Bürgermeister Gattringer
Klaus Gattringer: "Es war schwierig, die Vorstellungen der Opposition, die Meinung der Bevölkerung und mein eigenes Gewissen zu vereinen."

Unermüdlicher Einsatz für ein Miteinander

Klaus Gattringer ist Bürgermeister im oberösterreichischen Altenfelden, jener Gemeinde, in der in Österreich das erste Asylwerberheim in Brand gesteckt wurde. Unbeirrt kämpft er weiterhin gegen Widerstände und für ein harmonisches Miteinander aller Gemeindemitglieder.

Sie haben ursprünglich Kfz-Mechaniker gelernt und führen einen Kfz-Betrieb. Wie kamen Sie in die Politik? 



Vor zirka 13 Jahren haben wir Unternehmer in Altenfelden eine Werbegemeinschaft gegründet. Damals standen gerade Wahlen an, und ich habe mich freiwillig auf einen Rundbrief der ÖVP hin gemeldet, um im Gemeinderat mitzuarbeiten. Bereits 1945 als die ersten Wahlen stattfanden, war mein Vater schon Beisitzer, und mein Bruder war ebenfalls im Gemeinderat. Ich bin also auch familiär vorgeprägt.



2014 wurden Sie Bürgermeister. Was war der Auslöser nach zwölf Jahren Gemeinderat doch noch als Bürgermeister zu kandidieren?



Wir hatten eine Klausur und vereinbarten, dass es bei den in Frage kommenden Kandidaten kein Neinsagen gibt. Wer die meisten Stimmen haben wird, müsse den Bürgermeister geben. Ich habe eigentlich selbst nicht geglaubt, dass ich es werde.



Wie sieht der Arbeitsalltag bei Ihnen aus?



Meine Frau und ich sperren um halb acht die Werkstatt auf, dann kümmere ich mich um meine pflegebedürftige Mutter und schaue, dass ich um neun Uhr auf dem Gemeindeamt bin. Nachmittags nehme ich meist Außentermine, wie Gratulationen etc. wahr oder kümmere mich um den firmeneigenen Abschleppdienst. Die Werkstatt, die Pflege und das Bürgermeisteramt unter einen Hut zu bringen gelingt mir nur dank der tatkräftigen Unterstützung meiner außerordentlich tüchtigen Frau und meiner Mitarbeiter.



Was war die prägendste Erfahrung ihrer bisherigen Amtszeit?



Zu Beginn meiner Amtszeit war das der Kampf um eine Buslinie, die eingestellt wurde und Verschlechterungen für unsere Schulkinder brachte. Aktuell ist es natürlich die Asylfrage.



Wie gingen Sie das Thema Asylwerberunterbringung an?



Die Gemeinde besitzt ein altes Haus. In diesem befinden sich heute die Post, die Bibliothek und ein Arzt. Zwar wären auch drei bis vier potentielle Asylwerber-Wohnungen drinnen, allerdings gehört das Gebäude grundsaniert. Ich habe die Wohnungen dem Roten Kreuz und der Bezirkshauptfrau gezeigt und durchgerechnet was die Sanierung kosten würde. Daraufhin wurden die angebotenen Wohnungen abgelehnt. Schwierig war es, die Vorstellungen der Opposition, die Meinung der Bevölkerung und mein eigenes Gewissen zu vereinen. Letztendlich kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir auf einem gemeindeeigenen Grundstück neu bauen. Das hatten wir ohnehin schon einmal in Angriff genommen. Allerdings war der damalige Entwurf hallenmäßig und nicht zweigeschoßig - so, wie auch in Bad Leonfelden. Damals wurde das allerdings durch die Leute meiner eigenen Partei mit 16 zu 9 Stimmen vereitelt. Daraufhin stellte die Kirche ein Pfarrgrundstück zur Verfügung. Auch dieses Vorhaben wurde mit einer Unterschriftenliste bekämpft. Schließlich wurde auf einem weiteren Pfarrgrund, der neben einer Tischlerei und dem Altstoffsammelzentrum liegt, das Gebäude errichtet, das nunmehr in Brand gesteckt wurde.



