Polizisten
Durch Community-­Policing-Aktivitäten soll die Beziehung zwischen Bürgern und Polizei verbessert werden.
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Mehr Sicherheit in den Gemeinden

Wurden früher „nur“ Naturkatastrophen als Bedrohung für die Gemeinden gesehen, kommen nun auch Gefahren anderer Art auf uns als Gesellschaft zu. Immer noch – die vergangenen Wochen mit Starkregenereignissen, Stürmen und Vermurungen halten uns nach wie vor in Atem – steht der Kampf mit der Natur an erster Stelle. Daneben sind es Sicherheitsfragen im Verkehr, die Gefahr von Einbrüchen oder auch immer frechere Cyberattacken. Und spätestens seit dem Anschlag Anfang ­November 2020 in Wien ist auch die Gefahr des Terrorismus dazugekommen. Die Gemeinden sind von allem betroffen – aber sie stehen nicht alleine da, sie haben Partner.

Naturkatastrophen sind nicht primär Thema dieses Beitrags, aber die Hilfe nach solchen Unwettern, das Aufräumen mit schwerem Gerät, geht meist nicht ohne Partner. In diesem Fall ist es neben der Feuerwehr das Bundesheer, das wenn nötig auch mit Bergepanzern ausrückt.
Es ist nicht einmal noch zwei Monate her, dass der Gemeindebund mit dem Bundesheer eine neue Kooperation abgeschlossen hat. 

Neue Herausforderungen, mehr Gefahren – Bundesheer und Gemeinden arbeiten enger zusammen

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner präsentierte Ende Juni gemeinsam mit dem Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, Alfred Riedl, die künftigen Ziele für eine intensivere Kooperation zwischen dem Bundesheer und den Gemeinden. Der Fokus liegt dabei auf der Verbesserung des Informationsaustausches im Bereich der Umfassenden Landesverteidigung. Vertieft wird das durch die Erstellung von gemeinsamen Konzepten und Übungen zur Risiko- und Katastrophenbewältigung nach schwerwiegenden Ereignissen.

„Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden ist und bleibt der Schlüssel zum Erfolg für Einsätze in der Region. Wir intensivieren die Kooperation, damit wir auch für die bevorstehenden Herausforderungen bestmöglich vorbereitet sind“, so Verteidigungsministerin Tanner.

Alfred Riedl und Klaudia Tanner
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei der Pressekonferenz mit Gemeindebund-Chef Alfred Riedl: „Wir intensivieren die Kooperation, damit wir auch für die bevorstehenden Herausforderungen bestmöglich vorbereitet sind.“ Foto: BMLV/Laura Heinschink

Ansprechperson für das Bundesheer im Gemeinderat

Künftig soll in jedem Gemeinderat eine Ansprechperson für das Bundesheer definiert werden. Im Sinne der Umfassenden Landesverteidigung wird das Bundesheer Informationsoffiziere für Vorträge über das Stellungswesen, wehrpolitische und sicherheitspolitische Themen (Zivilschutz, Vorsorge und Blackout-Prävention in der Bevölkerung und mehr) sowie aktuelle Bedrohungslagen zur Verfügung stellen. In weiterer Folge sollen diese Vorträge auch bei Gemeindeveranstaltungen angeboten werden. Damit erhalten die Bürgerinnen und Bürger Informationen aus erster Hand.

Das Bundesheer konnte besonders in der Pandemie beweisen, wie wichtig die Kooperation zwischen dem Heer und den Gemeinden ist. Soldatinnen und Soldaten unterstützten beim Testen in den Gemeinden, aber auch bei Einreisekontrollen. In Spitzenzeiten waren rund 8.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Auch bei Katastropheneinsätzen wie zum Beispiel bei Hochwasser ist es wichtig, dass Bundesheer und Gemeinden zusammenarbeiten. Die teils katastrophalen Unwetterereignisse Ende Juli, Anfang August haben das überdeutlich gezeigt.

