Umfrage
Bürgermeisterinnen öfter zum Amt „überredet"
„Das Bewusstsein, dass man Frauen fördern muss, ist bei den Männern noch nicht vorhanden“, meint Studienautorin Kathrin Stainer-Hämmerle dazu.
Wie kommt man dazu, sich politisch zu engagieren?
Ein deutlicher Geschlechterunterschied zeigt sich bei der Motivation, für das Amt zu kandidieren: Knapp 27 Prozent der Bürgermeisterinnen gaben an, „überredet“ worden zu sein, während nur 9,5 Prozent der Männer diese Antwort wählten.
Weit mehr als die Hälfte der 318 befragten Ortschefs (63 Prozent) haben in ihrem Amt bereits einmal oder mehrmals persönliche Erfahrungen mit Beleidigungen, Bedrohungen und Übergriffen gemacht. Frauen erleben dies tendenziell öfter (mehr als 70 Prozent) als Männer (knapp 60 Prozent).
Die Bürgermeisterinnen sorgen sich auch eher um ihre soziale Absicherung (knapp 55 Prozent) als ihre männlichen Amtskollegen (38 Prozent).
Die Herausforderungen
Als größte Herausforderung im Amt gaben die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die steigende rechtliche Verantwortung an, gefolgt vom steigenden Anspruch der Bevölkerung.
An dritter Stelle, noch vor Finanzproblemen, klagten die Ortschefs über die überbordende Bürokratie und Überregulierung.
„Die Ergebnisse zeigen deutlich, wo der Schuh drückt und wo dringender Handlungsbedarf herrscht. Wir fordern seit Jahren die Entlastung der Gemeinden vor unnötiger Bürokratie und warnen vor dem steigenden Haftungsrisiko. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind die besten und erfahrensten Krisenmanager, die direkten Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger und damit auch gemeinsam mit den Gemeinderäten wichtige Stabilitätsfaktoren für unsere Demokratie und Gesellschaft“, betont Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.
Hoher Zeitaufwand
Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die hohen Anforderungen an die heimischen Kommunalpolitikerinnen und -politiker. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, als Bürgermeisterin oder Bürgermeister zu wenig Privatleben zu haben. Fast die Hälfte der Ortschefs wendet mehr als 40 Stunden pro Woche für die Gemeindearbeit auf. Bei 16 Prozent sind es sogar mehr als 60 Stunden pro Woche. Frauen verbringen insgesamt mehr Zeit im Einsatz für die Gemeinde als ihre männlichen Kollegen.
Nichtsdestotrotz üben der Großteil der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister das Amt nebenberuflich aus, fast ein Viertel geht neben dem Amt einer Vollzeitbeschäftigung nach. Die Vereinbarkeit von Bürgermeisteramt und Kindern in betreuungspflichtigem Alter wird von Frauen und Männern gleich eingeschätzt – etwas mehr als die Hälfte sieht darin kein Problem.
Ein Job, der zufrieden macht
Trotz allem bewerten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ihr Amt als durchaus lohnend. Die Hälfte der Befragten sind mit dem Bürgermeisterbezug zufrieden und der überwiegende Großteil nannte die Gestaltungsmöglichkeiten, den Kontakt mit Menschen und das direkte Feedback als schönste Bereiche ihrer Tätigkeit. Gemeindebund-Präsident Riedl: „Die Ergebnisse der Umfrage sind ein gutes Stimmungsbild für uns, aber auch ein Auftrag. Geschlechtergleichstellung ist uns ein großes Anliegen und wir wollen auch weiterhin aktiv Frauenförderung betreiben.“
Sonja Ottenbacher, Bürgermeisterin im Salzburger Stuhlfelden und Initiatorin des jährlichen Bürgermeisterinnentreffens setzt sich seit 2007 für die Vernetzung von Frauen in der Gemeindepolitik ein: „Als ich vor über 20 Jahren zur Bürgermeisterin gewählt wurde, gab es in Österreich gerade einmal 45 Bürgermeisterinnen – heute sind es 202. Allein in den letzten fünf Jahren sind um ein Drittel mehr Bürgermeisterinnen dazu gekommen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Jede weitere Initiative ist willkommen, um Frauen zu ermutigen, sich mehr zuzutrauen.“