Schild mit Aufschrift "Forderungen"
© ferkelraggae - stock.adobe.com

Gemeindebund

Die Forderungen der Gemeinden an die neue Regierung

24. September 2024
Der Bundesvorstand des Österreichischen Gemeindebundes hat im Vorfeld des 70. Gemeindetages in Oberwart ein umfangreiches Forderungspapier an die nächste Bundesregierung beschlossen. Das Papier umfasst die wichtigsten Forderungen, Vorschläge und Wünsche der österreichischen Gemeinden an den Bund in insgesamt neun Kapiteln: Bundesverfassung und kommunale Selbstverwaltung, Bürgernähe und moderne, effizient-digitalisierte Verwaltung, Finanzen, Gesundheit & Pflege, Kinderbetreuung & Schule, ländlicher Raum als nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsraum, Digitalisierung, Attraktivierung des Bürgermeister-Amtes & Frauenförderung in der Kommunalpolitik und Europa. Hier die Kurzfassung des Forderungskatalogs, der in der Langfassung 25 Seiten umfasst.

Präambel

Die Gemeinden sind Vorbild durch vorgelebte kommunale Praxis, sie schaffen Zukunftsperspektive durch gemeinschaftlich politisch getragene Initiativen und verstehen sich dabei als Schule der Demokratie und der Bürgernähe, als Heimat und Lebensraum, als Wirtschaftsmotor und Umsetzer nachhaltiger Entwicklungsziele.

In der kommenden Gesetzgebungsperiode sind bereits gestartete Reformen und grundsätzliche Aufgabenreformen mit der Entflechtung der kommunalen Zuständigkeiten wie etwa im Gesundheits- oder Pflegebereich, der Elementarpädagogik und im Bildungsbereich fortzuführen und zu intensivieren bzw. mit den kommunalen Spitzenverbänden dringend neu zu verhandeln.

Die Rahmenbedingungen für die Gemeinden sind so zu gestalten, dass es ihnen möglich ist, ihre eigenen und die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die kommunale Selbstverwaltung weiter zu entwickeln.

Eine faire Lastenverteilung bedarf auch einer klaren Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Österreich braucht ein Bekenntnis zum Schutz und Ausbau der kommunalen Selbstverwaltung und zur Sicherung der ländlichen Gebiete als attraktive Lebensräume. Dies alles im Sinne der Schaffung von gleichwertigen und modernen Lebensverhältnissen in Stadt und Land.

1. Bundesverfassung und kommunale Selbstverwaltung

Eine grundlegende Staatsreform lebt von einer zeitgemäßen Aufgabenreform, in der die Kompetenzen nicht zersplittert, sondern klar strukturiert und jener Ebene zugeteilt werden, auf der die Aufgaben am effizientesten erfüllt werden können. Auch ist jede Reform über die Finanzierungsverantwortung von einer grundlegenden Aufgabenreform abhängig, nach dem Grundsatz Aufgabenreform vor Ausgabenreform. Die kommunalen Spitzenverbände sind bereits in die Vorarbeiten zu einer Kompetenz- und Aufgabenreform einzubinden.

2. Bürgernähe und moderne, effizient-digitalisierte Verwaltung

Die Gemeinden haben großes Interesse an einer effizienten, einfachen und modernen, aber immer an die menschlichen Bedürfnisse angepassten Verwaltung. Im Hinblick auf ihren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sind Modernisierungsschritte auf deren Effizienz und leichte Handhabbarkeit zu prüfen. Die Gemeinden sind bereit, Aufgaben in effizienten Strukturen wahrzunehmen, wenn ihnen einerseits die dafür erforderlichen finanziellen Mittel, und andererseits auch die nötigen legistischen und technischen Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt gleichermaßen für konkrete Digitalisierungsschritte innerhalb der Verwaltung sowie auch für digitale Serviceleistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang

  1. Die Weiterentwicklung der ID-Austria, welche als „Digitale Identität“ der Österreicherinnen und Österreicher und als Zugang zu all diesen Services forciert werden sollte und bei deren 100%iger Ausrollung die Gemeinden im Sinne einer Vorleistung für eine effiziente, digitale Verwaltung des Gesamtstaates auch Mitverantwortung übernehmen.
  2. Die Schaffung von Bürgerservicestellen, die den Menschen bei digitalen Amtswegen persönlich behilflich sind, und eines einfach handhabbaren Datenregisterverbundes, der im Wege einer „Mandantschaft“ der Gemeinde für die BürgerInnen niederschwellig bedienbar ist.