Fünf Jahre Initiative „Gemeinsam sicher“

Um den Sicherheitsdialog zwischen der Polizei, den Gemeinden und den Bürgern aufrechtzuerhalten und auszubauen, wurde vor fünf Jahren die Initiative „Gemeinsam sicher“ geschaffen. Sie sieht vier zusätzliche Rollen von sogenannten Sicherheitspartnern vor.

Gegründet ist die Initiative auf der Annahme, dass Sicherheit ein Grundbedürfnis ist und dass nur wer sich sicher fühlt, sich auch geborgen und wohl fühlen kann. 

Weil jeder Einzelne für Sicherheit mitverant­wortlich ist, soll auch jeder aktiv mitwirken können. Im Zuge der Initiative bringt die Polizei Gemeinden, Bürger und andere zuständige Organisationen an einen Tisch und erarbeitet mit ihnen konkrete Maßnahmen für Sicherheitsthemen in ihrem Lebensbereich.

Innenminister Nehammer präsentiert mit Gemeindebund-Präsident Riedl das Maßnahmenpaket „Gemeinsam sicher aus der Krise“.
Innenminister Nehammer präsentiert mit Gemeindebund-Präsident Riedl das Maßnahmenpaket „Gemeinsam sicher aus der Krise“. Foto: BMI/Jürgen Makowec

Das funktioniert folgendermaßen: Speziell ausgebildete Polizeibeamte, die sogenannten Sicherheitsbeauftragten, rufen eine Gruppe ins Leben, in der neben ihnen selbst auch die Gemeinde und andere Zuständige, vor allem aber auch ehrenamtliche Bürger – die sogenannten Sicherheitspartner – aktiv mitwirken. Von Schülervertretern über Trafikanten, Ärzte und Pensionisten bis hin zum Gemeinderat: Jeder kann Sicherheitspartner werden. Dazu muss man nur sein Interesse bekunden und sich aktiv einbringen. Und schon kann man gemeinsam mit der Polizei aktiv an der Lösung von Problemen arbeiten. Das Mitmachen ist nicht nur erlaubt, sondern explizit erwünscht. Die Form einer „Gesellschaft des Hinsehens und aktiven Handelns“ soll die Sicherheit erhöhen. 

Polizei muss mit den Menschen in Verbindung stehen

Die Überlegungen der Polizei dahinter sind nachvollziehbar. Sie muss sich mit der Gesellschaft mitentwickeln. Sie sollte also idealerweise permanent mit den Menschen in Verbindung stehen. Dieses Bestreben geht über die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten hinaus und setzt einen regelmäßigen Dialog auf Augenhöhe voraus, der Vertrauen schaffen kann. Erst auf diese Grundlage kann der Austausch von Anliegen und Informationen stattfinden, der die Sicherheit und den sozialen Frieden fördert.

Sicherheitspartner sollen als Multiplikatoren fungieren

Die freiwilligen Sicherheitspartner, die auf regionaler Ebene Interesse am Mitwirken und Mitgestalten der Sicherheit haben, sollen durch die Weitergabe von Präventionstipps an ihre Mitbürger als Multiplikatoren fungieren und zur Sensibilisierung der Bevölkerung beispielsweise in Fragen der Verbrechensvorbeugung beitragen.

Die Initiative geht aber über das bloße Verhindern und Verfolgen von Straftaten hinaus und bietet den Menschen in Österreich die Möglichkeit, auf Basis einer transparenten Information freiwillig in präventive Aktivitäten eingebunden zu werden.

Die Sicherheitspartner bekommen für die Bewältigung ihrer Aufgabe als Multiplikatoren zwischen Polizei und Bevölkerung sowie für ihr Mitwirken an der Lösung von Problemen unter anderem Grundlagen des Community Policing und Projektmanagements vermittelt. Dazu kommen rechtliche Aspekte, bisherige Erfahrungen, kriminalpräventive Ansätze mit Schwerpunkt auf Gewalt- und Eigentumsprävention, Verfassungsschutz sowie Kommunikation und Konfliktlösung. Eine ganze Menge also.

