
Rudolf Oberschneider, der das Projekt in Saalfelden betreut, präsentierte die ersten Schritte und Hürden auf dem Weg zur Umsetzung.
© Jürg Christandl
Energieeffizienz als Pflicht: Saalfelden zeigt, worauf es ankommt
Mit der neuen Energieeffizienzrichtlinie EED III der EU wird Energieeffizienz für Gemeinden zur gesetzlichen Aufgabe. Ein Fallbeispiel aus Saalfelden, vorgestellt beim Kommunalwirtschaftsforum in Saalfelden, zeigt eindrucksvoll, wie komplex die Umsetzung in der Praxis sein kann – und warum schon jetzt Handlungsbedarf besteht.
Energieeffizienz ist kein freiwilliges Ziel mehr, sondern eine verpflichtende Vorgabe: Mit der EED III – der dritten EU-Energieeffizienzrichtlinie – will Brüssel den Energieverbrauch im öffentlichen Sektor nachhaltig senken. Gemeinden und andere öffentliche Einrichtungen sollen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Gebäude fit für die Zukunft machen. Was sich in der Theorie ambitioniert und vernünftig anhört, entpuppt sich in der Praxis als vielschichtige Herausforderung. Das zeigte die Stadtgemeinde Saalfelden eindrucksvoll im Rahmen einer Case Study beim Kommunalwirtschaftsforum.
Rudolf Oberschneider, der das Projekt federführend betreut, präsentierte die ersten Schritte und Hürden auf dem Weg zur Umsetzung. Saalfelden – mit 19.000 Wohnsitzen die drittgrößte Gemeinde Salzburgs – verfügt über ein umfangreiches kommunales Gebäudenetz und ein beachtliches Jahresbudget von 66 Millionen Euro. Genau dieses Spannungsfeld aus Anspruch und Wirklichkeit wurde in der Case Study sichtbar.
Zwei Artikel, ein Ziel: Verbrauch senken, Gebäude sanieren
Die EED III basiert auf zwei zentralen Artikeln: Artikel 5 verpflichtet Gemeinden zur Senkung des Gesamtenergieverbrauchs um jährlich 1,9 Prozent – und zwar ohne Ausgleich durch Kompensationsmaßnahmen wie etwa Photovoltaikanlagen. Es geht also um tatsächliche Verbrauchsreduktion durch effizientere Nutzung.
Artikel 6 wiederum sieht die schrittweise Sanierung öffentlicher Gebäude vor. Ab Oktober 2025 müssen jährlich drei Prozent der beheizten oder gekühlten Gesamtnutzfläche (GNF) erneuert werden. Bis 2030 sollen 15 Prozent, bis 2040 sogar 45 Prozent der Flächen den aktuellen Energiestandards entsprechen. Betroffen sind alle Gebäude über 250 Quadratmeter, sofern sie sich im Eigentum der Gemeinde befinden und nicht bereits dem Niedrigstenergiestandard entsprechen.
Dabei gelten diese Verpflichtungen gestaffelt nach Einwohnerzahl: Für größere Städte ab 50.000 Einwohner ab 2025, für Gemeinden zwischen 5.000 und 50.000 Einwohner ab 2027 und für kleinere Gemeinden ab 2030.
Bestandsaufnahme in Saalfelden: 50 Gebäude, viele offene Fragen
Saalfelden hat sich früh auf den Weg gemacht. Die Gemeinde verfügt über 67 Gebäude im Bestand, davon sind 50 potenziell sanierungspflichtig. Fünf Objekte stehen unter Denkmalschutz, was die Anforderungen zusätzlich erschwert. Drei Gebäude fallen unter die 250-Quadratmeter-Grenze und sind somit ausgenommen. Ein Gebäude ist angemietet – auch hier gelten künftig Auflagen, etwa Gespräche mit Vermietern oder alternative Lösungen.
Derzeit liegen 28 gültige Energieausweise vor, weitere 22 müssen erstellt werden. Schon allein dieser vorbereitende Schritt bringt Planungs- und Ausschreibungsaufwand mit sich. Hinzu kommt die detaillierte Ermittlung der Gesamtnutzfläche, das Erheben und Priorisieren geeigneter Sanierungsmaßnahmen sowie eine realistische Finanzplanung.
Finanzielle Dimension: Investitionen in Millionenhöhe
Laut Oberschneider betragen die Sanierungskosten rund 270 Euro netto pro Quadratmeter. Bezogen auf eine GNF von 70.000 Quadratmetern ergeben sich jährliche Sanierungspflichten von rund 2.100 Quadratmetern – zuzüglich einer Reserve von zehn Prozent. Daraus ergibt sich ein jährliches Investitionsvolumen von rund 630.000 Euro netto. Langfristig – bis 2040 – ist mit bis zu 1,5 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen, hinzu kommen Planungs- und Nebenkosten.
In der Praxis bedeutet das: Die Gemeinde wird in den nächsten Jahren jeweils ein bis zwei Gebäude pro Jahr umfassend modernisieren müssen – ohne zu wissen, welche finanziellen Förderungen überhaupt zur Verfügung stehen werden.
Vieles ist noch offen – und dennoch drängt die Zeit
Zwar existiert auf EU-Ebene ein klarer Fahrplan, doch die nationale Umsetzung lässt auf sich warten. Bis dato fehlt in Österreich ein konkreter Rechtsrahmen für die Anwendung der Richtlinie. Förderbedingungen, Bemessungsgrundlagen und technische Vorgaben sind unklar. Auch über Konsequenzen bei Nicht-Umsetzung herrscht noch Ungewissheit.
Der Zeitplan ist dennoch eng gesteckt: Bis spätestens 30. September 2025 muss der gesamte Gebäudebestand in ein nationales, öffentlich einsehbares Register – ZEUS – hochgeladen werden. Ab Oktober 2025 startet offiziell die Sanierungspflicht. Auch Gebäude mit Denkmalschutz oder in Miete sind davon betroffen. In manchen Fällen kann ein Neubau als Ersatz für eine Sanierung in Betracht gezogen werden, sofern dieser innerhalb von zwei Jahren nach dem Abriss erfolgt.
Fazit: Wer wartet, verliert Zeit – und möglicherweise Geld
Das Fallbeispiel aus Saalfelden zeigt beispielhaft, wie komplex, aber auch wie notwendig die Umsetzung der EED III ist. Trotz fehlender rechtlicher Klarheit beginnt die Gemeinde bereits mit der Vorbereitung – ein Schritt, der Nachahmung verdient. Denn je später eine Kommune aktiv wird, desto schwieriger wird es, rechtzeitig und kosteneffizient zu reagieren.
Rudolf Oberschneider machte deutlich: Die Energiewende im öffentlichen Gebäudesektor beginnt nicht mit Förderbescheiden, sondern mit vorausschauender Planung. Wer früh handelt, sichert sich Zeit, Handlungsspielräume – und am Ende möglicherweise auch finanzielle Vorteile.