Mit 1. September 2025 tritt das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Damit Gemeinden, die von dieser Umstellung massiv betroffen sind, vorbereitet sind, müssen seitens des Bundes rasch klare Vorgaben gesetzt werden, um Leitfäden und Schulungsunterlagen entwickeln zu können. Neben notwendigen Änderungen und Anpassungen in den Materiengesetzen sollte darüber hinaus rasch das vorgesehene zentrale Informations-metadaten-register geschaffen werden. Erst nach dessen Vorliegen und mit entsprechender „Nachlaufphase“ werden die Gemeinden in der Lage sein, die „Informationsfreiheit“ umzusetzen.

3. Finanzen

In den Finanzausgleichsverhandlungen wurde einvernehmlich durch Bund, Länder, Gemeindebund und Städtebund der finanzielle Rahmen für die Jahre 2024 bis 2028 festgelegt. Angesichts der enormen Kostendynamik 2024 und 2025 in vielen kommunalen Aufgabenbereichen musste auch vehement eine Gemeindemilliarde 2024/2025 eingefordert werden, um die Liquidität und die Investitionsfähigkeit der Gemeinden zu erhalten.

Neben der sorgfältigen und ausgewogenen Umsetzung des Paktums (etwa dass die Gemeindeebene die von den Ländern verwalteten Mittel des Zukunftsfonds oder auch des Pflegefonds im Ausmaß der den Gemeinden zukommenden Aufgabenerfüllung erhält) fordert der Österreichische Gemeindebund weiterhin einen generellen Belastungsstopp und eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Gemeinden.

Weiters wird mit Vehemenz die im FAG 2024 paktierte Reform der Grundsteuer B eingefordert.

Durch die Zuweisung neuer oder die Verlagerung bestehender Aufgaben sowie auch dem Anwachsen von Leistungen in bestehenden Bereichen ohne ausreichende und langfristige finanzielle Abgeltung entstehen den Gemeinden auch abseits der allgemeinen und der Personalkostensteigerung immer höhere Ausgaben. Besonders verwiesen wird auf Leistungen, die der demografischen Veränderung der Gesellschaft folgen. Auch Minderungen der Steuereinnahmen der Gemeinden durch bundesgesetzliche Maßnahmen oder Reformstau sind hier relevant.

Der Österreichische Gemeindebund fordert daher insbesondere

  • die lückenlose und rechtzeitige Einbindung der kommunalen Interessensvertretungen in Reformprozesse, die für die Gemeinden mit finanziellem Mehraufwand verbunden sind,
  • die vollständige und nachhaltige Abgeltung von Mehrausgaben oder Mindereinnahmen durch bundes- oder landesrechtliche Maßnahmen („grauer Finanzausgleich ist zu verhindern“), z.B. im Bereich des Ausbaus der Kinderbetreuung,
  • angesichts der Aufgabenentwicklung und Kostendynamik u.a. in der (Elementar)Bildung, im Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich eine den Steigerungen entsprechende Zusatzfinanzierung ergänzend zum aktuellen FAG- Gemeindeanteil (11,883 %) bereits im Laufe der aktuellen FAG-Periode. Für die Liquiditätssicherung ist ein auflagenfreies Gemeinde-Hilfspaket als Sofortmaßnahme erforderlich.
  • im Rahmen der Neuverhandlung des FAG 2029 eine substanzielle Anhebung des FAG-Gemeindeanteils auf zumindest 15 %, die jedenfalls die vorgenannten Steigerungen voll ausgleicht und Zusatzaufgaben wie „Bürgerservicedienste zum digitalen Übergang“ zu 100% ersetzt.
  • eine mutige Umsetzung weiterer kostendämpfender und effizienzsteigernder Maßnahmen in Bereichen wie etwa Gesundheit, Pflege, Sozialhilfe sowie Kinder- und Jugendwohlfahrt im Zusammenwirken mit den Bundesländern. Gerade in jenen Bereichen, wo die Gemeinden ohne Mitsprache nur ko-finanzieren braucht es auch ein höheres Maß an Kostentransparenz und Vergleichbarkeit, eine 50 % Mitfinanzierung der Ausgaben für Stützkräfte sowie sonstigen Kosten betreffend “Inklusion“ in Kinderbetreuung und Schule seitens des Bundes, die rasche Umsetzung der im Paktum vereinbarten Vorarbeiten zur Reform der Grundsteuer sowie die Berücksichtigung der Verteilungswirkungen einer Reform im FAG,
  • die Beseitigung der finanziellen Benachteiligung des ländlichen Raums bei den Einnahmen aus dem Finanzausgleich (z.B. durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel oder weiterer historischer Verteilungsschlüssel oder im Bereich der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs bzw. der Schülerfreifahrt im Gelegenheitsverkehr),
  • dass nötige Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes (bspw. die Umsetzung der EU Gebäudeenergierichtlinie oder die „Renaturierung“) nicht letztlich auf die Gemeindeebene abgewälzt, sondern einvernehmlich im Sinne einer Gesamtstrategie von Bund, Ländern und Gemeinden gesetzt werden und den Gemeinden allfällig erforderliche finanzielle Mittel bereitgestellt werden,
  • und dass neue Bundesabgaben immer als gemeinschaftliche Bundesabgaben ausgestaltet werden. Hinsichtlich der in den letzten Jahren systemwidrig nur der Ertragshoheit des Bundes zugeordneten Abgaben (z.B. die CO2-Steuer oder die Digitalsteuer) sollte eine Aufteilung nach der Ertragsanteile-Logik angedacht werden.