Die Sicherheitspartner sind jene Menschen, die auf regionaler Ebene Interesse am Mitgestalten von Sicherheit haben. Sie sollen durch die Weitergabe von Präventionsinformationen an ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Sensibilisierung der Bevölkerung in Fragen der Verbrechensvorbeugung beitragen. 

Sicherheitsbeauftragte sind Polizisten, die Ansprechpartner sein sollen

Die Sicherheitsbeauftragten hingegen sind Polizisten – sie  sind für die Sicherheitspartner vor Ort und die regionalen Akteure wie zum Beispiel Firmen die zentralen Ansprechpartner innerhalb der Polizei. Sie sind der verlängerte Arm der Sicherheitskoordinatoren und unterstützen diese in allen Belangen der Sicherheitspartnerschaft sowie in Präventionsangelegenheiten.

Die Sicherheitskoordinatoren schließlich sind auf Bezirksebene eingerichtet und treten als Bindeglied zwischen allen Beteiligten der Sicherheitspartnerschaft auf. Sie werden bei Informationsveranstaltungen größtmöglich eingebunden und können durch ihre regionalen Kenntnisse kriminalpräventive Maßnahmen koordinieren und umsetzen.

Die Initiative „Sicherheitsgemeinderäte“ wurde quasi als vierte Säule im März 2016 in Kooperation mit dem Gemeindebund gestartet. Sicherheitsgemeinderäte sind Gemeinderäte, die in sicherheitsbehördlichen Angelegenheiten die Schnittstelle zwischen der örtlich zuständigen Polizeiinspektion und der jeweiligen Gemeinde bilden.

Diese vier Typen an Beteiligten sind es im Wesentlichen, die die Initiative „Gemeinsam sicher“ mit ihrem Zusammenwirken vorantreiben. Und das nun schon einige Jahre. 

Die Erfahrungen in dieser Zeit sind vielfältig. Bemerkenswert gut läuft es im Bezirk Mödling. „In vierzehn der zwanzig Gemeinden im Bezirk gibt es Sicherheitsgemeinderäte, die mit den Sicherheitsbeauftragten sehr eng vernetzt sind“, erzählt die Kommandantin im Bezirkspolizeikommando Mödling, Oberstleutnant Gertraud Haselbacher. Das sind fast drei Viertel aller Gemeinden im Bezirk. Österreichweit besteht diesbezüglich hingegen noch weitaus mehr Luft nach oben als in Mödling. Aktuell gibt es zwar bundesweit mehr als tausend Sicherheitsbeauftragte und über 500 Sicherheitsgemeinderäte. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass es in drei von vier Gemeinden noch keinen Sicherheitsgemeinderat gibt. Zweifellos wäre aber in allen 2.095 österreichischen Gemeinden ein solcher als Bindeglied zwischen Polizei und Politik wünschenswert.

Während in manchen Gemeinden das Zusammenspiel von Bürgern, Polizei und Politik noch intensiviert werden könnte, läuft es in anderen Kommunen längst so gut, dass weitere Initiati­ven mit einem speziellen Fokus vorangetrieben werden. Der übergeordnete und vielseitig passende Slogan „Gemeinsam sicher“ wird dabei um das jeweilige Thema ergänzt. Beispiele dafür sind etwa „Gemeinsam sicher wohnen“, bei dem es unter anderem darum geht, Einbrüchen und Vandalismus vorzubeugen – zumindest in Niederösterreich. In Salzburg stand unter dem gleichen Motto vor allem die Frage im Zentrum, wie Wohnbauunternehmen die Sicherheitsbedürfnisse von Frauen noch besser in die Wohnraumplanung integrieren können. 

Mehr Sicherheit für Frauen

Bereits im Herbst 2016, also nur ein halbes Jahr nach Beginn der Initiative „Gemeinsam sicher“, wurde im Innenministerium unter der Leitung von Michaela Kardeis, der späteren Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, die Arbeitsgruppe „Gemeinsam sicher mit Frauen“ gegründet. Diese Gruppe setzt sich aus 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundeskriminalamts und der neun Landespolizeidirektionen zusammen.

