Bagger auf Mülldeponie
Ein Pfandsystem auf Getränke gilt als wirksame Maßnahme gegen Müllberge.
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Was achtlos weggeworfen wird

21. August 2017
Die jährliche Flurreinigung „Sauberes Salzburg“ wurde zum Anlass genommen, Littering-Abfälle mit Unterstützung der Salzburger Abfallbeseitigung (SAB) gezielt zu analysieren. Was auf den ersten Blick nach einem bunten Abfallmix aussieht, entpuppt sich bei genauer Analyse als Problem einer Wegwerfgesellschaft: Knapp 40 Prozent aller gesammelten Flurreinigungsabfälle sind Littering.

Im Zeitraum von 1. März bis 30. Juni 2017 wurden in 50 Salzburger Gemeinden insgesamt 8.000 Kilogramm Abfälle in 1.950 Stück 60-Liter-Säcken gesammelt. Einzelne lose und sehr schwere Materialien, zum Beispiel Autoreifen, sind dabei nicht eingerechnet.



Eine repräsentative Stichprobe, nämlich 400 Säcke aus sieben Gemeinden, wurde an den Analyseort zur SAB in Siggerwiesen gebracht und dort vom Team der pulswerk GmbH sortiert und wissenschaftlich ausgewertet.

Littering oder Nicht-Littering



Die Abfälle wurden in zwölf Hauptgruppen sortiert und entsprechend ihrer vorangegangenen Nutzung als Littering oder Nicht-Littering zugeordnet:


  • typische Littering-Abfälle (sieben Hauptgruppen): 38,9 Prozent,

  • Nicht-Littering/illegale Abfallentsorgung (vier Hauptgruppen): 55,2 Prozent,

  • Nichtabfälle (eine Hauptgruppe): 5,9 Prozent.


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Typische Littering-Abfälle umfassen sämtliche Arten von Getränkeverpackungen, Take-Away-Produkte, Papier, Zigarettenstummel, sonstige Kunststoffverpackungen, Metallverpackungen sowie Lebensmittelreste. In Summe haben diese Littering-Fraktionen einen Anteil von 38,9 Prozent.



Nicht-Littering-Abfälle sind andere Kunststoffabfälle (Nichtverpackungen), diverse Metallteile, Problemstoffe und sonstige Abfälle (zum Beispiel Textilien, Teppiche, Flachglas, Regenschirme), die nicht mit kurzlebigen Konsumgütern zusammenhängen. Sie werden als illegale Abfallentsorgung eingestuft.



Nichtabfälle waren diverse pflanzliche Rückstände (Äste, Tannenzapfen, Steine), die bei der Sammelaktion von Kindern mit eingesammelt wurden.

Detailanalyse: Austrinken und wegschmeißen



Bei der Detailauswertung der reinen Littering-Abfälle entfallen 59 Prozent auf die Gruppe der Getränkeverpackungen (Kunststoff, Metall, Glas, Verbundkarton). Dahinter folgen sonstige Kunststoffverpackungen (inklusive Materialverbunde) und Papier (inklusive Papierverpackung, Altpapier, Zigarettenpackungen).



Bei den insgesamt 4.300 gesammelten Getränkeverpackungen wurde eine Auswertung nach Masse und Stückzahl durchgeführt: Die gesammelten 566 Glasflaschen haben den höchsten Gewichtsanteil.



Bei der Bewertung von Littering-Abfällen sind jedoch die Stückzahlen der Abfälle aussagekräftiger als das Gewicht, da hier die Anzahl oder Häufigkeit der weggeworfenen Getränkeverpackungen für die Sichtbarkeit und Verunstaltung der Landschaft maßgeblich ist, nicht das Gewicht.

