Gewitterwolken
In Österreich gibt es laut der ZAMG keinen Trend zu weniger Niederschlag, trotzdem steigt die Gefahr von Dürren. Denn die stetige Erwärmung wirkt sich stark auf die Wasserbilanz aus.
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Was tun, wenn das Wetter verrücktspielt?

„Die Menschheit verlässt gerade den klimatischen Wohlfühlbereich“, sagte der Kieler Klimawissenschaftler Mojib Latif auf einer Veranstaltung des Deutschen Klimakonsortiums nach dem verheerenden Hochwasser in Teilen Deutschlands Ende Juli 2021.

Demnach hätten teils Jahre alte Studien darauf verwiesen, dass allein die Erwärmung des Mittelmeeres zu mehr Extrem-Niederschlägen führen werde – unter anderem in genau den Teilen Deutschlands und der Nachbarländer, in denen sich im Sommer die Katastrophe ereignete, bei der mehr als 200 Menschen ums Leben kamen. Und bald nach den Ereignissen in Deutschland wurde auch Österreich (wieder) im Sommer von einer Serie von Wetterkapriolen getroffen, die schwere Schäden anrichteten – und ebenfalls einige, wenn auch deutlich weniger – Menschenleben forderten. 

Bei der Veranstaltung erklärte Latif auch den Zusammenhang zwischen der Erwärmung des Mittelmeeres und den stärkeren Niederschlägen: Der Grund dafür liege darin, dass wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen könne – und zwar in einer Exponentialfunktion. So könne die Menge des Wasserdampfs, der dann zu Starkregen führen kann, bei einer Erwärmung der Luft um ein Grad um das 7- bis 14-Fache zunehmen.

Mojib Latif
Mojib Latif, Meteorologe, Klimaforscher, Hochschullehrer und Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome: „Es ist immer leicht, über Emissionssenkungen 2030 oder 2040 zu diskutieren, es muss aber jetzt gehandelt werden.“

Nicht nur Mojib Latif warnte vor dem Klimanotfall. 2019 warnten rund 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 153 Ländern der Welt vor einem „weltweiten Klimanotfall“. Heute beläuft sich die Zahl der warnenden Wissenschaftler bereits auf rund 14.000 – die zahlreichen Flutkatastrophen, Waldbrände und Hitzewellen weltweit hätten auch klargemacht, welche Konsequenzen es habe, wenn einfach so weiter gemacht werde. 

Woher wissen die Forschenden, dass der Klimawandel hauptsächlich von menschengemachten Emissionen angetrieben wird? Einer der vielen Belege dafür ist ein Prozess, der auf Englisch „detection and attribution“ – auf Deutsch „Erkennen und Zuordnen“ – heißt.

Zum einen sind dafür Beobachtungsdaten nötig, die einen Trend wie den Anstieg in der Temperatur erkennen. Zum anderen Klimamodelle, die den beobachteten Trend bestimmten Antrieben zuordnen. Dabei werden Modellsimulationen, die nur die natürlichen Klimaantriebe wie den Zyklus der Sonne und vulkanische Aktivität berücksichtigen, verglichen mit solchen, die sowohl natürliche als auch menschliche Antriebe berücksichtigen.

Durch einen Vergleich der beiden Simulationen sehen die Forschenden: Die beobachteten Temperaturtrends lassen sich nur erklären, wenn die menschlichen Antriebe hinzugenommen werden. Sie sind der Haupttreiber für die Erwärmung. Rechnen die Modelle nur mit natürlichen Treibern, erwärmt sich das Klima in den Modellen nicht wie beobachtet.

Und die Politik?

Latif kritisierte, die Politik neige dazu, sich auf das Setzen neuer Ziele zu beschränken. Dagegen fehle es am politischen Willen zu konkreten Maßnahmen, kritisierte er weiter. Es sei immer leicht, über Emissionssenkungen 2030 oder 2040 zu diskutieren, es müsse aber jetzt gehandelt werden.  

In Österreich wurden Stimmen aus der hohen Politik laut, dass „die Bekämpfung des Klimawandels ohne Verzicht, dafür mit Innovation und Technologie möglich ist“. Aus Expertensicht der völlig falsche Zugang. Notwendig seien demnach neben dem technologischen Fortschritt auch Lebensstiländerungen, um die Klimakrise zu bremsen. Davon zeugen auch die Forderungen des internationalen Forscherteams, wie etwa eine drastische Reduktion des Methan-Ausstoßes oder eine Umstellung des Essverhaltens auf eine hauptsächlich pflanzliche Ernährung. Sie rufen dazu auf, möglichst bald zu handeln und vor allem drei Bereiche in Angriff zu nehmen. 

Weiter wie bisher ist keine Option mehr

Ausgehend vom IPCC-Bericht (IPCC steht für Intergovernmental Panel on Climate Change) vom 9. August fasst die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) die wichtigsten Fakten zur Vergangenheit und Zukunft des Klimas in Österreich zusammen2. Demnach bringt der Klimawandel in Österreich Risiken, wie etwa mehr extremes Wetter, aber auch Chancen, wie zum Beispiel ein im Vergleich zu anderen Urlaubsländern weiterhin angenehmes Sommerklima in den Alpen sowie die Möglichkeit, sich mit grüner Technologie international zu positionieren.

„Uns als nationalem Wetterdienst ist wichtig, möglichst detailliert die neuesten Erkenntnisse zur Vergangenheit und Zukunft des Klimas in Österreich bereitzustellen, damit eine sachliche Diskussion am aktuellen Stand der Forschung stattfindet und über wichtige langfristige Maßnahmen entschieden werden kann“, so Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der ZAMG. „Ein wichtiges Ergebnis der Forschung ist, dass es mit einem ambitionierten weltweiten Klimaschutz immer noch möglich ist, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu dämpfen.“

Die Erwärmung trifft ganz Österreich in allen Höhenlagen, und sie beeinflusst auch das Dürrerisiko. Ganz wichtig für das Wintersportland Österreich: Die Änderung der Schneelage hängt stark von der Seehöhe ab. In den höheren Lagen Österreichs, oberhalb von etwa 1.500 bis 2.000 Meter Seehöhe, bleibt es im Winter trotz Klimaerwärmung auch in den nächsten Jahrzehnten kalt genug für Schneefall.

Gesundheitsrisiko Hitzewellen

Was die Hitze betrifft: Hitzewellen werden nicht nur wahrscheinlicher - was früher Extremwerte waren, ist heute Normalität –, sie sind auch ein Gesundheitsrisiko. Dennoch wird der Sommer laut der ZAMG mehr Sommertage mit mehr Regen bringen. Aber: Es wird 20 Prozent mehr Wetterlagen mit Unwetterpotenzial geben.

Aussichten, die gerade die Freiwilligen Feuerwehren und ihre in die Zigtausende gehenden Helfer, die Menschen am Land und damit die Gemeinden berühren werden.