4. Gesundheit und Pflege

Die Sicherstellung einer flächendeckenden, wohnortnahen und zeitgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit praktischen Ärzten und Fachärzten ist keine Aufgabe der Gemeinden, sondern eine des Bundes und der Länder. Immer wieder werden die Gemeinden hier in die Rolle des „Ausfallshafters“ gedrängt, etwa wenn es um die Förderung oder Bereitstellung von Infrastruktur für niedergelassene Ärzte geht.

Wir fordern daher den Bund auf, klare Versorgungsverpflichtungsregelungen für den niedergelassenen Bereich festzulegen und die Finanzierung zu 100 % durch andere als Gemeindefinanzierungsquellen sicherzustellen.

Es sind weiterhin viele Forderungen aus dem 2019 verabschiedeten Positionspapier „Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum“ aufrecht. Jedenfalls sind baldigst Verhandlungen für eine grundsätzliche Aufgabenreform im Gesundheitsbereich mit der Entflechtung der kommunalen Zuständigkeiten für den nächsten FAG zu starten.

Im Bereich Pflege sind Maßnahmen seitens des Bundes gefragt, um die Erfüllung der Aufgaben in diesem Bereich weiterhin zu ermöglichen. Dies insbesondere durch eine bundesweite Unterstützung zur Anwerbung von Personal aus Drittländern. Es gilt dabei jedenfalls Synergien zu heben, sodass dies nicht jedes Bundesland, oder gar die jeweiligen Heime, eigenständig abzuwickeln hat.

Im Paktum zum Finanzausgleich 2024-2028 konnte eine etwas höhere Finanzierungsbeteiligung des Bundes als bisher erreicht werden. Viele Forderungen aus dem

„Positionspapier zur Reform der Pflege und Pflegefinanzierung“, welches der Bundesvorstand des Österreichischen Gemeindebundes im Jahr 2019 verabschiedet hat, sind jedoch weiterhin aufrecht.

Um bereits mittelfristig die Pflege bestmöglich abzusichern, sind

  • eine ausreichende Anzahl an Pflegekräften sicherzustellen,
  • die 24h Betreuung zu erleichtern,
  • Anreize und Verbesserungen für pflegende Angehörige zu setzen,
  • niederschwellige Unterstützungsangebote wie Community Nurse oder Tagesbetreuungsstätten – sowohl für Pflegebedürftige als auch für Pflegende - um die Pflege vorrangig und solange vertretbar zu Hause zu ermöglichen und
  • Es bedarf im Pflege- und Sozialbereich einer weiteren Verstärkung der Regelfinanzierung durch den Bund.

5. Kinderbetreuung und Schule

Elementarpädagogik

Wenngleich von Seiten des Bundes Mittel für den Ausbau bereitgestellt werden (Art. 15a B- VG Vereinbarung über die Elementarpädagogik) und mit dem im Finanzausgleich beschlossenen Zukunftsfonds erstmals auch der Bestand an Kinderbetreuung mitfinanziert wird, sind alle Maßnahmen zur Entlastung der Gemeinden nach wie vor nur befristet und unzureichend.

