Zug fährt in eine Station ein
Die Betreuungs- und Instandhaltungskosten bei Verkehrsstationen sollen durch Bund und Länder getragen werden.
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Finanzierung von Eisenbahninfrastrukturen – Verbesserungen für Gemeinden

Die Errichtung und die Erhaltung von Eisenbahninfrastrukturen sind kostspielig. Neben Bund und Ländern übernehmen auch Gemeinden einen beträchtlichen Anteil. In intensiven Verhandlungen wurden nunmehr neue Grundlagen für die Finanzierung erarbeitet, die teils wesentliche Entlastungen für Gemeinden bringen können.

Abseits der Finanzierung von Eisenbahnkreuzungen, deren Kostenteilung ohnedies gesetzlich geregelt ist (§ 49 Abs. 2 iVm. § 48 Abs. 3 Eisenbahngesetz), tragen Gemeinden auch bei zahlreichen anderen Eisenbahninfrastrukturen (so etwa Haltestellen, Bahnhöfe, Vorplätze, Park & Ride Anlagen) erhebliche Kostenanteile. Grundlage hierfür ist § 44 Bundesbahngesetz, der sinngemäß besagt, dass die Gewährung eines Bundeszuschusses für Schieneninfrastrukturvorhaben im besonderen regionalen Interesse davon abhängig gemacht werden kann, dass entsprechende Beiträge von Dritten, insbesondere Ländern und Gemeinden, geleistet werden.

Nachdem es bundesweit sehr unterschiedliche Herangehensweisen, Verträge und Kostenbeiträge gibt und eine Harmonisierung unter anderem daran scheiterte, dass die kommunalen Spitzenverbände nicht eingebunden waren und eine Schieflage zuungunsten der Gemeinden entstand, wurden nunmehr mit Einbindung der kommunalen Spitzenverbände Unterlagen erarbeitet, die zu einer deutlichen Entlastung der Gemeinden führen können.

Neuer Auslegungsleitfaden zu § 44 Bundesbahngesetz 

Wenngleich § 44 Bundesbahngesetz den Gemeinden keine gesetzliche Pflicht zur Mitfinanzierung bzw. zur Erbringung von Naturalleistungen auferlegt, so geht diese Bestimmung dennoch davon aus, dass jede Gebietskörperschaftsebene einen Beitrag leistet.

In einem alten Auslegungsleitfaden zu dieser Bestimmung waren Festlegungen enthalten, die auf Gemeindeebene immer wieder für Diskussionen und Ärger gesorgt haben. So gab es bei Verkehrsanlagen bzw. Verkehrsstationen häufig die Streitfrage, wer für die Reinigung der Sanitäreinrichtungen oder die Wartung der Liftanlagen zuständig ist. Von Standortgemeinden wurde zurecht kritisiert, weshalb die Gemeinden für Verkehrsstationen, Liftanlagen, Sanitäranlagen, Reinigung, Winterdienst, Grünflächenpflege etc. zuständig sein sollen.

In einer Neufassung dieses Auslegungsleitfadens wurden nunmehr wichtige Änderungen vorgenommen. Hervorzuheben sind die neuen Regelungen bei Verkehrsstationen (Haltestellen bzw. Bahnhöfe), wonach die Betreuungs- und Instandhaltungskosten bei Verkehrsstationen durch Bund und Länder getragen werden sollen. Einzig die Notbefreiung (Liftanlagen) verbleibt als Aufgabe bei der Gemeinde.

Bei Sanitär- und Liftanlagen gibt es jedoch eine Einschränkung: Die Investitions-, Betreuungs- und Instandhaltungskosten werden nur dann von Bund und Ländern alleine getragen, wenn es sich um Verkehrsstationen mit mehr als 1.000 Ein- und Aussteigern (500 Fahrgästen) handelt.

Neue Park-&-Ride-Richtlinie

Bereits im Jahr 2017 wurde eine Richtlinie zu Park & Ride Anlagen mitsamt Musterverträgen ausgearbeitet, jedoch ohne Einbindung der kommunalen Spitzenverbände. Nicht zuletzt, da die Regelwerke für die Gemeinden (insbesondere Standortgemeinden) benachteiligend waren, wurde von kommunaler Seite (Gemeindebund, Städtebund) eine Überarbeitung der Unterlagen eingemahnt.

Die daraufhin eingesetzte Arbeitsgruppe hat nunmehr unter Einbindung der kommunalen Spitzenverbände die Park & Ride Richtlinie überarbeitet. Ausgangspunkt für die Überarbeitungen war die Kritik, aber auch notwendige Ergänzungen infolge der zunehmenden E-Mobilität (E-Ladestationen) und Erneuerbare Energien (energieerzeugende Anlagen vor Ort).

Die neue Richtlinie beinhaltet neben einem Basismodul, das im Wesentlichen der bisherigen Richtlinie entspricht, Zusatzmodule (siehe Kasten unten), die für die Gemeinden bedeutende Vereinfachungen und Ersparnisse bringen können.

Die Zusatzmodule können bei Vorliegen der Voraussetzungen sowohl bei Neuanlagen wie auch im Bestand zur Anwendung kommen. In allen Fällen ist verständlicherweise die Zustimmung aller Vertragspartner (Bund, Land, Gemeinde) erforderlich. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Dauer der Verträge nicht mehr 50 Jahre beträgt, sondern nunmehr einheitlich auf dreißig Jahre beschränkt wird (Dauer des Kündigungsverzichts).

