Baumkontrolle
Hinsichtlich der Kontrollintensität – also der Häufigkeit der erforderlichen Baumkontrollen – gibt es keine rechtlichen Vorgaben.
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Was ist Kommunen bei der Baumpflege zumutbar?

10. Februar 2020
Eine Projektstudie der Wissenschaftlerinnen Erika Wagner, Claudia Jandl, Lyane Sautner und Melanie Halbig vom Institut für Umweltrecht an der Johannes-Kepler-Universität Linz zur Frage, was in welchem Maß zumutbar ist, kam schon 2016 zu folgendem Schluss:

„Generalisierende Aussagen im Zusammenhang mit ,Zumutbarkeit‘ sind nicht möglich.“ Abzustellen ist immer auf den Status des Verkehrssicherungspflichtigen (Privatperson oder Gemeinde) und auf die übrigen Umstände des Einzelfalls.

Für Gemeinden gilt laut einhelliger Judikatur der erhöhte Sorgfaltsmaßstab nach § 1299 ABGB. „Einer Stadtgemeinde sind gegenüber der Allgemeinheit größere Lasten aufgebürdet, es gelten daher erhöhte Zumutbarkeitsgrenzen.“

Warum bei Gemeinden generell der erhöhte Sorgfaltsmaßstab angewendet wird, erscheint den Autorinnen begründungswürdig. Auch bei Gemeinden darf es nicht durch eine Überspannung der Zumutbarkeitsgrenze zu einer schleichenden Statuierung einer reinen Erfolgshaftung kommen.

Beispiel für Baumpflege

Es ist auch für Gemeinden unzumutbar, jeden einzelnen Baum am Straßenrand oder auf einer Waldfläche abzusichern – sehr wohl aber den Baumbestand an neuralgischen Punkten.

Auf umweltrechtliche Aspekte ist bei der Baumpflege Bedacht zu nehmen

Ebenfalls im Rahmen dieser Zumutbarkeitserwägungen zu berücksichtigen sind – aus Sicht der Autorinnen - ökologische Wertungen. Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der „Zumutbarkeit“ ist auch auf umweltrechtliche Aspekte Bedacht zu nehmen.

So ist § 3 des B-VG Nachhaltigkeit 2013, der den Schutz der natürlichen Umwelt gewährleistet, als Interpretationsmaxime heranzuziehen. In diesem Sinne dürfen keine zu hohen Anforderungen an die Zumutbarkeit gestellt werden. Der Baum ist nicht nur Gefahrenquelle und Haftungsobjekt, sondern zugleich auch Schutzgut des öffentlichen und privaten Rechts, das erhalten bleiben soll. Die von der Judikatur derzeit praktizierte stetige Ausweitung der Zumutbarkeitsgrenzen, die zwangsläufig eine große Anzahl von Baumfällungen mit sich bringt, steht daher im Widerspruch zu den Interpretationsvorgaben des § 3 B-VG Nachhaltigkeit 2013.

Keine Vorgaben zur Kontrollintensität

Hinsichtlich der Kontrollintensität – also der Häufigkeit der erforderlichen Baumkontrollen – gibt es keine rechtlichen Vorgaben. Alle in der Literatur gemachten Angaben hinsichtlich der Kontrollintervalle sind der Judikatur entnommen. Wobei der OGH bezüglich des zeitlichen Horizonts der gebotenen Untersuchungen keine einheitliche Linie verfolgt. Allerdings haben sich im Laufe der Zeit einige Tendenzen in der Rechtsprechung herausgebildet.

Bei älteren Straßenbäumen oder an viel frequentierten, exponierten Stellen (neben einer öffentlichen Straße, in öffentlich zugänglichen Parkanlagen, neben Kinderspiel- oder Parkplätzen etc.) hat eine derartige Überprüfung zweimal jährlich stattzufinden, einmal in belaubtem, einmal in unbelaubtem Zustand. Ansonsten ist eine Prüfung pro Jahr als ausreichend zu erachten.

Junge, gesündere Bäume bedürfen sicherlich einer geringeren Überwachung als ältere, vielleicht sogar vorgeschädigte Bäume. Erhöhter Kontrollbedarf besteht zudem bei sogenannten Weichholzbäumen (Pappeln, Kastanien, Weiden, Ulmen), da diese bruchanfälliger sind als andere Bäume.