Um auch zukünftig ein hochqualitatives Betreuungsangebot leisten und weitere Ausbaumaßnahmen umsetzen zu können, brauchen Gemeinden Planungs-, Investitions- und letztlich Finanzierungssicherheit. Es führt daher kein Weg vorbei dauerhaft Regelungen über die Mitfinanzierung von Bund und Ländern im Bereich der Elementarpädagogik zu treffen.

Schule

In einem Rechtsgutachten zu den Aufgaben der Gemeinden als Schulerhalter wurden zahlreiche Kompetenz- und Verfassungswidrigkeiten zu Lasten der Gemeinden festgestellt. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von verworrenen Zuständigkeiten im Personalbereich und komplexe, kaum administrierbare Finanzierungsstrukturen.

Gerade im Bildungsbereich braucht es unabdingbar nachvollziehbare Zuständigkeiten, klare Verantwortlichkeiten und geordnete Strukturen für ein funktionstüchtiges, effizientes und leistungsfähiges Schulsystem. Der Österreichische Gemeindebund hat diesbezüglich ein Konzept „Reformpapier Gemeindebund Schulwesen Neu“ ausgearbeitet, dessen Berücksichtigung dringend gefordert wird.

Um den Zugang von Schülern in ländlichen Räumen sicherzustellen, ist eine Reform der Schülerfreifahrtsregelungen unbedingt erforderlich, um das bestehende System zeitnahe zu reformieren.

6. Der Ländliche Raum als nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsraum

Die nachhaltigen Entwicklungsziele sind wesentliche Elemente, die den ländlichen Raum nicht nur vor Herausforderungen stellen, sondern auch Chancen bergen.

Nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Raumplanung

Die Gemeinden spüren die klimawandelbedingten Veränderungen. Auf der einen Seite kommt es vermehrt zu lokalen Starkregenereignissen und Überschwemmungen, auf der anderen Seite treten immer öfter lange Trockenzeiten (Dürreperioden) auf.

Seit vielen Jahren setzen die Gemeinden wertvolle Maßnahmen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes um und wird das auch zukünftig weiterhin notwendig sein. Als eine große Herausforderung wird dabei in den kommenden Jahren insbesondere die thermische Sanierung des gemeindeeigenen Gebäudebestandes gesehen. Diese auf unionsrechtliche Vorschriften zurückgehende Verpflichtung wird für die Gemeinden einen finanziellen Kraftakt darstellen.

Bei der nationalen Umsetzung, insbesondere der Energieeffizienz- sowie der Gebäuderichtlinie, ist daher jedenfalls dafür zu sorgen, dass der Bund vollständig für die Finanzierung dieser Maßnahmen aufkommt. Gleichzeitig bedarf es in den Gemeinden auch der Zurverfügungstellung von Know-How und konkreten Anleitungen, wie die zu erlassenden Normen in der Praxis anzuwenden sind.

Aber auch viele andere Maßnahmen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes werden die Gemeinden fordern. Damit auch weiterhin die notwendigen Maßnahmen bewerkstelligt werden können, benötigt es einen umsetzungsorientierten Rahmen von rechtlichen und finanziellen Instrumenten.

Raumordnung

Die Gemeinden bemühen sich tagtäglich darum, der Bevölkerung ein attraktives und lebenswertes Lebensumfeld zu bieten. Es sollte das gemeinsame Anliegen aller Gebietskörperschaften sein, in allen Regionen Österreichs gleichwertige Lebensbedingungen zu gewährleisten. Gleich ob Stadt oder Kleingemeinde sollen die Menschen die Chance auf gleichwertige Infrastruktur (insbesondere Mobilität, Digitalisierung, Medizin, Nahversorgung) haben. Die Raumordnung verpflichtet die Gemeinden das Gemeindegebiet vorausschauend auf die sich ändernden Anforderungen weiterzuentwickeln.

Aus diesem Grund ist es auch unabdingbar, dass die Kompetenz für die örtliche Raumordnung bei den Gemeinden verbleibt. Die Gemeinden sind sich bewusst, dass mit Grund und Boden sparsam umgegangen werden muss. Für die Entwicklungsfähigkeit von Gemeinden ist die Verfügbarkeit von Flächen aber auch eine wesentliche Grundvoraussetzung.