Wurde die Bevölkerung darauf vorbereitet?



Wir hatten eine von über 400 Menschen rege besuchte Informationsveranstaltung. Am lautesten waren dabei die „Pessimisten“, wenn ich sie so nennen darf. Informiert haben der Postenkommandant von Neufelden, die Integrationsstelle des Roten Kreuzes, ein hervorragender Moderator vom Land Oberösterreich und ein neuer Gemeindearzt, der selbst drei Jahre lang im Ausland gearbeitet hat und ein ausgleichender Typ ist. Zusammen, so glaube ich, haben wir die Stimmung gedreht. Natürlich werden aus Pessimisten keine Optimisten, aber ihre Befürchtungen konnten wir entkräften.



Waren bevor das neue Holzgebäude errichtet wurde auch schon Flüchtlinge in der Gemeinde?



Nein.



Jetzt nach der Brandstiftung, welche Stimmung herrscht da in der Bevölkerung? Fühlen sich die Pessimisten bestätigt oder gibt es einen Solidaritätsumschwung?



Am Sonntag nach dem Brand hat die Sozialistische Jugend mit meiner Unterstützung am Altstoffsammelplatz eine überparteiliche Kundgebung veranstaltet mit Landesrat Reinhold Entholzer von der SPÖ, Ulrike Schwarz und Rudi Anschober von den Grünen sowie mit Landtagsabgeordneten Georg Ecker und mir als Vertreter der ÖVP.



Von der FPÖ kam keine Beteiligung?



Nein, die standen 30 Meter abseits und haben mit der Polizei diskutiert, weshalb die Feuerwehr Dienst macht, obwohl es doch eine Parteiveranstaltung wäre. Tatsächlich war es eine angemeldete Kundgebung, und die Feuerwehr ist verpflichtet, sofern die Polizei sie anfordert, auch anwesend zu sein. Die SJ hat zwar Ordner gestellt, allerdings haben diese auf den Straßenverkehr keinen Einfluss zu nehmen.



Der Brandanschlag ging durch die Medien und es fällt auf, dass sie in der Berichterstattung als „Der Mann mit dem Hut“ dargestellt werden. Was hat es damit auf sich? Haben sie immer einen Hut auf?



Entweder Hut oder Kappe, auch wenn ich kein Niki Lauda bin. Als der Brand war, hab ich den Alarm nicht sofort gehört, weil ich das Gerät im Bürgermeisterbüro liegen gelassen hatte. Und als ich geholt wurde, und erfuhr was geschehen ist, bin ich sofort aufgebrochen und habe mich in Folge dessen in dieser Nacht erkältet. Daraufhin hab ich Antibiotika genommen und gegen meine Zugempfindlichkeit einen Hut aufgesetzt. Die Medienvertreter kamen just in diesen Tagen und schon bin ich auf allen Fotos mit Hut zu sehen.

Der Mensch hinter dem Bürgermeister



Was ist für sie zuhause?



Zuhause ist dort wo ich mich wohl fühle, wo ich geliebt werde, und wo mich die Leute mögen. Richtig zuhause bin ich in meinem eigenen Haus mit meiner Frau, meinen drei Töchtern und meiner Mutter.



Was ist für Sie Gemeinde?



Das Land und die Menschen aber auch die Institutionen wie etwa Schule oder Kindergarten.



Haben Sie ein Lebensmotto?



Wir haben alle nur ein Leben und eine Welt. Das sollten wir gemeinsam genießen und dabei nicht vergessen, dass wir auf dieser Welt nur Gäste sind. Dementsprechend sollten wir uns auch verhalten.



Wovor haben Sie Angst?



Angst und Geld habe ich mein Leben lang nicht besessen.



Wie würden Sie sich selbst beschreiben?



zielstrebig und gutmütig