Hände auf der Europa-Flagge
Die parteiübergreifende Initiative „Europa fängt in der Gemeinde an“ ist ein österreichisches Unikum und ein Vorbild für andere EU-Staaten.
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Europa fängt in der Gemeinde an

Im Vorjahr feierten wir 25 Jahre Österreich in der EU. Auch wenn es einige wenige, aber dafür laute negative Stimmen gibt, ist die Zustimmung zur Mitgliedschaft in der EU in der österreichischen Bevölkerung stetig hoch und liegt – trotz einiger meist anlassbezogener Schwankungen – immer bei rund 70 Prozent, wie auch eine Studie der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGf) 2019 zeigte.

Der Umgang mit der Covid-19-Pandemie und vor allem die EU-Impfstoffstrategie hat aktuell neue Kritiker auf den Plan gerufen. Aussagen wie „Die EU hat schlecht verhandelt“, „Die Briten haben Glück, weil sie dank des Brexit schon fast durchgeimpft sind“, „Wenn man nach Israel oder in die USA schaut, merkt man, dass die EU gescheitert ist“ oder „Wenn wir nicht bei der EU wären, würd’s uns während der Corona-Krise besser gehen“ konnte man auf sozialen Medien in diesem oder ähnlichem Wortlaut wahrnehmen.

Derartige Wortmeldungen sind meist nicht näher begründet oder mit Argumenten unterlegt. Es sind Emotionen, die man aber ernst nehmen muss, weil sie die Stimmungslage vieler Menschen wiedergeben. Damit die Stimmung nicht kippt, muss man zuhören und aufklären. 

Denn Österreich profitiert von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union sehr. Der Brexit hat gezeigt, wie schnell Emotionen schwerwiegende und fatale Entwicklungen zur Folge haben können. Europa schafft den Weg aus dieser Krise am besten gemeinsam! Diese Tatsachen hat Präsident Alfred Riedl in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Europa-Ministerin Karoline Edtstadler Anfang März untermauert: „Europa hat etwas geschafft, was ein einzelner Staat nie geschafft hätte.“

Europa-Gemeinderäte sind Vorbild für andere Länder

Umso erfreulicher ist, dass die vom damaligen Außenminister Michael Spindelegger gegründete Initiative der Europa-Gemeinderäte ständig fortgeführt und intensiviert wurde. Das System ist denkbar einfach, aber unglaublich wertvoll. Unter dem Motto „Europa fängt in der Gemeinde an“ können sich Gemeinderätinnen und Gemeinderäte als „Europa-Gemeinderäte“ nominieren lassen und sind als diese die ersten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für alle europapolitischen Fragen und Anliegen auf kommunaler Ebene.

Die EU ist nicht in Brüssel oder Straßburg: „Die EU ist das, was wir aus ihr machen“, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagt. Die parteiübergreifende Initiative „Europa fängt in der Gemeinde an“ ist ein österreichisches Unikum und ein Vorbild für andere EU-Staaten. Derzeit gibt es mehr als 1200 Europa-Gemeinderäte in allen Bundesländern. Die Zahl steigt nach jeder Gemeinderatswahl. 

Angebote für Europa-Gemeinderäte

Der Österreichische Gemeindebund ist als Interessenvertretung der Gemeinden Partner der Initiative des Außenministeriums und des Bundeskanzleramts und in diese stark involviert. So gab es unter Beteiligung des Gemeindebundes seit Ende des Vorjahrs zwei Online-Seminare für neu gewählte EU-Gemeinderäte und ein Webinar mit Informationen zu aktuellen Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich der EU-Förderungen. Eine virtuelle Brüssel-Reise ist bereits in Planung. Außerdem gab es eine Online-Konferenz für Europa-Gemeinderäte mit Europa-Ministerin Karoline Edtstadler und Präsidenten Alfred Riedl sowie eine gemeinsame Pressekonferenz, in der die beiden den Wunsch äußerten, dass jede Gemeinde einen EU-Gemeinderat haben sollte.

Aufschwung der Initiative

Begrüßenswert ist, dass die Initiative einen enormen Aufschwung erlebt. Die Zahl der Europa-Gemeinderäte in Österreich hat sich seit 2011 von rund 200 auf mehr als 1200 erhöht. Und das Angebot für sie wird ständig erweitert.

Vor Kurzem ist die Website www.europagemeinderaete.at online gegangen und das vom Bundeskanzleramt herausgegebene Magazin „Unser Europa – Unsere Gemeinde“, in dem sich aktuelle europapolitische Informationen finden, wurde zum ersten Mal an kommunale, regionale und nationale Politikerinnen und Politiker verschickt. Ein Newsletter, regelmäßige Netzwerktreffen und ein Aufruf, an den regionalen EU-Dialogen im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz teilzunehmen, runden das Angebot ab.

Das tut die EU für mich

Allein mit der ehrenwerten Einstellung des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, der die klare Aufforderung aussprach: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für den Land tun kannst“, wird man nicht alle EU-Kritiker überzeugen können. Daher ist die Initiative „Das tut die EU für mich“ sehr wertvoll und hilfreich, um die vielen Vorteile aufzuzeigen, die das gemeinsame Europa für uns alle hat.

Die Europäische Union hat unbestritten großen Einfluss auf jede Unionsbürgerin und jeden Unionsbürger, im Privaten wie im Beruflichen, bezüglich Familie, Hobbys, Gesundheit und Reisen, im ländlichen wie im städtischen Bereich. Unter www.what-europe-does-for-me.eu/de findet man je nach persönlicher und örtlicher Situation Leistungen und Maßnahmen aus der Sicht des Einzelnen. 

Für Interessierte gibt es dort auch umfangreiche Briefings über diverse Politikbereiche der EU. Eine Zusammenfassung über aktuelle europapolitische Themen gibt es auch im Newsletter des Österreichischen Gemeindebundes „Europa Aktuell“, den man unter presse@gemeindebund.gv.at anfordern kann. Information ist wichtig, um Bürgerinnen und Bürgern die Vorteile und Chancen des geeinten Europas vor Augen halten zu können und destruktiven Stimmungen den Wind aus den Segeln zu nehmen – denn wie schon der italienische Schriftsteller Alberto Moravia sagte: „Wo Nachrichten fehlen, wachsen die Gerüchte.“