Der Österreichische Gemeindebund lehnt deshalb die Festsetzung quantitativer Zielwerte und Flächenkontingente ab. Stattdessen werden praktikable Instrumente für eine bodensparende Raumplanung gefordert und wird hierfür auf den beigefügten kommunalen Bodenschutzplan des Österreichischen Gemeindebunds verwiesen und eine Umsetzung der im Bodenschutzplan vorgesehenen Maßnahmen gefordert.

Bargeldversorgung

Nicht nur beim Breitbandausbau, sondern etwa auch bei der Bargeldversorgung ist der ländliche Raum damit konfrontiert, dass privatwirtschaftlich angebotene Leistungen in dünnen besiedelten Regionen weniger profitabel sind als in urbanen Zentren. Oft sind Gemeinden damit konfrontiert, dass Bankomaten von den Geschäftsbanken nur aufrechterhalten werden, wenn die Gemeinden Zuzahlungen leisten.

Es ist zu fordern, dass die in Österreich tätigen Geschäftsbanken weiterhin und langfristig ihrer Verantwortung für den Erhalt des heimischen Netzes an Geldausgabeautomaten und Cash-Recycling-Geräten (Einzahlungsgeräten) nachkommen – auch im ländlichen Raum - und nicht die Gemeinden in die Ausfallshafter-Rolle gedrängt werden.

7. Digitalisierung

Breitbandausbau

Die Breitbandinfrastruktur ist eine Schlüsseltechnologie für die Standortpolitik im ländlichen Raum. Da ein zukunftstaugliches Breitbandnetz auch die Funktion der Daseinsvorsorge erfüllt, fordert der Österreichische Gemeindebund weiterhin eine effektive, treffsichere und niederschwellige Förderung der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum.

Gleichzeitig gilt es darauf zu achten, die kommunale Infrastruktur bei der Verlegung von Glasfasernetzen ausreichend zu schonen. Es sollte der privatwirtschaftliche Wettbewerb dringend dahingehend gelenkt werden, dass dieser im Sinne offener Netze möglichst auf der Infrastruktur stattfindet und nicht durch die Verlegung mehrerer paralleler Leitungen. Weiters fordern wir die Bundesregierung auf, die Schaffung einer Gebrauchsabgabe für die Glasfaserverlegung (auch auf europäischer Ebene) zu forcieren, um einen Ausgleich für langfristige Nachteile und Schäden an der öffentlichen Infrastruktur sicherzustellen.

Verwaltungs-Digitalisierung

Abgesehen von der erforderlichen digitalen Infrastruktur gilt es, die Gemeinden ausreichend für die Herausforderungen, aber auch die vielfältigen Möglichkeiten der Verwaltungs- Digitalisierung zu wappnen. Dies insbesondere im Bereich der Cybersicherheit, wo die Gemeinden in der Prävention zu unterstützen sind, beispielsweise durch die Einrichtung einer nationalen Behörde für Cybersicherheit, in der auch die kommunale Ebene vertreten wird.

Weiters sollte sich die Bundesregierung auch verstärkt mit dem Themenfeld rund um den Bereich Künstliche Intelligenz, sowie dem zugrundeliegenden Datenmanagement befassen, denn besonders auf kommunaler Ebene verzeichnen wir hier ein enormes Potential zur zukünftigen Verwaltungsvereinfachung. Gerade auch die kleinen und mittelgroßen Gemeinden sind hier einzubeziehen und zu unterstützen, sodass die Digitalisierung auch in diesen kleinstrukturierten Einheiten erfolgreich Einzug halten kann.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die zentrale Rolle der österreichischen Registerlandschaft zu verweisen. Es gilt hier, die Verknüpfung von Datensätzen und Registern voranzutreiben, um einheitliche Datenquellen gewährleisten zu können. Auch die Schaffung neuer Register sollte dort angedacht werden, wo dies einen Mehrwert bringen kann. So könnte beispielsweise die Schaffung eines „Amtsträgerregisters“ dazu dienen, im Sinne der Informationsfreiheit und der Transparenz einen Überblick über jene Personen zu geben, die berechtigt sind, für eine Gebietskörperschaft tätig zu werden.

Ein wesentliches Potential verorten wir zudem im Bereich der raumbezogenen Daten (Geodaten). Die vielfältigen, teilweise noch zu entwickelnden Anwendungsfälle könnten wesentlich zur Analyse von Versiegelungsflächen und Bodenbedeckung beitragen und letztlich auch in den Bereichen Raumplanung, Flächennutzung, etc. einen enormen Mehrwert für erfolgreich steuernde und ausgleichende Politik bringen.