Wenngleich kommunaler Vertragspartner der Verträge immer die Standortgemeinde ist (dort, wo die Anlage errichtet und betrieben wird), wurde in der Richtlinie ein Passus aufgenommen, wonach gesonderte Vereinbarungen mit anderen Gemeinden (beispielsweise im Umland) zur Finanzierung getroffen werden können. Mit der Möglichkeit der Streuung der Kostenbelastung geht zusätzlich eine Entlastung der Standortgemeinde einher. Diese Option ist vor allem dort von Relevanz, wo Anlagen zu einem überwiegenden Anteil vom Umland und nicht von Bewohnern der Standortgemeinde genutzt werden.

Website mit Ansprechpartnern

Damit Gemeinden unmittelbar Ansprechpartner der ÖBB in Sachen Eisenbahninfrastruktur haben (Fragen zu Planung, Bau, Erhaltung, Verträge), wurde von Seiten der ÖBB eine eigene Website erstellt, über die die Kontaktdaten der jeweils für das Bundesland zuständigen Ansprechpartner abrufbar sind. Darüber hinaus sind dort aktuelle Informationen zu zahlreichen gemeinderelevanten Themenbereichen zu finden.

Zusatzmodule Park-&-Ride-Anlagen

Zusatzmodul P+R-Zufahrtssystem

Grundsätzlich sind die Gemeinden zuständig für die Sicherstellung der widmungskonformen Nutzung der Park & Ride Anlagen. Sollte aber in größeren Anlagen und Parkdecks der Fremdparkeranteil nachgewiesenermaßen hoch sein bzw. die Auslastungsgrenzen absehbar oder erreicht sein, dann übernimmt der Bund gemeinsam mit dem jeweiligen Land die Sicherstellung der widmungskonformen Nutzung durch ein technisches Überwachungssystem. Die Kosten für Planung, Errichtung und Betrieb dieses P+R-Zufahrtssystems werden von der ÖBB-Infrastruktur AG und dem betroffenen Land getragen (jeweils zu 50 %).

Dieses Modul kann auch so konzipiert sein, dass eine entgeltliche Bewirtschaftung damit verbunden ist (so etwa, wenn das Fahrzeug mehr als zwei Tage durchgehend abgestellt wird). Die Einnahmen (wie auch allfällige Bußgelder für das unrechtmäßige Parken) werden zur Finanzierung des Systems verwendet. Allfällige Überschüsse werden nach dem Investitionsschlüssel zwischen Bund (ÖBB-Infrastruktur AG), Ländern und Gemeinden geteilt.

Zusatzmodul Energieeffizienz und -erzeugung

Ein weiteres Modul betrifft die Energieeffizienz und Erzeugung erneuerbarer Energie (im Wesentlichen PV-Anlagen). Bei Anwendung dieses Moduls werden die Stromkosten der P+R-Anlage, die mit energieerzeugenden Elementen ausgestattet wird, durch die ÖBB-Infrastruktur AG übernommen.

Diese energieerzeugenden Elemente bzw. die bei einer flächigen P+R-Anlage dafür notwendige Unterkonstruktion wird von der ÖBB-Infrastruktur AG finanziert, errichtet und betrieben. Dies gilt sinngemäß auch für die jeweilige Bike & Ride Anlage (B+R-Anlage). Die ÖBB-Infrastruktur AG ist für die fachgemäße Errichtung (Installation), die Inbetriebnahme und die Wartung sowie Erhaltung der energieerzeugenden Anlage samt Unterkonstruktion verantwortlich.

Zusatzmodul P+R-Komplettübernahme

Ein sehr wesentliches Modul insbesondere hinsichtlich der in der Erhaltung und im Betrieb kostenintensiven Parkdecks ist die P+R-Komplettübernahme. Wesentliche Voraussetzung für die Anwendung dieses Zusatzmoduls ist die Einführung einer entgeltlichen Bewirtschaftung der jeweiligen P+R-Anlage ab dem ersten Tag (Nutzer der Anlagen müssen schon am ersten Tag ein Entgelt für das Abstellen des Fahrzeuges zahlen).

Bike-&-Ride-Anlage
Für die Instandhaltung der Bike-&-Ride-Anlage ist die Gemeinde zuständig. Foto: Stockphototrends - stock.adobe.com

In diesem Modul werden die Betreuung und Instandhaltung der jeweiligen Anlage durch die ÖBB-Infrastruktur AG übernommen. Bei der Gemeinde verbleiben lediglich die Betreuung und Instandhaltung der Bike & Ride-Anlage, die Notbefreiung (Aufzugsanlagen, Fahrradboxen etc.) sowie etwaige Anschlussgebühren und -abgaben.

Etwaige Überschüsse aus der entgeltlichen Bewirtschaftung nach Abdeckung der Kosten werden gemäß dem Investitionsschlüssel zwischen Bund (ÖBB-Infrastruktur AG), Ländern und Gemeinden aufgeteilt. Einen Mustervertrag zu diesem Modul gibt es noch nicht – dieser soll laut Informationen des Verkehrsministeriums im Laufe des Jahres 2025 vorliegen.

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