Hauptproblem sind Dosen



Bei Betrachtung der Getränkeverpackungen nach Stückzahlen wird ersichtlich, dass 2.273 Dosen mit 53 Prozent Anteil an weggeworfenen Verpackungseinheiten am häufigsten im öffentlichen Raum weggeworfen werden, gefolgt von 1.309 Plastik-Flaschen mit 30 Prozent und 566 Glasflaschen mit 13 Prozent. Auf eine Verpackungseinheit gerechnet besitzen Glasflaschen zwar ein hohes spezifisches Gewicht, doch werden sie im Vergleich zu Dose und Plastik-Flasche viel seltener achtlos weggeworfen.

Schlussfolgerungen und Handlungsbedarf



Mit einem Littering-Anteil von knapp 40 Prozent zeigt sich ein Abfallsegment aus kurzlebigen Konsumgütern und Convenience-Verpackungen, die nach dem Gebrauch als wertlos empfunden werden, zum gedankenlosen Wegwerfen verleiten und die Folgen ausblenden. Abgesehen von den ästhetischen Verunstaltungen der Landschaft enthalten die Abfälle zum Teil erhebliche Schadstoffe für die Natur oder verhindern die Futterverwertung in der landwirtschaftlichen Nutzung.



Auch die Folgekosten der Vermüllung sind beträchtlich: Jene 5.900 freiwilligen und ehrenamtlichen Personen, die sich heuer an der Flurreinigungsaktion beteiligt haben, leisteten 36.700 Stunden Arbeit. Grob geschätzt und ohne Maschinenstunden sowie Materialien miteinzurechnen entsprach dies einer Arbeitsleistung im Ausmaß von zirka 385.000 Euro an Personalkosten, berechnet mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro und Lohnnebenkosten.



Insgesamt bedeuten die Ergebnisse der Littering-Studie, dass die Angebote und Informationen zur Abfallentsorgung in den Gemeinden weiter fortgesetzt werden. Dazu zählen attraktive Recyclinghöfe, Wiederverwertungs-Aktivitäten und die Umweltberatungen in den Gemeinden. Als wichtiger Schritt gegen die Vermüllung durch Einwegverpackungen wird das Thema Mehrweggeschirr bei Veranstaltungen in der Novelle zum Salzburger Abfallwirtschaftsgesetz gesehen.



Bei den Littering-Abfällen sind die Getränke-Einwegverpackungen offensichtlich das Hauptproblem. In Österreich werden pro Jahr rund 4,8 Milliarden Stück Getränkeverpackungen verkauft, davon sind 3,8 Milliarden Stück Einweggetränkeverpackungen. Der Mehrweganteil belief sich 2008 auf rund 31 Prozent und ist seither auf rund 20 Prozent gefallen.



Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mehrwegquote zum Großteil von der Gastronomie getragen wird. Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es neben der 0,5-Liter-Flasche Bier so gut wie keine Mehrweggebinde für Getränke.

Pfandsystem wäre eine wirksame Maßnahme



Als wirksamste Maßnahme gegen Littering von Getränkeverpackungen gilt die Einführung eines Pfandsystems. In Ländern mit Pfand wird der öffentliche Raum nicht mehr mit Getränkeverpackungen vermüllt. In Deutschland landen mittlerweile 95 Prozent der mit Pfand versehenen Getränkeverpackungen in den Rücknahmeautomaten des Einzelhandels. In Österreich, wo es kein Pfand auf Einweggetränkeverpackungen gibt, liegt die Recyclingquote (stoffliche Wiederverwertung) bei nur 70 Prozent.



Eine verpflichtende Mehrwegquote für Getränkeverpackungen wirkt am stärksten abfallvermeidend: In Deutschland wurde mit dem neuen Verpackungsgesetz ein Mehrwegziel von 70 Prozent bei Getränkeverpackungen beschlossen und dafür unter anderem die Pfandpflicht für Einwegverpackungen ausgeweitet. Eine vergleichbare Regelung wäre aus Gründen der Abfallvermeidung und Ressourcenschonung für Österreich dringend geboten.