Digitalisierung im Bereich der Daseinsvorsorge

Speziell im ländlichen Raum sind Nahversorgung, Poststellen, Landarztpraxen, Medikamentenversorgung, Mobilitätsdienstleistungen und andere Daseinsvorsorgedienste weiterhin von Abwanderung bedroht. Digitale Unterstützung kann hierbei „alternative“ Versorgungsmodelle ermöglichen, wie sich am Bespiel von digitalen 24h Nahversorgungssystemen, digital disponierten Rufbussystemen, telemedizinischen Angeboten oder drohnenunterstützter Medikamentenzustellung zeigt. Der Österreichische Gemeindebund fordert die neue Bundesregierung in diesem Bereich auf:

  1. Ein „Digi-Innovationslabor“ für den ländlichen Raum einzurichten, um die Möglichkeiten der Digitalisierung auch in praktische Anwendungsformen zu bringen.
  2. Eine Transformationsförderung zu geben, um Daseinsvorsorgedienstleister anzuspornen, digitale Innovationen frühzeitig zu nutzen
  3. Den entsprechenden Rechtsrahmen zu schaffen, sodass alle digitalen Möglichkeiten – bspw. in der Medizin, bei der Medikamentenzustellung oder bei den Ladenöffnungszeiten – umgesetzt werden können und nicht an bestehenden Regulierungen scheitern.
  4. Die maximalen 72 Stunden Ladenöffnungszeit für kleine Nahversorger, die gänzlich digital oder in Randzeiten digital und ohne Personal betrieben werden, ist zu überdenken.

Sicherheit

Gerade auch im ländlichen Raum sollten die Möglichkeiten technischer Sicherheitskontrollen (Videoüberwachung) in Zusammenarbeit mit der Polizei ausgebaut werden. Dies nicht nur um die gemeindeeigene Infrastruktur zu schützen, sondern vielmehr auch um ein sicheres Umfeld für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.

8. Attraktivierung des BürgermeisterInnen-Amts und Frauenförderung in der Kommunalpolitik

Die Bundesregierung muss auch Maßnahmen zur Attraktivierung des BürgermeisterInnen- Amts setzen,

  • im Bereich der sozialrechtlichen Absicherung,
  • bei der Förderung von Frauen in der Kommunalpolitik,
  • und bei der Minimierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der BürgermeisterInnen, da diese für Verwaltungsübertretungen, die im Wirkungsbereich der Gemeinde begangen werden, auch haften. Es braucht hier deutliche Haftungserleichterungen. Das persönliche Haftungsrisiko ist jedenfalls zu hoch und erschwert auch geeignete Personen zu finden, die Verantwortung in der Kommunalpolitik übernehmen.

9. Europa

Der Österreichische Gemeindebund fordert die Bundesregierung auf, auch auf europäischer Ebene die Interessen der Kommunen stets mitzudenken und diese nachdrücklich zu vertreten.

Insbesondere ist in jeglichen Belangen auf die Einhaltung des Subsidiaritäts- sowie insbesondere des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu achten. Zudem sind bei der Mitwirkung an der EU-Legistik stets auch die finanziellen Auswirkungen für die kommunale Ebene zu bedenken.

Bei jenen europäischen Rechtsakten, die in der Anwendung respektive Umsetzung hohe Ausgaben auf Gemeindeebene erforderlich machen, bedarf es jedenfalls einer umfassenden Unterstützung des Bundes für die Gemeinden, sowohl in finanzieller als auch in technischer und organisatorischer Hinsicht.

Insgesamt sollte auf europäischer Ebene darauf hingewirkt werden, dass der Fokus weniger auf der Schaffung neuer Regulierungen gelegt wird, sondern vielmehr auf die europaweite Umsetzung des bereits geltenden Europarechts.

Der Österreichische Gemeindebund tritt für eine bessere Beachtung kommunaler Anliegen auf europäischer Ebene ein. Daher fordert der Österreichische Gemeindebund einen für kommunale Angelegenheiten zuständigen Kommissar, welcher bereichsübergreifend die Auswirkungen von EU-Recht auf Städte und Gemeinden im Blick behalten und für die Einhaltung wesentlicher Grundsätze des EU-Rechts verantwortlich sein soll. In dieser Angelegenheit setzen wir auf die Unterstützung der Bundesregierung.