Ein Ziel der Arbeitsgruppe war es, zu erheben, welche Maßnahmen für Mädchen und Frauen in den Bereichen „Selbstschutz, Selbstbestimmung und Selbstbehauptung“ bestehen und wo es Bedarf an weiteren Angeboten gibt. Österreichweit wurden zudem 145 Präventionsbeamtinnen und Präventionsbeamte mit dem Themenschwerpunkt „Sicherheit im öffentlichen Raum“ ausgebildet.

Gemeinsam aus der Corona-Krise

Wenig überraschend kommt auch die Polizeikooperation mit der Bevölkerung nicht um das omnipräsente Thema Corona herum. Innenminister Karl Nehammer und Gemeindebundpräsident Alfred Riedl präsentierten im Mai 2021 ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit auf kommunaler Ebene. Der passende Titel: „Gemeinsam sicher aus der Krise“.

 „Es hat sich gezeigt, dass in den Gemeinden die Polizei sowie die Bürgermeister erste Ansprechpartner in Sicherheitsfragen sind. Nun gilt es, im Sinne der Eigenverantwortung, die Bevölkerung verstärkt in dieses Gefüge einzubinden“, erklärte der Innenminister bei der Vorstellung des Projekts, bei dem in den Gemeinden Sicherheitsforen, Sprechstunden und Grätzl-Cafés institutionalisiert werden. Der Fokus wurde dabei zunächst auf drei konkrete Schwerpunkte gerichtet: die Folgen des langen Lockdowns, der Umgang mit Verschwörungstheorien und die nach wie vor aufrechten Schutzmaßnahmen, um die Verbreitung des Coronavirus weiterhin bestmöglich einzudämmen. 

Dekontamination des Landtags in NÖ durch ABC-Abwehrsoldaten.
Auch das ist Sicherheit und auch dafür wird das Bundesheer herangezogen: Dekontamination des Landtags in Niederösterreich durch ABC-Abwehrsoldaten. Bild: Bundesheer/Carina Karlowitz 

In Wien-Alsergrund begegnet Gruppeninspektor Gerald Buchebner in seiner Eigenschaft als Sicherheitsbeauftragter in einem derartigen „Dialog-Café“ vielen Menschen mit Existenzängsten. „Auch Sorgen, wie es in der Schule weitergeht, werden an mich herangetragen, oder Mietvertragsprobleme – und immer wieder Fragen zur Corona-Pandemie“, berichtet Buchebner.

Sein Stadtpolizeikommandant in der Josefstadt, Oberst Werner Matjazic, bestätigt: „Die Initiative ,Gemeinsam sicher‘ ist gerade nach der Pandemie besonders wichtig, da der Bedarf an einem gesteigerten Sicherheits- und Wohlgefühl der Menschen vermutlich so groß wie nie ist.“ Denn: „Grundsätzlich geht es ja darum, sich auf die Probleme der Menschen einzulassen und zu versuchen, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.“ Und wenn die Bevölkerung das Gefühl habe, an der Gestaltung der öffentlichen Sicherheit mitwirken zu können, verbessere sich das Sicherheitsgefühl der Menschen, ergänzt der Stadtpolizeikommandant. „Und ganz bestimmt werden dabei auch Ängste abgebaut.“ 

Durch die Community-Policing-Aktivitäten soll die Beziehung zwischen Bürgern und Polizei verbessert werden, indem die Arbeitsweise der Polizei verändert wird – weg vom Blickpunkt auf Kriminalitäten und hin zu präventiven, kreativen Lösungen, um den Anliegen der Bevölkerung besser begegnen zu können, und das klappt erfreulich gut.

Falls nun die eine oder der andere Lust bekommen hat, als Sicherheitspartner oder Sicherheitsgemeinderat aktiv zu werden, und sich nicht sicher ist, wohin er oder sie sich wenden soll: Österreichweit gibt es in jeder Polizeiinspektion einen Sicherheitsbeauftragten, an den man sich wenden kann.