabe ist es auch die gemeinsame Verantwortung und letztlich die gemeinsame Pflicht, für eine nachhaltige Wasser-ver- und Abwasserentsorgung zu sorgen. Eine gemeinsame Aufgabe bedingt freilich auch eine gemeinsame Finanzierung. Es sollte daher das Thema Siedlungswasserwirtschaft künftig weniger von einer Bittsteller-Haltung der Gemeinden, sondern vielmehr von der Selbstverständlichkeit einer gemeinsamen Finanzierungsverantwortung geprägt sein.