Brigitte Ribisch
Brigitte Ribisch: Mir sind die kleinen Dinge genauso wichtig wie die großen.“
© Astrid Bartl

„Die richtige Mischung macht’s aus“

Brigitte Ribisch kennt Laa an der Thaya noch aus der Zeit des Kalten Krieges, als es das „Ende der Welt“ war. Heute ist die Pädagogin Bürgermeisterin der Grenzstadt und kämpft mit umweltfreundlichen Innovationen für einen anhaltenden Aufschwung.

Laa an der Thaya hat eine bewegte Geschichte mit etlichen Höhen und Tiefen. Von den Babenbergern zur Stadt erhoben, hatte Laa bereits im 12. Jahrhundert einige Bedeutung, verlor diese aber unter den Habsburgern wieder und wurde für lange Zeit zum Spielball diverser Adeliger. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts erfuhr Laa einen neuerlichen Aufschwung, der nach nicht einmal hundert Jahren abrupt endete. Durch den Zerfall der Donaumonarchie verlor Laa den größten und wichtigsten Teil seines Hinterlands und fristete fortan ein Schattendasein, das durch den Eisernen Vorhang nur noch verschärft wurde.

„Wir waren am Ende der Welt. Das klingt schlimm, aber so war es einfach“, erinnert sich Brigitte Ribisch an ihre Kindheits- und Jugendtage zurück: „Da war es aus. Endgültig. Dahinter hat es nichts mehr gegeben. Da war die Welt aus, wie bei einer Scheibe.“ 

Rathaus in Laa
Das neue Rathaus von Laa ist unbestritten eines der schönsten in Niederösterreich. Anlässlich des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. erbaut, repräsen­tiert es Laas Aufstieg zu einem politischen und wirtschaftlichen Zentrum der Region. Foto: Bwag

Heute ist die Situation dieser Grenzstadt im nördlichsten Weinviertel Gott sei Dank eine andere und Brigitte Ribisch ist mittlerweile ihre Bürgermeisterin geworden. Wie es dazu kam?

Bei einem Schulfest sprach ihr nunmehriger Amtsvorgänger die Pädagogin an, ob sie sich eine Mitarbeit in der Gemeinde vorstellen könne. „Weil mich Neues immer interessiert, ich gerne mit anderen irgendwas bewege und auch weil er mich dazu ermutigt hat“, sagte ihm Ribisch schließlich zu.

Im Beruf wechselte die Lehrerin in die Rolle einer Bezirksschulinspektorin und wurde 2012 schließlich Bildungs-Regionalmanagerin des Weinviertels. Zwei Jahre später wechselte sie auch politisch in die Führungsposition und wurde Bürgermeisterin. Mittlerweile befindet sie sich auch hier bereits in ihrem siebenten Jahr. Verflixt ist es deshalb nicht, auch wenn Corona-Zeiten alles andere als einfach sind.

Grenzlange bleibt schwierig

Doch leicht hat es sich Ribisch auch vorher schon nicht gemacht, schließlich gibt es in Laa viel zu tun, denn „die Region liegt zwar im Herzen Europas, aber doch auch am Ende von Österreich, und wir befinden uns in einer sehr schwierigen Grenzlage“. Damit spielt Ribisch auch auf das unterschiedliche Lohnniveau an. „Wir leiden darunter, dass wir so wenige Arbeitsplätze haben und dass unsere Region bei diesem Aufschwung, den andere Regionen schon lange erlebt haben, um jedes kleine Stückchen wirklich ringen muss. Mir sind deshalb auch die kleinen Dinge genauso wichtig wie die Großen! Ich freue mich, wenn irgendwo eine Rutsche aufgestellt wird, wenn wir einen Gehweg machen können oder ganz kleine Dinge wie Pflanzungen, die jemandem Freude machen.“

Wichtig sind aber natürlich auch Meilensteine, die gesetzt werden müssen, weiß Ribisch und nennt als Beispiel das „Silent Spa“, das als Erweiterung der Therme Laa mit Niederösterreichs erstem Vier-Sterne-Superior-Hotel 2015 in Betrieb ging und den Tourismus­standort erweiterte. Die Gemeinde ist daran mit rund zwanzig Prozent beteiligt.

Therme Laa
Die Therme Laa ist das Leitprojekt der Region und brachte rund eine Verzehnfachung bei Nächtigungszahlen und Wertschöpfung. Im Jahr 2015 wurde sie um das „Silent Spa“ (Bild) erweitert. Foto: Therme Laa

„Der Tourismus ist unser großes Zugpferd. Es ist ein sanfter Tourismus und soll und wird es auch noch lange bleiben.“ Positive Effekte auf den Arbeitsmarkt, die Beherbergungsbetriebe sowie Dienstleister vom Bäcker bis zum Direktvermarkter bringt es dennoch.  

Manifest für die Umwelt

Stolz ist man in Laa auch auf das beschlossene „Manifest für die Umwelt“ Auf fünf Seiten bekennt sich die Stadt dabei zu Nachhaltigkeit, Biodiversität und fairem (regionalem) Handel. Was bedeutet das in der Praxis? Zum Beispiel ein grünes Band durch Laa durchzuziehen - und um Laa herum.

„Überall kann man in dieses grüne Band einsteigen und dort verweilen, kann sich in den Schatten setzten, Pause machen, die Natur nutzen – ob für die Mittagspause oder in der Freizeit“, erklärt Ribisch. Soweit es machbar ist, wurde von der Gemeinde dem ökologischen Grundgedanken weitestgehend Rechnung getragen und dahingehend umgestellt - wie etwa auf Fair-Trade-Produkte für Kindergarten und Schule.

