Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluss des sich darauf ansammelnden oder darüber fließenden Gewässers zum Nachteil des unteren Grundstückes nicht willkürlich verändern.
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Was die Natur schafft, muss hingenommen werden

Wiederholt kommt es vor, dass durch den natürlichen Verlauf von abrinnendem Wasser auf eine andere Liegenschaft Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, die zur Geltendmachung von Ansprüchen führen. Nach § 364 Abs. 2 ABGB steht dem Nachbarn im Fall von Immissionen jedoch nur dann ein Abwehranspruch gegen Immissionen zu, wenn diese das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt wird.





Damit im Zusammenhang steht § 39 Wasserrechtsgesetz (WRG). Abs. 1 dieser Bestimmung beinhaltet ein „Willkürverbot“ gegen die Veränderung des natürlichen Ablaufs von Tagwässern. Eine Änderung des natürlichen Wasserverlaufes ist nur dann anzunehmen, wenn der Ablauf des Wassers nicht weiterhin durch das natürliche Gefälle, sondern durch künstliche Vorrichtungen herbeigeführt wird.



Der Eigentümer eines Grundstückes darf jedenfalls den natürlichen Abfluss des sich darauf ansammelnden oder darüber fließenden Gewässers zum Nachteil des unteren Grundstückes nicht willkürlich verändern.



Klar ausgesprochen bestimmt sohin § 39 WRG, dass von einem Grundeigentümer alles, was die Natur schafft, hingenommen werden muss!

Wasser auf einem Güterweg



Ein Gerichtsverfahren, das ich für eine niederösterreichische Gemeinde vor dem Landesgericht St. Pölten erfolgreich geführt habe, hat diesen Grundsatz und dieses Ergebnis wieder eindeutig bestätigt.



Zu beurteilen war im Wesentlichen die Frage, inwieweit oberflächliche Wasserabflüsse von Hangwässern, die sich auf einem Güterweg gesammelt haben und danach auf das Grundstück des Klägers geflossen sind, einen Abwehranspruch des Klägers begründen konnten. Die Gemeinde hat sich ohnedies bemüht, durch Schaffung eines Quergefälles in dem Bereich des in die Straße einmündenden Güterweges eine „Sperre“ gegen die abrinnenden Hangwässer zu schaffen. Trotzdem ist das Hangwasser über diese Sperre – vor allem bei Starkregenereignissen – hinweggeflossen und – über die angrenzende Straße – auf das Grundstück des Klägers eingedrungen.



Im Prozess war unter anderem zu klären, inwieweit die Schaffung des Quergefälles zu einer Verschlechterung der Hangwassersituation für den Kläger geführt hat. Es wurde keine Verschlechterung festgestellt, zumal es bereits vor Schaffung des Quergefälles zu vergleichbaren Wasserbeeinträchtigungen auf dem Grundstück des Klägers gekommen war. Dem Kläger ist es daher nicht gelungen zu beweisen, dass es durch die Maßnahmen der Gemeinde zu einer Verschlechterung der Hangwassersituation gekommen ist. Das Landesgericht St. Pölten hat daher die Klage abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung an das Oberlandesgericht Wien blieb erfolglos.



Unabhängig von der Rechtslage müssen daher Gemeinden bei Veränderungen eines natürlichen Wasserverlaufes besonders genau darauf achten, dass keine Verschlechterung der Abrinnverhältnisse eintritt.