Um mit den Ressourcen sparsam umzugehen, achtet man auch darauf, dass alle Bauplätze auch tatsächlich bebaut werden und nicht umgewidmet wird, wo es nicht ­unbedingt nötig ist. Man bemüht sich um die richtige Mischung zwischen verdichtetem Wohnbau und Einfamilienhäusern. Photovoltaik-Anlagen sind ein großes Thema, und noch vieles mehr. 

Radfahren wird forciert

Auch das Thema Verkehr wird vom Umwelt­gedanken geprägt. Wichtig ist in diesem Zu­sammenhang das Radfahren.

Glücklicherweise hat die Stadt zwei Umfahrungen, sodass Verkehrsbeschränkungen möglich sind. „Wir wollen ganz Laa zu einer 30er-Zone machen und sind schon ziemlich weit“, erzählt Ribisch: „Man darf bei uns mit dem Fahrrad gegen die Einbahn fahren, dafür haben wir spezielle Regelungen getroffen. Und wir schauen, dass die Wege so kurz wie möglich sind. Wenn irgendwo ein Haus wegfällt, prüfen wir, ob man das eventuell kaufen sollte, sodass der Weg noch kürzer gemacht werden kann, und wenn wir eine neue Siedlung planen, dann wird auch der Weg ins Zentrum, zu den Schulen und zum Bahnhof mitgeplant“, berichtet die Bürgermeisterin stolz. 

Laa wird zur Smart City

Besser angebunden wurde bereits der Stadtteil „Kellerhügel“, der bisher durch die Bahntrasse von der restlichen Stadt weitestgehend abgeschnitten war. Nun verbindet die beiden ein Steg über die Gleise. Damit aber nicht genug der Aufwertung, soll in diesem Gebiet eine Smart City im weitesten Sinne entstehen. Ein Investor dafür ist bereits gefunden, und wie bei der Therme wird sich die Stadt auch bei diesem Projekt beteiligen. Die Planungen dafür schreiten voran. 

Die Mischung macht’s aus: Was Ribisch schon beim Mix von großen und kleine Projekten anklingen ließ und was beim Verhältnis von verdichtetem Wohnbau und Einzelhäusern genauso galt, findet bei der Smart City seine logische Fortsetzung. Senioren und junge Menschen werden hier gleichermaßen wohnen, viel Grün und Möglichkeiten zum Verweilen ergänzen die Gebäude (mit Green-Building-Standard.)

Da Homeworking ein Trend ist, der bleiben wird, sollen Gemeinschaftsbüroräume geschaffen werden, in die man sich zurückziehen kann oder die für Meetings genutzt werden können. PV-Anlagen sind selbstverständlich, und natürlich wird das grüne Band auch durch die neue Smart City gezogen.

Der neue Stadtteil wird helfen, den erfreulichen Trend fortzusetzen: Entgegen den Abwanderungstendenzen in der Region wächst die Bevölkerung in Laa leicht. Ribisch führt das auf die steigende Zahl an Arbeitsplätzen mit der Therme als Leitbetrieb zurück, aber auch auf die gute Infrastruktur: „Wir haben alles, was man für die Daseinsvorsorge braucht. Natürlich nicht in dem Ausmaß wie in Wien, dafür kennt man sich bei uns noch, und das schätzen viele. Insbesondere Jüngere kommen nach dem Studium vermehrt wieder zurück, und das freut uns ganz besonders.“

Annäherung an den tschechischen Nachbarn

Auch die langsame Annäherung mit den Tschechen unterstützt den Aufwärtstrend. „Schulübergreifend und vereinsübergreifend ist die Sprach immer noch eine Barriere. Das Einkaufen und der Arbeitsplatzaustausch gehen jedoch sehr gut - und es gibt ganz viele Ehen die entstanden sind. Wir wachsen gut zusammen, und wir gehören ja auch zusammen - haben immer zusammengehört. 1989 ist mittlerweile lange her. Für die jungen Leute ist das gar nicht mehr anders vorstellbar.“ Die Kinder der Bürgermeisterin sind Ende zwanzig „und für die gibt es die Grenze gar nicht mehr - und das ist gut so“, konstatiert Ribisch.

Burg Laa
Die Laaer Burg war ursprünglich keine Wohnburg sondern Rückzugsort für die Bevölkerung bei Gefahr. Heute ist das Wahrzeichen in Gemeindebesitz und beliebter Veranstaltungsort. Foto: Herbert Ortner CC BY 2.5 

Im Gespräch mit KOMMUNAL weiß die Bürgermeisterin noch viel über ihre Stadt zu berichten. Zum Beispiel über den Ankauf der Laaer Burg, die Stück für Stück renoviert und zu einem beliebten Veranstaltungsort wurde, oder über ihr Vorhaben, das Umland von Laa frei von Windkraftanlagen zu halten, oder über den starken Zuspruch zum gemeindeseitig initiierten „Urban Gardening“. Sie berichtet von einem bunten Mix an großen Projekten, die die gesamte Stadt und die Region weiterentwickeln: „Ich bin ja auch verantwortlich für die Region. Eine Stadt braucht die kleinen Gemeinden, und die kleinen Gemeinden brauchen eine Stadt. Dieses Zusammenspiel ist wichtig, denn jeder hat etwas Gutes zu bieten und der Mix all dessen macht es aus.“ 

Zur Person

Brigitte Ribisch

Alter: 58

Gemeinde: Laa an der Thaya

Einwohnerzahl: 6.241 (1.1.2020)

Bürgermeisterin seit: Oktober 2014

Partei: ÖVP